Was das Hotel in Pontianak betraf, so hatte es seit meinem letzten
Aufenthalt ebenfalls den Wechsel alles Irdischen erfahren, zum Glück
aber nicht dabei verloren. Der frühere Besitzer, der, obwohl etwas
braun, doch bei jedermann unter dem echt holländischen Namen P i e t
bekannt war, hatte sich mehr für seinen vorteilhaften Handel in Orang-
Utanen und Oichideen als für den Gang seines Hotels interessiert, so
dass dieses, nach dem Urteil von Kennern indischer Gasthäuser, unter
seinem Interesse und Wirken auf zoologischem und botanischem Gebiet
etwas zu leiden hatte.
Ob ihm nun seine vermittelnde Rolle zwischen europäischen Wissenschaftlern
und Liebhabern und den Dajak des Inneren auf die
Dauer nicht mehr gefiel, oder ob ein Wink des Residenten, der durch
Erteilung einer Regierungsunterstützung auf die Führung des Gasthauses
Einfluss hatte, das Seine dazu beigetragen, konnte ich aus der
Ortschronik nicht sicher feststellen; so viel aber war gewiss, dass
P i e t jetzt am jenseitigen Flussufer in einer neu errichteten Oelfabrik
tätig war und dass wir bei dem neuen Wirt auf reinerem Tisch und
besser speisten, als es früher der Fall gewesen.
Oer Einfluss der sich immer mehr ausbreitenden europäischen Industrie,
der auch Pontianak aus dem Schlaf zu wecken drohte, hatte
leider noch nicht zu eingreifenden ¡und sehr notwendigen Verbesserungen
seines Hotelgebäudes geführt. Das auf Pfählen in einer Schlammgrube
errichtete Holzgebäude schien nämlich mit einem grossen Teil
der Ortschaft im Einsinken begriffen zu sein. Bei dieser ständigen
Abwärtsbewegung hatte der vor den Häusern dem Ufer entlang laufende
Griessweg immer den Vorsprung; denn, nach dem was die Leute
erzählten, musste er jedes Jahr mindestens um einen halben Meter erhöht
werden, damit er nicht mehrere Male im Jahre unter den braunen Wassern
des Kapuas verschwinde und ein Jagdgebiet der Krokodile werde,
denen bereits etliche Menschen und Hunde zum Opfer gefallen waren.
Um meinen Aufenthalt nach Möglichkeit abzukürzen, hatte ich schon
von Batavia aus an den Residenten von Pontianak die Bitte gerichtet,,
grössere Mengen gesalzener Eier, gedörrter Fische, Tabak u. dergl.
für mich einkaufen zu lassen. Zu meiner angenehmen Ueberraschung
hatte der Resident auch bereits das Salz, welches wir für den Selbstgebrauch
vor allem aber als kostbaren Tauschartikel für die Bahau
in grossen Mengen nötig hatten, luftdicht in verlötete Blechkisten zu
je 20 kg Gewicht verpacken lassen.
Wir nahmen 40 dieser Kisten mit und gebrauchten deren 30 am
Mahakam.
An anderen notwendigen Artikeln entdeckte ich auf dem chinesischen
Markt nicht viel Brauchbares; nur selten fand ich eine Partie Glasperlen,
Tücher oder schwarzen Kattuns in der erforderlichen Verpäk-
kung. Die erleichterte Dampferverbindung mit den höher am Kapuas
gelegenen Ortschaften hatte auch hier zur Folge gehabt, dass die
Zwischenhändler verschwanden und die kleinen Händler von oben ihre
Bestellungen direkt nach Singapore richteten.
Weit besser bediente man uns mit kadjang (Palmblattmatten) und
allem, was mein Küchenjunge Midan, um mir in einer Gegend ohne
toko (Läden) und p a sa r (Markt) eine gute Mahlzeit bereiten zu können,
für nötig hielt. Da er .hierin am meisten Sachkenntnis besass,
konnte ich ihm die Küchensorgen getrost überlassen.
Der Resident hatte uns, gleich nach meiner Ankunft, -seine Jacht
„Karimata” - zur Verfügung gestellt, so dass wir schon am 24. Mai
nach Putus Sibau, unserem nächsten Halteplatz, Weiterreisen konnten.
Dank der Zuvorkommenheit des Residenten durften wir die mitzunehmenden
Leute unter den . bewaffneten eingeborenen Schutzmannschaften
selbst wählen; wir suchten diejenigen zu gewinnen, welche
bereits bei der topographischen Aufnahme des Kapuasgebietes und
bei den militärischen und wissenschaftlichen Expeditionen der letzten
10 Jahre als Geleite gedient hatten und an das Leben in der Wildnis,
fern von ihrer Familie und der vertrauten Umgebung, gewöhnt waren.
Zur Anwerbung dieser Soldaten begab sich B a r t h später von Sintang
nach seinem früheren Wohnplatz am Melawie, Nanga Pinoh, und
holte uns nachher am oberen Kapuas wieder ein.
Ich nahm also von Pontianak Abschied und zwar mit dem stillen
Wunsch, dass mich die Westküste vor der Hand nicht Wiedersehen
sollte. Auf dem Flusse zeigte: sich die gleiche Aussicht, wie einige
Tage zuvor, nur wurden die Ufer eintöniger, weil die Nipa nur so
weit wächst, als das Brackwasser reicht, also etwas über Pontianak
hinaus.
Die breiten stillen Ströme bieten nur wenig Abwechslung; das Dampfschiff
vertreibt Krokodile und Affen, die sich sonst zu zeigen pflegen,
und der Waldrand ist zu weit entfernt, als dass man seine Schönheit
wirklich geniessen könnte. Jetzt war er nur als schmaler Saum längs
der Wasserfläche bemerkbar; auf der vorigen Reise, hatte ich aber