Ulzerationen bewirkten. Auch oberflächliche Ulzera der Haut kommen
vor, z. B. an den Mammae. Zu den verbreitetsten Gummata gehören
die der obersten Extremitäten, welche osteo-periostal, intramuskulär
und in der Haut selbst Vorkommen. Während die periostalen Entzündungen
fusiforme Geschwülste veranlassen, zeigen die Ulzera der
Haut den typischen kraterförmigen Bau der ulzerierenden Gummata
mit grauem Boden und der gleichen Neigung zu halbmondförmiger
Ausbreitung wie bei der europäischen Lues. Durch ihren Uebergang
auf Muskeln und Bänder verursachen diese Ulzera im Lauf der Jahre
oft tiefgreifende Zerstörungen, die nach spontaner oder durch Behandlung
bewirkter Genesung, je nach ihrer Stellung, durch Schrumpfen
und Zerstören der Bänder Kontrakturen der Gliedmassen und durch
Verkürzung der Muskeln Kontrakturen der Hände und Finger nach
sich ziehen.
An den unteren Extremitäten lokalisierten sich weitaus die meisten
Affektionen am Unterschenkel und zwar an der Tibia, welche öfters
durch aktuelle oder bereits überstandene Periostitis bewirkte Verbildungen
aufweist. Durch Fehlen geeigneter Behandlung dauert dieser
Prozess oft Jahre und geht dann auf Haut, Zellgewebe und Muskeln
über und bildet, falls Genesung eintritt, eine Gewebemasse, in der
das sübkutane Zellgewebe und die Haut durch Narbengewebe ersetzt
sind und die Muskeln, gleichwie an den Armen, atrophiert und verkürzt
sind, so dass der Fuss einen verkehrten Stand einnimmt und
die Zehen nach oben und rückwärts gezogen werden.
Luetische Orchitis habe ich niemals gesehen; vielleicht begaben sich
die betreffenden Kranken aus Schamgefühl nicht in meine Behandlung.
Selten ist es mir geglückt, viszerale luetische Leiden mit Sicherheit
zu diagnostizieren. Syphilitische Degeneration der Leber, wobei diese
vergrössert, resistent, höckerig und empfindlich wird, beobachtete ich
mehrmals. Nervenleiden, die auf Syphilis zurückzuführen waren, be-
gegnete ich nie, ebensowenig Tabetikern.
Von den gewöhnlichen tertiären Hautausschlägen kamen mir nur
wenige Formen unter die Augen. In einem einzigen Falle von Rupia
syphilitica, in welchem Jodkalium wirkungslos blieb, hatte innerlicher
Gebrauch von Quecksilberpräparaten baldige Genesung zur Folge.
Die hereditäre Syphilis äussert sich bei Säuglingen in etwas anderer
Form. Diese leiden meist an Condylomen in und am Munde und am
Anus, luetischer Rhinitis, Otorrhoe und später an Missbildungen der
Zähne. Letztere zeigen nicht selten die HüTCHiNSONsche Form und
bieten der Caries, die sich in den Vertiefungen ihrer Oberfläche festsetzt,
einen besonders günstigen Angriffspunkt; daher bröckeln bereits bei
sehr kleinen Kindern die Schneidezähne ab. Die Condylomen um den
Mund veranlassen durch. Verwahrlosung häufig so tiefe Ulzerationen,
dass viele das ganze Leben hindurch davon Narben behalten. Entstehen
derartige Leiden einige Monate nach der Geburt des Kindes, so
ziehen sie, wie auch gleichartige Knochenentzündungen, das Allgemeinbefinden
des Kindes nicht ernstlich in Mitleidenschaft. Die kleinen
Patienten scheinen auch nur wenig oder gar keinen Schmerz zu empfinden
und, da kein Fieber eintritt, bleiben Esslust und Schlaf erhalten.
Auch bei den Kindern der Bahau ist der supra-epiphysäre Knorpel
an den langen Knochen häufig der Sitz des syphilitischen Prozesses;
der der Handknochen erinnert dann an eine Spina ventosa, der der
Extremitäten an eine Gelenkentzündung. Die trotz starker Schwellung ~
oft ungehinderte Beweglichkeit der Gelenke bringt einen jedoch bald
auf die richtige Spur.
Während Ulcus molle, wie erwähnt, bei den Bahau nicht vorkommt,
ist Gonorrhoe stark verbreitet. Unter den verhängnisvollen Folgen
dieser Krankheit leidet besonders die Bevölkerung am oberen Kapuas,
und zwar weniger die Männer als die Frauen, die häufig über nach
der Heirat aufgetretene Leucorrhoe und Metroraghia mit schmerzhaften
Menses klagten. Auch beobachtete ich heftige Conjunctivitides,
welche sich hierauf zurückführen Hessen.
Am oberen Mahakam ist Gonorrhoe minder allgemein verbreitet,
auch fand ich bei den Männern keine ernsteren Komplikationen.
Von einer Malariainfektion unabhängige Intestinalleiden ernster Art
treten bei den Bahau selten auf. Obgleich ihre Nahrungsmittel, besonders
von Kindern, in oft schwer verdaulicher Form genossen werden,
sah ich doch selten Fälle von chronischen Bauchleiden. Die wichtigsten
vegetabilischen Nahrungsmittel, Reis und Bataten, werden gar gekocht
verzehrt; Kinder essen sie jedoch auch roh ; auch haben sie noch
häufiger als die Erwachsenen die Gewohnheit, alle Fruchtkerne, die kleiner
als Pflaumenkerne sind, mit hinunter zu schlucken. Stellen sich schlechte
Folgen ein, so übt ein Eccoproctikum oft eine sehr gute Wirkung
aus. Derartige Mittel sind auch in der Zeit von Reismangel sehr heilsam,
wo neben allerlei Surrogaten, wie Blättern, bei den Mahakam