Beim Kenjastamm der Uma-Tow darf nur dann tätowiert werden,
wenn sieh gleichzeitig auch die Tochter eines vornehmen Häuptlings
behandeln lässt. Ist diese aber, etwa infolge eines Trauerfalls, verhindert,
sich der Operation zu unterwerfen, so dürfen sich die Mädchen
des ganzen Stammes nicht tätowieren lassen.
Die Ulu-Ajar Dajak benützen zum Tätowieren ein Instrument, das
aus einer io cm langen und i cm breiten Kupferplatte besteht, die
vorn rechtwinklig gebogen in einen scharfen Zahn endigt. Der Zahn
wird in die nicht gespannte Haut getrieben, indem man mit einem
kleinen Holzstück leicht auf die Kupferplatte klopft.
Die Bahau- und Könjafrauen tätowieren mit einem rechteckig gebogenen
Holzstück (ulang brUng), in welches 2 bis 3 kupferne Nadeln
mittelst Guttapercha befestigt sind (Siehe Tafel: Pfeilköcher, Giftbrett
u. s. w. Fig. u). Sowohl dieser Nadelhalter als auch der mit Baumwolle
umwundene hölzerne Klopfer [tukul ulang, Fig. v) sind oft mit schönen
Schnitzereien verziert. Die Künstlerin verfährt folgendermassen:
Nachdem sie die Tätowiermuster mit dem gebräuchlichen Färbemittel,
einem Gemenge von Wasser und Russ des weissen Damaraharzes, auf
die Haut gedrückt hat, taucht sie die Nadeln in ein Gefäss (bungan
lgdä&, Fig. t) mit derselben Flüssigkeit und treibt mit diesen Nadeln die
Kohlenteilchen unter die Haut, indem sie mit dem Klopfer auf den
Nadelhalter schlägt. Dieser ruht, um besser regiert werden zu können, mit
dem Stiel auf einem Kissen. Die Operation veranlasst anfangs eine
unbedeutende Blutung, nur da, wo dickere Linien ein wiederholtes Eindringen
der Nadeln erfordern, mischen sich einige Blutstropfen mit dem
überschüssigen Färbemittel und werden von einer Gehilfin entfernt.
Die Patientin sitzt oder liegt während der Operation am Boden,
die Künstlerin und deren Assistentin nehmen einander gegenüber, zu
beiden Seiten des zu bearbeitenden Teiles, Platz und halten mit den
Zehen die Haut gespannt (Siehe nebenst. TafeljJf
Werden empfindliche Körperteile tätowiert, so krümmen sich die
Mädchen vor Schmerz und weinen; oft haben sie auch später noch
viel durch eine hinzugetretene Entzündung zu leiden. Eine vollständige
Schenkeltätowierung kann am Mendalam in drei Tagen beendet werden
; der zweite Schenkel wird erst,; nachdem der erste geheilt ist, vorgenommen.
Die Gliedmassen werden in folgender Reihenfolge tätowiert
: Hand, Fuss, Unterarm und Schenkel. Der ganze Prozess dauert
unter Umständen zwei Jahre.
Obgleich die Kajan viel geschickter und mit geringerem Blutverlust
als die Ulu-Ajar Dajak tätowieren, tritt an den operierten Stellen doch
stets eine kleinere oder grössere Schwellung auf; häufig auch eine
ernsthafte Entzündung. Verschwindet diese bald, so erhält man später
dunkle, scharfe Linien, tritt dagegen eine Ulzeration mit starker Narbenbildung
auf, so verliert die Zeichnung viel' an Deutlichkeit und
verschwindet sogar, wenn ein Keloid entsteht, vollständig, denn das
Keloid verdeckt die Figur und die Ulzeration verursacht ein Ausstos-
sen der Kohlenteilchen, Nachdem die Entzündung und eventuell die
Ulzeration geschwunden sind, werden die dunklen Linien der Figuren
durch das junge Narbengewebe verdeckt und erscheinen dadurch blass,
ausserdem tritt dieses aus der Umgebung reliefartig hervor. Nach dem
Einschrumpfen des Narbengewebes werden die Farben wieder gut sichtbar.
Dank dem sorgfältigen Verfahren der Kajan bemerkt man auch
auf stark tätowierten Schenkeln und Armen nur wenig Narbengewebe.
Haben die Figuren dennoch zu stark durch die Entzündung gelitten, 0 0 1
so lassen manche sie durch die Künstlerin überarbeiten.
An die reiche Tätowierung der Frauen knüpft sich der Glaube, rLcS
man einst nach ihrem Tode ihre Knochen an der Imprägnierung mit
schwarzen Kohlenteilchen wird unterscheiden können. Am Mahakam,
ursprünglich wohl auch am Mendalam, herrscht nämlich zum Teil
noch die Sitte, dass die Knochen der Verstorbenen nach einigen Jahren
von ihren Angehörigen gesammelt und in einer Urne in Grabhöhlen
niedergelegt werden.
Die Tätowierungen sind nicht nur für die verschiedenen Stämme,
sondern auch für die verschiedenen Stände innerhalb eines Stammes
charakteristisch. Uebrigens ist die Sitte des Tätowierens, wie jede andere
Mode, der Veränderung unterworfen und zwar hauptsächlich deswegen,
weil auch bei den Bahau die Niederen mit den Höheren zu
wetteifern streben und die Tätowierung der Häuptlinge erst von den
Freien und dann von den Sklaven nachgeahmt wird. Derartige Nachahmungen
finden auch unter den Stämmen statt; so haben die früher
mächtigen Long-Glat ihre Tätowiermethode bei den anderen Mahakam-
stämmen eingeführt. In den 30—4.0 letzten Jahren ist sowohl am Kapuas
als am Mahakam bei den niederen Ständen die alte Art der Tätowierung
durch die neue verdrängt worden.
In früheren Jahren trugen am Mendalam, wie A k a m I g a u sich noch
erinnerte, nur die Häuptlingsfrauen Schenkelverzierungen; bei den ge