140 Durchbohrungen der Ohren.
Mit der Durchbohrung der Ohrläppchen, wird daher, wie im K a pitel
IV berichtet worden ist, schon gleich nach der Geburt des Kindes
begonnen. Die Zinnringe (isang tqmka), welche das Kind anfangs ausschliesslich
trägt, werden später häufig durch dicke Kupferringe (hisang
tembaga) ersetzt, deren Zahl so weit vermehrt wird, als, ohne Schmerzen
und Entzündung zu verursachen, möglich ist. Um die Dehnbarkeit
der Ohren zu erhöhen, wird bei Kindern ausserdem öfters innen an
der Oberseite der Oeffnung ein Einschnitt gemacht.
Die Eltern achten sorfältig darauf, dass bei diesen Operationen keine
Entzündungen entstehen, da die dünnen Ohrläppchen sonst Gefahr
laufen, durchgescheuert zu werden, was bei' sehr kleinen Kindern bisweilen
auch yorkommt. Die Ringe erreichen oft ein so hohes Gewicht,
dass die Kleinen sie bei jeder lebhaften Bewegung mit der Hand
stützen müssen. Durchgerissene Ohrläppchen werden als ernsthafter
Schönheitsfehler aufgefasst. Obwohl die Kajan es in der Chirurgie
nicht weit gebracht haben, verstehen es einige ihrer Männer doch,
die beiden zerrissenen Enden wieder aneinanderwachsen zu lassen; sie
erzeugen mit ihrem gewöhnlichen Messer an jedem der Enden eine
wunde Oberfläche, legen sie übereinander, wickeln einen weichen Blattstreifen
herum und befestigen das Ganze mit einem Faden. Ich sah verschiedene
auf diese Weise geheilte Ohren, die vom aesthetischen Standpunkt
zwar viel zu wünschen übrig liessen, deren 6— 8 mm übereinander
gelegte Enden jedoch wieder kleine Ringe zu tragen vermochten.
Wenn die Ohrläppchen durch Verwundung, oder Hautkrankheit
öfters entzündet werden, entstehen Verdickungen des Bindegewebes
(Keloide), welche die Schönheit sehr beeinträchtigen. Ein übrigens hübsches
Mädchen sah ich einst ihre derart verunzierten Ohren ängstlich
verbergen.
Während die Frauen sich mit diesen Umformungen begnügen, lassen
sich die Männer in späterem Alter ausserdem noch oben in der
Ohrmuschel eine Oeffnung von der Grösse eines Pfennigstückes und
häufig auch noch eine zweite über dem Hinterende des ausgereckten
Ohrläppchens, anbringen. In diesen Oeffnungen dürfen alte, tapfere
Männer die Eckzähne [ipgn) des seltenen borneoschen Panthers (pule)
tragen; häufig begnügt man sich auch mit geschliffenen oder ungeschliffenen
Bärenzähnen. Diese Zähne werden oft, wahrscheinlich um
ein Verlieren zu verhindern, mit einer um Hinterhaupt und Hals geschlungenen
Perlenschnur verbunden.