Meine beiden Kajan hüteten sich, über unser Vorzeichen ein Wort
zu sagen, und rauchten mit ernsten Gesichtern ebenfalls ihre Zigaretten.
Darauf setzten wir unsere Fahrt schnell fort. Wir machten weder
in Lulu Njiwung noch in anderen kleinen Niederlassungen Halt, sondern
fuhren direkt bis Batu Sala, um mit dessen Bewohnern die Bekanntschaft
zu erneuern und B a r t h den Häuptlingen vorzustellen.
Leider befand sich der Häuptling P a r e n mit seiner Frau in Long
Tepai und wir wurden nur von seinem Bruder B a n g in der Galerie
empfangen. Zwischen ihm und K w i n g I r a n g auf dem Boden sitzend,
den Rücken an die schiefe Aussenwand gelehnt, begann ich über
alles, was sie seit meiner Abwesenheit erlebt hatten und über die
Ernteaussichten zu sprechen. Die Gegenwart des Kontrolleurs, der an
der anderen Seite K w in g s sass, schien den ängstlichen B a n g .einzuschüchtern,
ich benützte daher einen günstigen Augenblick, um die
beiden einander vorzustellen und sprach dann über gleichgültige Dinge
weiter. Als sich nach einiger Zeit auch der Kontrolleur an der interessanten
Unterhaltung beteiligte, hielt es K w in g I r a n g für angebracht,
mich zu seinem Schwiegervater Bo Djo zu führen, der Häuptling
eines kleinen, bei den Long-Glat lebenden Stammes ist. Ich hatte den
alten Mann bereits im Jahre .1897 behandelt; jetzt hatte er wiederum
meine Hilfe nötig, da er an Bronchitis und Malaria litt. Er äusserte
seine Freude über mein Kommen, erkundigte sich nach seiner Tochter
U n i a n g A n j a und deren Söhnchen H ä n g und wollte wissen, warum
sie nicht mitgekommen waren. Ich wagte ihm nicht zu sagen, dass
seine Tochter unserer Kampfhähne wegen nicht hatte mitreisen dürfen.
K w i n g I r a n g , den Kranke unangenehm berührten, entfernte sich und
ich betrachtete nun mit Müsse meine Umgebung, nachdem ich dem
alten Manne versprochen hatte, ihn am folgenden Morgen ärztlich zu
behandeln. In dieser von alters her wohlhabenden Niederlassung befanden
sich viele schöne, alte Gegenstände und ich begann sogleich
die hohe, mit Perlen verzierte Mütze von Bo Djos Tochter, die dem
Hause Vorstand, zu rühmen; auch erkundigte ich mich, wer ihr den
hübschen Rock gestickt hatte. Mein Interesse fand grossen Beifall und
so liess man mich auch noch andere schöne Dinge sehen. A uf einige
Gegenstände machte ich, um vorläufige Unterhandlungen einzuleiten,
ein Angebot. Bei meiner Rückkehr ins grosse Haus begegnete ich
verschiedenen Bekannten von früher und begab mich daher in guter
Stimmung nach unserer Galerie vor der Häuptlingswohnung, wo man
alles für eine Mahlzeit und die Nacht vorbereitet hatte und B a r t h
noch immer in eine Unterhaltung mit B a n g vertieft sass.
Am folgenden Tage gab es für mich noch so viel Arbeit im Dorfe,
dass ich froh war, als uns ein heftiger Regen des Morgens an der
Weiterreise verhinderte; ich hatte nun Zeit, mich mit den zahlreichen
Kropf- Fieber- und Lueskranken zu beschäftigen und ihnen Arzneien
auszuteilen, die ich in grösserer Menge mitgenommen hatte. Als der
Regen nach dem Essen aufhörte, brachen wir, mit dem Versprechen
wiederzukommen, zum. Mörase auf. Die Bevölkerung hatte nun Zeit,
über ihre erste Begegnung mit dem gefürchteten Regierungsbeamten
nachzudenken und sich über seine Anwesenheit zu beruhigen. Wegen
des hohen Wasserstandes und der Schwere unserer Böte erreichten
wir erst nach vierstündiger Fahrt Napo Liu, die Niederlassung der
Ma-Suling, in der Bo L i gestorben war. Auf K w in g s Rat landeten
wir nicht bei des Häuptlings Hause, da L e d ju L i s Familie noch Halbtrauer
trug, sondern bei T e m e n g g u n g I t jo t , der uns schon erwartet
zu haben schien. Wenigstens empfingen uns einige hübsch gekleidete
Malaien vor der Haustreppe, die zu seinem Badehäuschen führte; sie
begrüssten uns und forderten uns auf, ihnen nach I t jo t s Galerie zu
folgen, wo wir eine grosse Gesellschaft Bakumpai, Malaien vom Barito,
antrafen. Ich kannte die meisten von meinem vorigen Besuch her, es
waren aber noch neue Buschproduktensucher vom Bölatung, die bei
den Ma-Suling Reis einkaufen wollten, hinzugekommen. Die Gesichter,
die uns umringten, waren nichts weniger als sympathisch, aber wir
mussten sie ertragen, da der Häuptling uns als Fremde in seiner
Wohnung nicht aufnehmen durfte. Neben I t jo t s Wohnung befand sich
eine andere, deren Bewohner augenblicklich auf dem Reisfelde „lebten;
in diese hielten wir nun unseren Einzug-,
Während unseres Besuches bei L e d ju erzählte er uns, dass die neu-
angekommenen Malaien einen Gong als Bussgeld hatten geben müssen,
weil sie die Niederlassung vor Ablauf der Trauerzeit betreten hatten.
Eigentlich waren auch wir zu einer Busse verpflichtet, aber K w in g
I r a n g erklärte E r o , der Wittwe von Bo Li, dass wir keine Fremden
seien, da wir mit den Kajan zusammenwohnten; so kamen wir mit
einem Packen Perlen davon. Die ganze Familie ging noch in Trauer;
die Frauen trugen im Hause eine hellbraune tä-cl, die nur bis an die
Kniee reichte; die jungen Söhne waren nur mit einem hellbraunen
Lendentuch bekleidet.