Ankunft in Putus Sibau.
gewundert, jetzt war von diesen wenig mehr übrig; das Ufer war
überall 'gleichmässig von derselben Strauchvegetation- von io— 15 m
Höhe bedeckt.
Dank dem hohen Wasserstande, konnten wir unsere Fahrt über
Untiefen und versunkene Baumstämme ungehindert fortsetzen, bei den
letzten Strahlen der untergehenden Sonne Putus Sibau erreichen und
bei der mir wohlbekannten kubu (Blockhaus) auf dem Floss anlegen.
Diese kubu, deren es am oberen Kapuas zahlreiche giebt, sind viereckige,
ungefähr 2 m über dem Boden errichtete und rund herum
mit Palisaden umgebene Gebäude, die etwa 10— 20 mit Beaumontgewehren
bewaffneten Eingeborenen als Wohnhaus dienen. Unter
Aufsicht des Kontrolleurs stehend haben diese Soldaten für die Aufrechterhaltung
der Ruhe zu sorgen, zugleich müssen sie dem Beamten
auf seinen Reisen, die hier stets zu Wasser ausgeführt werden, als
Ruderer dienen.
Putus Sibau liegt am Kapuas vor der Mündung seines rechten
Nebenflusses Sibau und ist der höchste Punkt, den Dampfer bei hohem
Wasserstande noch erreichen können. Weiter oberhalb engen grosse
Geröllbänke das Flussbett in Trockenzeiten stark ein und verursachen
in Regenzeiten wiederum so heftige Stromschnellen, dass auch kleine
Dampfbarkassen nur in den günstigsten Fällen weiter hinauffahren
können. Lange bevor man in Putus Sibau an eine Dampferverbindung
dachte, hatten die Malaien die grosse Bedeutung dieses Ortes bereits
begriffen und hier ihre letzte Niederlassung im Binnenlande gebaut.
Bis vor kurzem waren sie hier Alleinherrscher • ihren Hauptunterhalt
bildete der Handel mit den wichtigsten der benachbarten Dajak Stämme:
den Kajan-, Taman-, Kantu- und Sibau-Dajak; einen Nebenerwerb
bildete das Sammeln von Buschprodukten.
Als nach Einsetzung der niederländischen Verwaltung den ständigen
Fehden der Stämme untereinander und besonders den Einfällen der
Batang-Lupar aus Sörawak ein Ende gemacht wurde, wagten sich
sehr bald auch die Chinesen bis Putus Sibau hinauf. In langen Ruderböten
fuhren sie in 3— 4 Tagen den Kapuas von Bunut aufwärts,
um ihre Waren vom Markt in Bunut hier an den Mann zu bringen. Die
niederländische Regierung verweigerte ihnen aber das Niederlassungsrecht,
das sie sich wohl auch nicht sonderlich wünschten, da der Kontrolleur
weit ab, in Sömitau, wohnte und die Malaien ihre Konkurrenten, durch
deren Gegenwart ihrem Monopol auf den betrügerischen Handel mit
Verhältnisse in Putus Sibau.
den Dajak ein Ende gemacht wurde, mit scheelen Augen ansahen.
Das Wohnen in Böten bietet den Chinesen ausserdem den grossen
Vorteil, dass sie sich bei drohender Gefahr schnell aus dem Staube
machen können, was in dieser Gegend, wie es sich in den letzten
Jahren erwiesen, oft sehr wünschenswert war.
Wenige Jahre vor unserer ersten Expedition 1894 waren, auf das
Gerücht eines grossen Einfalls der Dajak aus Sörawak hin, alle Händler
aus Putus Sibau nach Bunut geflüchtet; die Bevölkerung selbst lebte
seit dem grossen Plünderungszug der Batang-Lupar am oberen Ma-
hakam 1885 in ständiger Angst.
Bei meiner Ankunft jedoch waren alle schreckenerweckenden Gerüchte
längst vergessen und seit meinem ersten Besuch in Putus Sibau
hatten viele Veränderungen stattgefunden. Der Resident hatte es nach
der ersten wissenschaftlichen Expedition für ratsam gehalten, den malaiischen
Distriktsaufseher von Putus Sibau durch einen Kontrolleur,
den Herrn - W e s t e n e n k , z u ersetzen und dieser hatte dafür gesorgt]
dass das Aeussere des malaiischen Dorfes, das, wie überall am Kapuas]
aus einer Reihe niedriger Häuser am Flussufer bestand, wesentlich
verbessert worden-war; ausserdem hatte er den chinesischen Händlern
das Niederlassungsrecht gewährt.
A uf dem rechten Ufer, das hoch gelegen war, und nicht, wie das
steile linke, bei jedem Hochwasser ein Stück Boden durch Absturz
verlor, waren eine Reihe chinesischer Häuser im Bau begriffen ■ -sie
schlossen sich dicht an einander und waren durch eine lange -Galerie
unter ihrem gemeinsamen Dache verbunden.
Hier war also der Grund zu einem neuen festen Handelsplätze mit
ansässiger Bevölkerung gelegt, für die umliegenden Gebiete ein Ereignis
von grösster Bedeutung, da die Aufsicht eines europäischen Beamten
den allzueifrigen Bemühungen der Händler, sich auf Kosten der harmlosen
Eingeborenen zu bereichern,- eine Grenze setzte. Eine weitere
wichtige Folge der Gewährung des Niederlassungsrechtes war, dass
die chinesischen Handelsdampfer jetzt nicht mehr rin Bunut' Halt
machten, sondern direkt bis Putus Sibau hinauffuhren, wodurch die
Preise der eingeführten Waren sanken und die der Buschprodukte
stiegen.
So konnte auch ich meine Einkäufe jetzt ebensogut in Putus Sibau
als in Bunut machen, was mir, besonders später beim Zuge an den
Mahakam, sehr zu statten kam.