Häuser begaben sich morgens sehr früh aufs Reisfeld und kehrten
erst abends wieder zurück. Wir hatten somit wenig Gelegenheit, die
Bevölkerung kennen zu lernen und Ethnographica einzukaufen.
Besonders unangenehm war mir der Umstand, dass mich viele
Kranke um Arzneien baten und man mich zu bewegen suchte, noch
so lange zu bleiben, bis man mir auch die Kranken von den Reisfeldern
ins Haus gebracht habe. Denn meine Arzneien waren grösstenteils verbraucht
und mit dem Rest musste ich sehr sparsam umgehen. Es blieb
mir daher nichts übrig, als den Leuten zu versprechen, ihnen am Blu-u,
der nicht weit entfernt war, Arzneien austeilen zu wollen. Viele von ihnen
machten denn auch wirklich nach Ablauf der drückendsten Feldarbeit
von meiner Aufforderung Gebrauch.
Den i6 ten T a g nach unserer Abreise setzten wir unsere Fahrt bei
fallendem Wasser fort und erreichten wohlbehalten unsere Niederlassung
am Blu-u. Alles sah dort so aus,, wie wir es verlassen hatten.
Unsere' Kisten mit kostbaren Tauschartikeln, die der Häuptling in
seiner Wohnung unter dem Schutz seiner Frauen aufbewahrt hatte,
brachten wir in unser Haus zurück und sassen dann abends wieder
sehr befriedigt unter unserem festen, ruhigen Dache.
Unser stilles Leben dauerte nicht lange, denn K w in g I r a n g äusserte
den Wunsch, uns nun auch baldmöglichst in den verschiedenen Pnihing-
niederlassungen einzuführen. E r hielt es nämlich für wünschenswert,
dass der Kontrolleur auch diesen Stamm näher kennen lernte, auch
wollte er nicht, dass sich die Pnihing durch unser Fortbleiben zurückgesetzt
fühlten. Für später hatte K w in g allerhand grosse Pläne, die
ihn ans Haus fesselten, daher wollte er den Besuch so schnell als
möglich ins Werk setzen. Unsere Europäer und die Pflanzensucher
sollten sich an der Reise beteiligen, D o r i s und die Seinen dagegen
sollten zu Hause bleiben, da unser unstätes Leben für ein Sammeln
auf zoologischem Gebiete nicht geeignet war, wie wir während unseres
Zuges nach dem Mfirase erfahren hatten. Wir hatten nun ein Boot
weniger nötig, was den Kajan durchaus nicht gefiel, da die jungen Leute,
die nicht mit nach dem Mörase gezogen waren, gehofft hatten, nun auf
der Reise zu den. Pnihing auf angenehme Weise viel Geld zu verdienen.
Als wir uns mit unserem Gepäck am io. Dez. in 4 Böte verteilen
wollten, stellte-sich heraus, dass sich zu viele reiselustige Kajan eingefunden
hatten. Der Häuptling hatte sie augenscheinlich zum Zurückbleiben
nicht überreden können oder wollen, und. so musste ich
bei unserer Abreise, als alles bereits gepackt war, noch selbst drei
Männer zwingen, ihre Tragkörbe, Speere und Schilde aus den Böten
zu holen, die für so viele Leute nicht genügend Platz boten. K w i n g
gab zu unserer Freude den Wunsch zu erkennen, dass der Kontrolleur
die Fahrt in seinem Bote machen sollte und, da auch der
Wasserstand sehr tief war, zogen wir alle wohlgemut flussaufwärts.
Für den Häuptling bildete diese Fahrt eine wahre Vergnügungsreise,
denn seit meinem vorigen Besuch hatte er die Tochter eines Häuptlings
in Long ’Kup geheiratet, die er wegen seiner kleinen provisorischen
Wohnung, in der sich bereits seine beiden anderen Frauen
befanden, nicht bei sich aufnehmen konnte. Seine älteste Frau H i ä n g
gestattete ihm nur selten, zu den Pnihing zu fahren, und so ■ bot ihm
unsere Reise einen erwünschten Ausweg. Wir konnten nun nicht umhin,
in Long ’Kup zu übernachten und zwar in der Galerie von K w in g s
Schwiegervater.
Die Häuptlingsfrauen zeigten sich für die schönen Perlen und Stoffe,
die ich ihnen mitgebracht hatte, sehr empfänglich; die Männer dagegen
hatten auch hier ihre eigenen Anschauungen über Geschenke und
wollten keine hübschen Sachen, wohl aber Arzneien von mir annehmen.
Wir waren so früh angekommen, dass ich noch Zeit gehabt hätte,
mit vielen Bekanntschaft zu machen und Verschiedenes einzukaufen.
Leider blieb die Galerie leer, trotzdem ich früher bereits mehrmals
hier gewesen wa r; man schien sich vor uns also doch noch zu fürchten.
K w i n g I r a n g konnte'sich von seiner jungen Frau nicht trennen
und unsere Kajan hatten sich zu ihren Bekannten begeben. Da keiner
von uns Pnihingisch sprach, war eine Unterhaltung mit den Hausbewohnern
unmöglich, und ich beschloss daher, mit dem alterpröbten
Mittel, der Austeilung von Geschenken, eine Verständigung zwischen
uns anzubahnen.
Mit vieler Mühe suchte ich zwei kleine Mädchen, die uns aus der
Ferne verlegen anstarrten, dazu zu bewegen, sich uns zu nähern und
aus einer Dose einen bunten Fingerring hervorzuholen. Durch die
blitzenden Kleinodien angelockt zögen sie einander halb ängstlich,
halb lachend an den Röcken vorwärts. Zögernd streckte jede ihr Aerm-
chen aus, ergriff einen Ring und eilte nach Hause, um ihren Schatz
zu zeigen. Bald darauf geriet die ganze Frauenwelt in Bewegung und
stellte sich mit ihren Kindern in dichter Reihe um mich herum. Eine
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