Der schuldige Teil hat die Busse an die Familie des beleidigten
Teils zu entrichten; weigert er sich, der Strafe nachzukommen, so ist
die öffentliche Meinung stark genug, um seine Halzstarrigkeit zu brechen.
Ist er durchaus nicht im Stande, die Busse aufzubringen, so helfen
ihm die Verwandten und Bekannten.
Wenn sich nach dem Tode von Mann oder Frau der überlebende
Teil wieder verheiraten will, muss er nach dem Gebot der adat mindestens
1V2 Jahre warten; eine Uebertretung erfordert Busse.
Daher hatte A k a m I g a u , als ihm die Trauerzeit nach dem Tode seiner
ersten Frau zu lang vorgekommen war und er sich vor Ablauf derselben
mit T ip o n g , der Schwester seines Schwiegersohnes S i g a u , verheiratet
hatte, seinen Kindern eine bedeutende Entschädigung auszubezahlen.
Die Busse wurde teilweise von den verschiedenen Familien
in Tandjong Karang aufgebracht. Im Ganzen waren zur Sühnung
der Schuld zwanzig Gonge erforderlich gewesen; ausserdem empfing
jedes Kind eine kostbare alte Perle und ein Stück schwarzen Kattuns.
Dieses sollten die Kinder, wie man mir erklärte, abends als Binde
vor den Augen gebrauchen, bildlich, um die Schuld des eigenen Vaters
nicht zu sehen.
In der Ehe herrscht Gütertrennung. Vater und Mutter sorgen gemeinschaftlich
für den Unterhalt der Kinder. Sind diese einmal erwachsen,
so bleiben sie zwar im Elternhause wohnen, bebauen aber
mit Hilfe von Freunden und Freundinnen ihre eigenen Reisfelder. Sie
leben von dem Ertrag des Ackerbaus und von den Nebenverdiensten,
die sie sich als Kunsthandwerker, Schmiede, Tätowierkünstler, Priester
u. s. w. erwerben. Müssen einige Artikel, wie Salz, Tabak und Kattun, in
grösseren Mengen von Händlern an Ort und Stelle gekauft oder von
der Küste herbeigeschafft werden, so wird die erforderliche Kaufsumme
von allen Familiengliedern gemeinsam zusammengebracht; von dem
Vorrat gebraucht jeder nach Bedürfnis. In allen derartigen Angelegenheiten
hat der Vater die Hauptstimme.
Kommen Eheleute überein, dass sie sich auf gutwillige Weise
trennen wollen, so behält bei der Scheidung jeder Teil sein Heiratsgut.
Widersetzt sich dagegen der eine Teil einer Scheidung, so muss ihm
der andere als Entschädigung sein Heiratsgut überlassen. Die Kinder
dürfen selbst entscheiden, mit welche Partei sie es halten wollen; die
kleinen folgen gewöhnlich der Mutter, meist stehen sie aber mit beiden
Eltern auf gutem Fuss.
So lange die Kinder im Elternhause leben, haben sie auf nichts
anderes als die Geschenke, die sie ab und zu erhalten, und ihren
eigenen Verdienst Anspruch. Auch nach dem Tode der Eltern wird,
wenn die Kinder noch beisammen bleiben, das Erbe ' nicht ögeteilt. Gehen
sie auseinander, so erben Söhne und Töchter gleich viel. Speziell bei
den Mendalam Kajan erben die Töchter mehr als die Söhne, mit der
Begründung, dass diese . leichter ihren Unterhalt verdienen können.
Die Familienerbstücke (dawän und) fallen gewöhnlich dem ältesten
Kinde zu; die übrigen Kinder werden durch andere Wertgegenstände
schadlos gehalten.
Mann und Frau erben nicht von einander. Im Falle dass keine
Kinder da sind, geht der Besitz des verstorbenen Teils an dessen
Familie zurück.
Ein Todesfall in der - Familie veranlasst so viel Arbeit, dass die
Angehörigen kaum Zeit haben, sich der Trauer hinzugeben.
Wenn der Tod infolge von Krankheit eintrat, siedelt die Seele des
Verstorbenen nach dem Kajanhimmel, A p u Kesio, über und jeder
beeilt sich, ihr alles für die Reise Erforderliche zu beschaffen. Die
Vorbereitungen für das Begräbnis gewöhnlicher Kajan dauern zwei
bis drei Tage, für Häuptlinge bis zu acht Tagen.
Die Leiche wird zuerst gewaschen, dann mit Blumen eingerieben
und mit schönen Kleidern geschmückt.
Die Totenkleidung besteht aus weissem Kattun und wird mit schwarzen
Arabesken und Menschen- und Tiergestalten verziert. Als Kopfbedeckung
erhält der Tote eine altmodische Baumbastmütze. Den Schmuck,
den die Kajan im Jenseits tragen wollen, wählen sie sich schon bei
Lebzeiten aus; er ist in bezug auf Material und Arbeit von der besten
Qualität. (Näheres über Totenkleidung siehe Kap. VII).
Zur Besänftigung der bösen Geister, die sich der Leiche des Verstorbenen
bemächtigen könnten, versehen die Hinterbliebenen diese
in liebevoller Sorog falt mit Perlen. Nur die Reich, en ogeben dem Toten
a lte Perlen mit, die Unbemittelteren begnügen sich mit neueren. Die
Perlen haben, je nach dem Körperteil auf dem sie angebracht werden,
verschiedene Namen:
k ä li mäta, 2 x 4 an ungedrehte Pflanzenfasern gereihte Perlen,
werden auf jedes Auge gelegt.
k a li p ro , eine Perle, die in die Kehle gesteckt wird.
kcili djqlä, eine i Perle, die auf die Zunge gelegt wird.