Die Bahau besitzen ein gut entwickeltes Gehör; an ihre mit primitiven
Mitteln hergestellten Musikinstrumente, wie Flöte und kfydi,
machen sie, was Reinheit des Tones anlangt, grosse Ansprüche. Ihre
Lieder erscheinen auch einem europäischen Ohr melodisch. Ihre Gonge
tönen uns zu laut, aber auch bei diesen bestimmt hauptsächlich die
Reinheit des Tones den Wert des Instruments.
Ob der Geruchssinn bei den Bahau feiner ausgebildet ist als bei
den Europäern, wage ich weder aus der Tatsache, dass sie für unangenehme
Gerüche, wie die von Leichen und Unrat, sehr empfindlich
sind, noch daraus, dass sie bei unbekannten Waldfrüchten nach dem
Geruch bestimmen, ob sie giftig oder nicht giftig sind, zu entscheiden;
denn die erste Eigenschaft steht mit ihrer allgemeinen psychischen
Ueberempfindlichkeit in Zusammenhang und die zweite beruht wahrscheinlich
hauptsächlich auf Erfahrung und Uebung.
Die wohlriechenden Gräser, Blätter und Blüten, mit denen sich
junge Männer und Mädchen für einander schmücken, duften nach
unserem Geschmack nicht immer angenehm; die jungen Leute müssen
eben mit den Erzeugnissen ihrer Umgebung vorlieb nehmen. Die Bahau
schätzen aber auch europäische Parfümerieen, die bei ihnen in schlechtester
Qualität von den Malaien eingeführt werden. Dass auch die Nasen
der Bahau für die verschiedenen Sorten unserer Parfümerieen ein
scharfes Unterscheidungsvermögen besitzen, erfuhr ich einst am Menda-
lam, als ich P a j a , A k a m I g a u s Tochter, eine Flasche Eau de Cologne
N°. 47 i i schenkte. Ihr'e Freundin, die sich gleich darauf ebenfalls
eine Flasche erbat, suchte ich mit etwas gewöhnlicher Wasch-Eau de
Cologne abzufertigen; nachdem die beiden aber zu Hause gemeinsam
den Inhalt ihrer Flaschen geprüft und verglichen hatten, kam die
Freundin gleich wieder zurück und erklärte, dass ihre Eau de Cologne
schlechter sei als die von P a j a .
Die Bahau sind sehr sensible Naturen und daher Gemütsbewegungen
aller Art sehr zugänglich. Auch bei freudigen Erregungen steigen
ihnen Tränen in die Augen; einst sah ich eine Frau sogar beim
Anhören eines Grammophons weinen.
Schmerzen können sie nur sehr schwer ertragen, daher haben sie
auch mit jedem Leidenden, besonders wenn er zur Familie gehört,
grosses Mitleid. Sobald ein Kind oder ein Erwachsener auch nur
scheinbar ernstlich krank ist, nehmen alle Angehörigen an seinen
Leiden so lebhaften Anteil, dass sie ihre Arbeit auf dem Felde und
im Hause ruhen lassen und bei dem Kranken bleiben, auch wenn sie
nicht helfen können. Dies geschieht recht häufig, da die Bahau auch
bei unbedeutenden Leiden gleich nachgeben. Man muss daher im
Verkehr mit den Eingeborenen vor allem ihrer grossen Sensibilität
Rechnung tragen.
Wie leicht sie aus Ueberempfindlichkeit und heftiger Gemütsbewegung
bisweilen den Kopf verlieren können, mögen folgende Beispiele
zeigen. Als sich K w in g Ir a n g einst mit einem junge Manne, namens
A r ä n , im Walde befand, wurde er durch ein herabfallendes Stück
Holz getroffen und begann ernstlich zu bluten. Obgleich die beiden
sich dicht beim Hause in einem wohlbekannten Walde befanden, verirrte
sich A r ä n , der Hilfe suchen ging, doch zwei Mal und verlor
dazu seinen Speer. Der Unfall, an dem er durchaus nicht Schuld war,
ging ihm so nahe, dass man ihn später nur mit Mühe dazu bringen
konnte, ins Haus zurückzukehren. Er beruhigte sich erst am folgenden
Tage, nachdem er sich gut ausgeschlafen hatte.
Nachdem B a n g L a w i n g , der jetzige Häuptling der Mahakam Kajan,
die Leiche seiner Mutter in Batu Baung beigesetzt hatte, trennte er
sich von der Gesellschaft und lief stundenlang durch den pfadlosen
Wald nach Hause, statt mit den anderen den Fluss hinabzufahren.
Später konnte er nicht angeben, wie er nach Hause gelangt war.
Empfinden die Bahau Scham,- so erröten sie oft bis tief auf die
Brust. Auch kann man sie vor ihrer Umgebung leicht in Verlegenheit
(hae) bringen. Ich benützte diese Eigenschaft bei Mann und Frau
öfters, um sie zum Halten ihres Versprechens und zur Pflichterfüllung
zu bringen. A uf diesem feinen Empfinden, das sich in der Furcht vor
der öffentlichen Meinung äussert, ist auch die adat der Bahau hauptsächlich
begründet.
Sie besitzen einen ruhig heiteren und wenig zu heftigen Aeusserungen
geneigten Charakter; sie lieben den Scherz und die Fröhlichkeit und singen
und tanzen daher gern miteinander; auch ältere Männer nehmen an
den Kriegstänzen Teil und an Festtagen sieht man auch alte Frauen mit
den jungen tanzen und singen. Zwar beängstigt sie der Glaube an die
Existenz zahlreicher, sehr böser Geister, er drückt sie aber nicht nieder.
Man hört sie auch zu Hause häufiger lachen als weinen. Da sie
selbst nie heftig werden, flösst ihnen die Heftigkeit anderer Angst ein.
Die Bewohner Borneos zeigen in bezug auf ihre Konstitution einige
Eigentümlichkeiten, die sich aus der Wirkung ihres Klimas auf viele