an einem anderen Ort gezeigt werden soll, dient in der Ornamentik
der Bahau das Auge, da es am strengsten bewahrt wird, als bestes
Kennzeichen für ein Kopfmotiv; daher ist es ratsam, das Auge bei
der Zergliederung der Motive als Ausgangspunkt zu wählen. Die
Schulterrosette a lässt sich somit der Reihe nach von den stilisierten
Hundeköpfen e, bei dem noch Kiefer und Zähne vorhanden sind, und
von d, mit den zahnlosen Kiefern, ableiten. Fig. b stellt eine Vereinfachung
von Fig. c -dar. In b sind die Kieferpaare noch angedeutet,
aber das Auge tritt bereits in den Vordergrund und wird in a zu einem
selbständigen Motiv.
Die Tätowiermuster Fig. o und p wurden für mich von einem Schnitzkünstler
in Tandjong Karang geschnitten, um mich einige hübsche
Stücke eigener Erfindung sehen zu lassen. Ihrer- Grösse wegen sind
sie mehr für eine Brust- als für eine Ärmverzierung geeignet, obwohl
Armfiguren gelegentlich auch auf der Brust, auf dem Pectoralis major,
angebracht werden.
Für die Schenkeltätowierung der Männer fand ich am Mendalam
nur ein einziges Motiv, nämlich das eines Hundes mit schlangenartigem
Körper (Fig. f), bei dem die Beinpaare andeuten, dass es sich um ein
vierfüssiges Tier und nicht um eine Naga oder eine Schlange, wie man
beim ersten Blick denken könnte, handelt. Das Hundemotiv ist bemerkenswerter
Weise überhaupt das einzige, mit dem sich die Männer
der Mendalam Kajan und der Bahau im allgemeinen tätowieren.
Die Tätowierung der Frauen ist bei den Mendalamstämmen weit
höher entwickelt als die der Männer.
Vor 30 bis 40 Jahren bestand die Tätowierung der Frauen, wie
oben bereits gesagt ist, in einer einfachen Seeentätowierung (tydäk
danau), bei der das Unterbein von der halben Kniescheibe bis zur
Fusswurzel einförmig dunkelblau tätowiert wurde. Die blaue Fläche
wurde durch 4 Längs- und 2 Querlinien in 12 Vierecke zerlegt. Diese
Linien, die 6 mm breit waren, wurden durch nicht tätowierte Stellen
gebildet und zeigten daher die natürliche Hautfarbe. Von den Linien
liefen zwei seitlich, parallel dem Schienbein und zwei zu beiden Seiten
der Waden, in ungefähr gleichen Abständen von einander. Die
beiden Horizontallinien verteilten diese Flächen je in drei gleichhohe
Vierecke. A u f die gleiche Weise wurden die Unterarme vom Ellbogen
bis zum Puls verziert.
Ob diese Tätowiermethode damals auch bei den Häuptlingsfrauen
gebräuchlich war, konnte ich nicht feststellen, ich halte es aber für
wahrscheinlich, da sie damals überall, auch bei den Mahakamstämmen,
verbreitet war.
Seit geraumer Zeit ist aber bei den Frauen der Häuptlinge eine
andere Art der Tätowierung im Schwange, bei der Unterarme, Handrücken,
Schenkel und Fussrücken mit sehr komplizierten und schön
ausgearbeiteten Figuren verziert werden. Die übrigen Frauen ahmten
diese Methode nach, so dass das «¿-Muster allmählich verschwunden
ist und augenblicklich alle Frauen, von der Häuptlingstochter bis
zur niedersten Sklavin, nach der neuen Mode tätowiert sind. Die T ä towierungen
der angesehenen Frauen unterscheiden sich von denen
der gewöhnlichen Frauen zwar nicht durch die Zeichenmotive, aber
durch die Art der Bearbeitung und durch die Anzahl der Grenzlinien,
welche diese Motive trennen und zugleich zu ihrer Zusammenstellung
dienen. Je grösser nämlich die Zahl dieser Grenzlinien, desto höher
ist der Rang ihrer Besitzerin. So gehört die auf T a fe l: Tätowierung B.
abgebildete Schenkeltätowierung, der als Hauptmotiv ein Menschenkopf
(kohong kelunän) zu Grunde liegt, einer p an jin (Freien), weil die Köpfe
nur von 4 Grenzlinien (g) umgeben sind; dagegen ist die Schenkeltätowierung
auf T a fe l: Tätowierung C., die einer Häuptlingsfrau, weil das Kopfmotiv
6 Grenzlinien (g) besitzt. Das Gleiche gilt für die Zahl der Linien in
dem Motiv „pusung” der Armtätowierungen (Tafel: Tätowierung D.
Fig. a und b). Sklavinnen dürfen diese Figuren nur mit drei Linien
begrenzen. Ausserdem sind die Muster bei den Wohlhabenderen besser
ausgearbeitet, weil sie geschicktere Tätowierkünstlerinnen und schönere
klinge tydäk bezahlen können.
Die Schenkeltätowierung der Frauen wird mit zweierlei klinge, tedak
zusammengesetzt, erstens mit einem viereckigen, einen Menschenkopf
darstellenden Muster, das man für die obere Reihe, die Vorderseite
und die Hinterseite unten verwendet, indem man sie neben einander
auf die Haut abdrückt (Siehe Tafel: Tätowierung B.). Das zweite, für
die Hinterseite bestimmte Motiv, ketong p a t genannt, ist mit einem
anderen klin ge, das vier verschlungene Linien darstellt, ausgeführt.
Alles übrige tätowiert die Tätowierkünstlerin aus freier Hand, ohne
vorher etwas auf die Haut zu zeichnen. A uf diese Weise wird auch
das ganze schöne Kniestück tätowiert.
Als Beispiel für eine Schenkeltätowierung einer angesehenen Frau
möge die von T ipong Ig au , der ältesten Tochter A k am Ig au s , dienen,