wie auch seine Kameraden, bereits in Ja v a 75 fl. Vorschuss von seinem
Lohn erhalten hatte. Sein Betragen, das in seiner javanischen Umgebung
nicht viel Anstoss erregte, war jedoch in unserer künftigen Lage,
mitten unter den eingeborenen Stämmen, viel zu gefährlich, als dass
ich die übrigen Männer nicht auf den Ernst eines solchen Vergehens
hätte aufmerksam machen müssen. Bereits seit langem wusste ich,
dass eine grösser Teil der Morde und Unglücksfälle von Malaien
unter den Dajak hauptsächlich daher kam, dass die malaiischen
Männer darauf ausgingen, die dajakischen Frauen zu verführen. Obgleich
es nämlich bei den Bahau, nach längerem Aufenthalt in ihrer
Mitte, wohl gestattet ist, mit einem der jungen Mädchen, die in ihrem
Tun und Lassen fast gänzlich unabhängig sind, ein Verhältnis anzuknüpfen,
geschieht es doch häufig, dass die Malaien, mit Hilfe von
Geschenken und anderen Mitteln, mit der ersten besten Frau, die sich
hierfür empfänglich zeigt, einen intimen Verkehr anzubahnen versuchen.
Da aber die eheliche Treue bei diesen Stämmen sehr streng gehalten
wird laden sich die Malaien durch ihr leichtsinniges o Betragoen
die Rache des beleidigten Gatten auf den Hals. Ich suchte daher,
wenn wir irgendwo bei den Bahau längere Zeit bleiben mussten, um
ihr Vertrauen zu gewinnen, alles daranzusetzen, um ein derartiges
Betragen zu verhindern. So hatte ich von Anfang an getrachtet, etwas
ältere Männer für unseren Zug anzuwerben und habe auch später
durch leichtsinniges Betragen meiner Leute nicht viel Unannehmlichkeiten
gehabt.
Nach meiner Abreise von Tandjong Karang nahmen die Kajan
noch öfters jede Gelegenheit wahr, um uns in Putus Sibau zu besuchen,
teils aus persönlicher Anhänglichkeit, teils um noch einiges vorteilhaft
zu verkaufen, teils um noch allerhand Neues und Schönes von
unserer Ausrüstung zu sehen.
Selten vergingen einige Tage, ohne dass ich Besuch bekam, und
jetzt waren es nicht nur, wie in früherer Zeit, erwachsene Männer
und einzelne Frauen, die sich aus dem Mendalamgebiet herauswagten,
sondern es kamen auch viele Knaben und Mädchen und sahen sich
zum ersten Mal in ihrem Leben Putus Sibau mit seinen vielen Malaien,
Chinesen und seinem Markt an. Auch viele 18— 20 jährige Frauen
erklärten, noch nie' hier gewesen su sein« zum Uebernachten konnten
sie sich aber nicht entschliessen, sie sorgten vielmehr alle, vor Einbruch
der Nacht aus dieser fremden Umgebung wieder fortzukommen.
Besonders meine Freundin U s u n , die älteste und oberste Priesterin
von Tandjong Karang, benützte jede Gelegenheit, um nach Putus
Sibau zu kommen, und es zeigte sich, dass aufrichtiges Interesse sie
dazu trieb. Bereits bei meinen Besuchen 1894 und 1896 hatte sie mir
allerhand, nach ihren Begriffen schöne Geschenke gemacht, auch war
sie die einzige Frau ihres Stammes gewesen, die es gewagt hatte,
sich photographieren zu lassen. Auch jetzt wieder gab sie uns einen
starken Beweis ihres Vertrauens, indem sie einmal mit einer Gesellschaft
vom Mendalam ankam,"mehrere Tage allein bei uns blieb und
erst mit einer zweiten Gesellschaft nach Hause zurückkehrte. U s u n
äusserte oft ihre Besorgnis aller Gefahren wegen, die uns auf den
weiten Reisen bedrohten, besonders beunruhigte sie mein Plan, in das
ferne Gebiet des Apu Kajan, das Stammland ihrer Vorfahren, einzudringen,
ein Land, das in ihrer priesterlichen Wissenschaft einen mythischen
Charakter angenommen hatte und von dem sie wusste, dass
es von den so gefürchteten Kfenjastämmen bewohnt wurde.
Wenige Tage vor unserer Abreise kam U s u n mit einigen Männern
und Frauen von Tandjong Karang zu uns herunter und bat um die
Erlaubnis) bis zu unserer Abfahrt bei uns bleiben zu dürfen. Zugleich
gab sie zu verstehen, dass sie, da es nun doch zum Scheiden kam,
beschlossen hatte, ihren kostbarsten, oder besser gesagt, ihren heiligsten
Besitz zwischen ihrem Enkel und mir zu teilen, damit diese geweihten
Gegenstände mich vor allen Gefahren, denen ich entgegen ging, beschützten.
Sie übergab mir ein sehr altes Schwert, das, nach der
Aussage meiner 70 jährigen Freundin, bereits in ihrer Jugend sehr
alt o-ewesen war, ferner Kieselsteine von aussergewöhnlicher Form in
einem kleinen Säckchen und ein steinernes Fläschchen mit etwas
Kokosnussöl. In diesen ernsten Abschiedstagen wurde U s u n gestattet,
ihre Schlafmatte in der kleinen Kammer auszubreiten, in welcher der
Kontrolleur B a r t h auf einer Seite und ich auf der anderen unsere
Moskitonetze aufgehängt hatten. Beim Erwachen am anderen Morgen
sah ich, dass U s u n bereits alle ihre Vorbereitungen getroffen hatte:
an der Stelle, wo sie geschlafen hatte, lagen auf einer kleinen Matte
neben einander die für mich bestimmten Schätze,- ausserdem das Geldstück
und die Perlen, die ich ihr als usut gegeben hatte, d. h. damit
diese Dinge in gleicher Weise in ihre Hände übergehen könnten, wie
ihre Talismane in die meinen und der Geist, der in letzteren steckte,
nicht erzürnt würde. Darauf sprach sie, vor der Matte hockend, die