Man hätte eine derartige Angst durch angemessene o o o Belohnunog überwinden
können, wenn die Bahau nicht überzeugt gewesen wären, dass
ihre Seele (bruwa) vor Schreck den Körper’ verlassen könnte, was
Krankheit und Tod zur Folge gehabt hätte.
Noch eine andere Eigenschaft der Bahauseele schreckte die Leute
von der Photographie a b : die Seele konnte nämlich Bild und Original
verwechseln und ersterem, somit auch uns, folgen, was natürlich grenzenloses
Elend veranlasst hätte; denn nicht nur, dass der Körper
dadurch erkrankt wäre, sondern ich hätte dadurch auch auf weite
Entfernunog auf die abogebildete Person Einfluss ausüben können.
Einige Male hörte ich auch einige alte Männer erklären, dass sie
sich nicht photographieren lassen wollten, weil ihre Bilder später in
ein Buch aufgenommen und von jedem besehen werden würden. Von
der Aufnahme in ein Buch hatten, sie natürlich durch unsere Malaien
gehört, die sich übrigens auch selbst nur zögernd und ängstlich zu
einer Aufnahme hergaben.
Anfangs gaben sich die Menschen von dem allem nicht Rechenschaft.
Als wir daher zum ersten Mal im Jahre 1896 am Mahakam
zur Zeit des Saatfestes eintrafen, waren uns die Kajan bei der Aufnahme
der interessanten Maskentänze, die zum Glück im Freien stattfanden,
noch selbst behilflich. Nachdem alle Zweifel einmal entstanden
waren, dauerte es aber vier Monate, bevor wir jemand dazu bringen
konnten, sich vor unsere Kamera zu stellen. Zuerst überwanden einige
junge Männer ihre Skrupel, dann zeigte sich auch ein leichtsinniges,
fröhliches junges Mädchen, A n j a S o n g , zur Aufnahme bereit. Das
Mädchen verkehrte so häufig in unserer Hütte; dass sie einerseits die
Angst vor allem Ungewöhnlichen verlor, anderseits der Verlockung,
mit Perlen und hübschem Zeug belohnt zu werden, nicht länger widerstehen
konnte. A n j a S o n g s Heldenhaftigkeit hatte übrigens auch noch
einen tieferen Grund; das Mädchen, eine halbe Sklavin, liebte S a w a n g
J ok, einen der vornehmsten jungen Leute des Stammes, und, da dieser
sich hatte photographieren lassen, wollte ihm A n j a S o n g an Mut nicht
nachstehen. Als sie von den Eltern ihres leichtsinnigen Benehmens
wegen streng bestraft wurde, überredete sie zur eigenen Entschuldigung
einige Freundinnen, sich ebenfalls zur Photographie herzugeben. Nachdem
die Bresche einmal geschlagen war, erhielten unsere Aufnahmen einen
grossen Zulauf, besonders war dies bei unserem zweiten Besuch bei
den Kajan am Blu-u der Fall, aber erst nachdem wir wiederum einige
Monate bei ihnen gelebt hatten. Diesem Zulauf haben die Bilder,
welche die verschiedenen Industrieen der Bahau darstellen, ihr Dasein
zu verdanken.
Bei den Mendalam Kajan war das Vorurteil vor der Photographie
viel schwerer zu überwinden als bei denen am Mahakam; das Gleiche
galt auch in bezug auf die anthropometrischen Messungen. Da mir
bei meinem ersten Aufenthalt unter ihnen, im Jahre 1894, hauptsächlich
an letzteren gelegen war, liess ich die Photographie ruhen. Im Jahre
1896, als ich meine Expedition zum Mahakam bei ihnen vorbereitete,
vermied ich alles, was irgendwie ungünstig auf den Verlauf unserer
Unterhandlungen hätte einwirken können; als man. sich daher zur
Aufnahme nicht willig zeigte, suchte ich nichts durchzusetzen. Nur
meine alte Freundin U s u n überwand sich -selbst, um mir eine Freude
zu machen, und kam nach meiner Abreise von Tandjong Karang nach
Putus Sibau, um sich photographieren zu lassen. Bei ihrem hohen
Alter spielte wohl auch die Ueberlegung, dass der Photograph ihrer
Ehrbarkeit Abbruch tun könnte, wenn er an ihrem -umgekehrten Bilde
auf der Mattscheibe unerlaubte Dinge sehen würde, keine grosse
Rolle. Die vielen Malaien, die am Mendalam verkehrten, hatten nämlich
erzählt, dass beim Photographieren sowohl die Personen als deren
Kleider sich umkehrten. A uf U s u n s Photographie ist daher zu sehen,
dass sie über die gewöhnliche ta-ä, noch ein besonderes Tuch geschlungen
hat und dass sie beide Arme krampfhaft an ihre Beine presst, um
den Röck festzuhalten. Obgleich wir den Kajan häufig das Bild auf
dem Mattglas zeigten, konnten wir ihnen doch die von den Malaien
übernommene Ueberzeugung nicht nehmen.