2 0 Sammeln von Buschprodukten.
Ein Teil der kleineren malaiischen und chinesischen Händler hatte
jetzt gerade schwere Zeiten zu bestehen, da einige andere, reiche,
von weit unten heraufgekommene Konkurrenten sich besonders des
Handels mit Buschprodukten zu bemächtigen suchten.
Eine wichtige Rolle bei dieser Art von Handel spielt das Vorschusswesen
| ein Malaie oder Dajak, der in den Urwald zieht, um Buschprodukte
zu suchen, erhält von einem anderen Malaien oder Chinesen
auf Kredit eine Ausrüstung an Kleidern, Werkzeugen und besonders
an Reis unter der Bedingung, dass er später mit dem, was die E x pedition
an Rotang, Guttapercha und Kautschuk liefern wird, das
Geliehene reichlich zurückbezahlt. Sind die Buschproduktensucher einmal
fort, so ist eine Ueberwachung ihrer Arbeit oder eine Bestimmung
des Termins ihrer Rückkehr fast unmöglich, da sie wochenlang in
unbewohntem Lande die Flüsse hinauffahren und man sie in den Bergen
des Urwaldes schwer erreichen kann.
Meistens sind es Malaien, die sich ganz dem Sammeln von Buschprodukten
widmen; ihr angeborener Hang zum Nomadenleben und
die eingebildete Freiheit, die sie im Urwalde gemessen, treibt viele
dazu, ihre Dörfer am unteren und mittleren Kapuas für Jahre zu verlassen;
ihnen schliessen sich auch manche, von bösem Gewissen geplagte
Leute an, um dem Gefängnis zu entgehen.
In Gegenden, die reich an Rotang und Guttapercha sind, trifft man
daher eine sehr zweifelhafte Gesellschaft malaiischer Abenteurer a n ;
sie wissen sich jedoch auch das Leben im Urwalde gemütlich zu machen.
So bildete 1896 der Oberlauf des Krehau, des linken Quellflusses
des Kapuas, das Zentrum des Buschverkehres ; man baute dort,
in nächster Nähe der Buschprodukte, Wohnungen. Händler brachten
die nötigen Waren, die wegen des schwierigen Transportes sehr teuer
wurden; aber die Möglichkeit, die man dort genoss, der Leidenschaft
für Kartenspiel und Hahnengefechte ungestraft fröhnen zu können,
wog manche Nachteile auf. Aus Mangel an Frauen vergriffen sich die
Malaien an denjenigen der in der Nachbarschaft schwärmenden Punan-
und Bukatstämme; das kostete ab und zu allerdings einen K o p f— aber
was riskiert man nicht alles der goldenen Freiheit wegen!
Unternehmendere Malaien dingen bisweilen für einige Monate zu
einem bestimmten Lohn Kajan- oder Taman-Männer und ziehen mit
ihnen in den Wald. Wird eifrig gesammelt, so bildet das Buschproduktesuchen
eine lohnende Beschäftigung, der am Kapuas viele
Handelsverhältnisse.
einen gewissen Wohlstand zu danken haben. Die Malaien sind aber
im Busch wie zu Hause einer regelmässigen Arbeit abgeneigt.
Haben sie eine so grosse Menge Guttapercha und Rotang beisammen,
dass sie von ihrem Ertrag einige Zeit leben und gemessen können,
so tritt ihre Sucht zum Faulenzen und ihre Leidenschaft für
Würfelspiel und Frauen so sehr in den Vordergrund, dass die Arbeit
im Stich gelassen wird, bis die Not sie wieder zu ihr treibt. Unter diesen
Umständen regt auch der Gedanke an die fernen Gläubiger nicht zur
Arbeit an. A u f viele wirken diese Verhältnisse geradezu lähmend; denn
sie machen stets neue Schulden, deren Tilgung immer schwieriger wird.
Begreiflicher Weise ist unter derartigen Verhältnissen das Ausleihen
auf Kredit für die Händler mit grossem Risiko verbunden und bietet
nur denjenigen Vorteil, die im Stande sind, mit auf den Arbeitsplatz
zu ziehen und ihre Schuldner zu beaufsichtigen. In dieser Beziehung
sind die kleinen Händler den grossen gegenüber im Vorteil.
Geld spielt bei diesen Handelskontrakten selten eine Rolle. Sowohl
Malaien als Dajak lassen sich ihre Produkte mit Kattun, javanischem
Tabak, Salz und allerhand Nahrungsmitteln bezahlen. Auch die Dajak
kaufen gern auf Schulden und bezahlen diese bei der folgenden Reisernte.
Von einer Zinszahlung in unserem Sinne ist hier keine Rede;
aber die Händler entschädigen sich, indem sie die Quantität des zu’
empfangenden Reises erhöhen. Auch hierin bringen geregeltere Zustände
Veränderungen hervor; so erzählte mir der Kajanhäuptling
A k am Ig a u , der in seinem Leben viele Handelszüge unternommen
hatte, dass er seine ersparten Dollars in Bunut nach malaiischer Weise
gegen 3°/0 monatlichen Zinses unterzubringen beabsichtige. ■
ln auffallendem Gegensatz hierzu werden europäische Industrieprodukte,
die aus den Fabriken direkt nach Singapore und von dort
durch Chinesen nach Putus Sibau eingeführt werden, zu kaum höheren
Preisen als in Europa verkauft. Wir wunderten uns nicht wenig,
hier für fl 1.3 7 europäische Regenschirme kaufen zu können, die wegen
ihres dünnen Ueberzuges zwar besser gegen Sonne als gegen Regen
schützten, im übrigen aber hübsch gearbeitet waren. Einfache Schmucksachen,
wie vergoldete Armbänder, waren zu Bazarpreisen käuflich
und nette Glasdöschen mit einem Dutzend Fingerringe mit bunten
Steinen zu fl. 1 lieferten den traurigen Beweis, dass in Europa viel
Arbeit gegen geringe Belohnung geleistet werden muss.
Da die Bedürfnisse und das Kaufvermögen der Dajak sehr gering