ander begaben sich erst Männer, dann Frauen, dann Leibeigene und
zuletzt die dajung von der Galerie des Hauses auf die kleine Plattform
des dangei, auf der eine Priesterin mit einem alten Schwerte
stand. Die betreffende Person, mit der die mglä. vorgenommen wurde,
stellte einen Fuss auf einen alten Gong und die Priesterin bestrich
ihren Arm von oben nach unten mit dem Schwerte. Je älter und
vornehmer die Person war, desto länger wurde sie gestrichen. Alle
hatten sich für diese Gelegenheit besonders schön gekleidet I die däjung
trugen ihre hübschen Brusttücher umgeschlungen. Als die mqlä mit
ihnen selbst vorgenommen wurde, setzten sie sich eine Kriegsmütze
aufs Haupt, die vorn mit dem Kopfe des Rhinozerosvogels und hinten
mit dessen Schwanzfedern geschmückt war. Den Priesterinnen wurden
hauptsächlich Handflächen und Fusssohlen gestrichen. Zuletzt nahm auch
die diensttuende dajung auf dem Gong Platz und liess sich von einer
anderen streichen.
Am Morgen des 4. Juni erklangen vom dangei herab wiederum
die Töne des igkok, unter denen eine dajung den Geistern ungefähr
3/i Stunden lang erzählte, wer die Kajan eigentlich seien, von wem die
Häuptlingsfamilie abstamme, was der Stamm in dem betreffenden
Augenblick vornehme und was er sich wünsche. Auch mit der Züch-
tigung der Batang-Lupar, der Erzfeinde der Kajan, wurden die Geister
beauftragt. Die ganze Erzählung wurde in Reimform in singendem
Tone vorgetragen, wobei das Reimwort länge Zeit die gleiche Endsilbe
behielt. An den folgenden Festtagen wiederholte die Priesterin morgens
und abends das tekok.
Unterdessen herrschte auf der Galerie reges Leben; die jungen
Mädchen stampften Klebreis und fanden während des Entspelzens und
Beutelns der Reiskörner immer noch Zeit, auf die in der Nähe zuschauenden
Jünglinge Geschosse aus Mehl und Wasser abzufeüern.
Natürlich wurden diese Angriffe seitens der jungen Männer mit fröhlichen
Racheakten beantwortet. Einige sehr ausgelassene junge Mädchen
hatten sogar ein kleines Boot auf die Galefie heraufgetragen,
um es als Wasserfass zu benützen, und machten den Vorübergehenden,
besonders uns bekleideten Europäern, den Weg sehr unsicher.
Das Mehl wurde in der. Galerie vor der Häuptlingswohnung auf
einen Haufen geschüttet und ein Teil desselben von Knaben mittelst
breiter Pandanusblätter in dreieckige Päckchen gebunden und ebenfalls
in Dreieckform auf dem Boden aufgestapelt. Nachdem der Vorrat
für genügend erachtet worden war, traten die Priesterinnen nach ihrer
Altersfolge aus der Häuptlingswohnung auf die Galerie, fassten einander
bei der Hand und bildeten einen Kreis um den Mehlhaufen.
Usun stand dabei vor den Mehlpäckchen, über welche hin sie wiederum
eine m%l& vornahm: die Glieder der Häuptlingsfamilie reichten ihr der
Reihe nach über dem Haufen Mehlpäckchen hin die Hand, die sie
mit ihrem alten Schwerte berührte. Dann kamen die Leibeigenen und
kleinen Kinder, voran die beiden Enkel des Häuptlings, wiederum
von jungen Mädchen getragen, an die Reihe. Schliesslich traten auch
die Mütter der übrigen Familien mit ihren Kleinen heran; diejenigen,
deren Kinder bereits zu gross waren, um getragen zu werden, brachten
deren alte Tragbretter in die Nähe des Mehlhaufens, um dessen segensreichen
Einfluss aufzufangen. Auch die Priesterinnen selbst Hessen zum
Schluss die melä mit sich vornehmen. Alle Anwesenden bekamen
einige Mehlpäckchen mit näch Hause, der Rest wurde unter der
Häuptlingsfamilie, und den däjung verteilt.
Bei dieser Gelegenheit wurden auch die im Laufe des Jahres geborenen
Kinder zum ersten Mal öffentlich gezeigt; sie wurden, wie
die Häuptlingskinder, von jungen Mädchen auf dem Rücken getragen.
Abends gaben die Mütter den Kleinen zu Ehren ein F'amilienmahl.
Der Vormittag des 5. Juni verlief nach dem. t%kok des Morgens
sehr still. Erst gegen 2 Uhr mittags ertönte der Gong der Priesterinnen,
als Zeichen, dass wieder etwas Besonderes vor sich gehen
sollte; ich eilte daher aus. meiner Hütte in die Wohnung des Häuptlings,
wo die däjung mit dem Verfertigen ihrer pgm äli beschäftigt
waren, was stundenlang dauerte.
Nachdem die grösste Hitze vorüber war, wurde den grösseren
Kindern ein Fest gegeben; die kleinen, ungefähr 6 Jahre alten Mädchen
trugen jetzt zum ersten Mal einen kleinen, leeren, mit kazvit versehenen
Reiskorb (ingari)\ sie zeigten sich hie und da auf der Galerie,
schienen aber beim Eintritt in die neue Lebens- und Arbeitsperiode
recht verlegen zu sein.
Abends gfingf es in der Galerie besonders feierlich o o zu: Priester und
Laien fassten sich an der Hand und schritten langsam um eine
Bambusmatte, auf der wiederum die priesterliche Kriegsmütze (haung
lä li) und ein Stück Zeug lagen, herum. Die alte Usun marschierte mit
unbedecktem Oberkörper, aber schönem Röckchen, voran, die anderen
Priesterinnen folgten mit bedeckter Brust, ausser den beiden jüngsten,