Ausdruck in ihre Bewegungen zu bringen. Einige Priesterinnen Hessen
sich sogar, um recht deutlich zu sein, zu den absonderlichsten Vorstellungen
verleiten. Während z. B. T ip o n g sich zu den nahebei liegenden
Opfertieren beugte, scheinbar einen Teil von ihnen ergriff und mit
einigen Bewegungen in die Höhe schwang, gingen andere, in der
Meinung, dass eine bloss symbolische Bewegung nicht genüge, hüpfend,
mit der Kriegsmütze auf dem Kopfe, auf die Schweine zu, packten
das kleinste an den Hinterbeinen und trugen das quiekende Tier, niit
Anspannung aller Kräfte, im Tanzschritt zum Opfergestell und wieder
zurück. Zum Schluss wurde auch T ip o n g zu grösserer Lebhaftigkeit
hingerissen, schüttelte einige Male das Gestell, bestieg es sogar und
bewegte es hin und her, um die Seelen der Opfer hinaufsteigen zu
lassen. Im allgemeinen waren die Bewegungen bei diesen Tänzen viel
lebhafter als bei denen der Javaner und erforderten grosse Kraftanspannung;
die alte U s u n leistete in dieser Beziehung Bewundernswertes.
Die Priesterinnen wurden jetzt von jungen Männern und Frauen
abgelöst, welche mit dem gleichen Gesang wie am vorhergehenden
Tage den Tanz um das - Opfergerüst in ruhigerer Weise bis zum
Abend fortsetzten. Man hatte sich für diesen Tanz besonders schön
geschmückt; die Männer mit prächtigem Kopf- und Lendentuch und
einer Art selendang (langer, schmaler, malaiischer Schal) als Bandelier
um die Schultern. Auch die Frauen trugen derartige Schale und zwar
in der Weise, wie es im vorigen Kapitel beschrieben worden ist. Beinahe
alle hatten Elfenbeinarmbänder und Fingerringe angelegt; ausserdem
hatten sie sich für diese festliche Gelegenheit Augenbrauen und Wimpern
besonders sorgfältig ausgezogen.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit schlachteten die Männer die
Schweine und zwar auf der Galerie vor der Tür der verschiedenen
Wohnungen; sie schnitten ihnen jedoch nicht, wie die Ulu-Ajar Dajak, den
Hals durch, sondern schächteten sie. Da man das Schreien der Tiere
nicht gern hörte, hatte man ihnen nicht nur die Schnauze zugebunden,
sondern hielt diese ausserdem noch fest. Der, älteste, ungefähr zehnjährige
Enkel des Häuptlings machte den Anfang beim Schlachten |
man gab ihm ein Messer in die Hand, welche von einem älteren
Manne geführt wurde. Auch in den Wohnungen der Familien mit
Täuflingen wurden die Opfer geschlachtet, worauf man ihnen den
Bauch durch einen Querschnitt öffnete, um zu sehen, ob die Unterseite
der Leber hell oder dunkel war, d. h. ob sie eine günstige oder ungünstige
Farbe zeigte und ob die Gailblase und andere Teile durch
ihr normales gegenseitiges Verhalten dem Kinde eine gute Zukunft
versprachen.
Ebenfalls auf der Galerie versengte man den Tieren in hochflammendem
Feuer die Borsten, weidete sie aus und zerstückelte sie, was
bei der inzwischen hereingebrochenen Dunkelheit einen sehr phantastischen
Anblick bot. In der darauf folgenden Nacht durften sich weder
Männer noch Frauen zur Rühe begeben, obgleich der Tag für alle
sehr anstrengend gewesen war.
Nicht minder anspannend war der' folgende Tag, genannt „aron
u tin g " — „Festtag des Schw^einefleischessens” , an dem der Häuptling
bereits früh morgens im Freien in grossen, eisernen Kesseln das Schweinefleisch
kochen liess.
Das tekok dauerte diesmal besonders lange. ° o Die Mütter finögen an
diesem Morgen mit ihren Täuflingen einen Rundgang durch alle
Wohnungen an, um sie bei allen Hausbewohnern als neue Stammes-
glieder vorzustellen. Die Kinder wurden dabei wieder von schön geputzten
und mit'dem geweihten Hut geschmückten jungen Mädchen
in ihren häwät auf dem Rücken getragen, begleitet von den ebenso
schön gekleideten Müttern, welche zwei geweihte Bambusgefässe
mit Wasser und eine Klapper für eine m%lä in die Wohnung des
Häuptlings trugen; von dort aus begaben sie sich zu allen übrigen
Hausbewohnern.
Auch aus der Wohnung des Häuptlings begann jetzt ein Kinderauszug:
voran gingen die beiden Enkel, gleich hinter ihnen wurden
die in der amin im verflossenen Jahre geborenen Kinder der Leibeigenen
von ihren Müttern getragen. Zwar waren die Häuptlingskinder
bereits viel zu alt für den Umzug, aber als Söhne des Häuptlings
mussten sie ihn noch etliche Jahre mitmachen. Dem ältesten, T i n g e ,
wurde von einem Mädchen ein winziger Schild -find ein hölzernes
Schwert nachgetragen. Eine Sklavin begleitete den Zug mit einem Gong.
Mittags wurde, nachdem man aus gekochtem Schweinefleisch und
Klebreis gesonderte Päckchen gebunden und diese in Dreieckform auf
der Galerie aufgestapelt hatte, in gleicher Weise wie früher, mit allen
Familiengliedern des Fläuptlings und den Müttern, welche ihrer Täuflinge
wegen den Geistern geopfert hatten, eine m$lä vorgenommen, genannt
titin g" = „Seelenberuhigung durch Schweinefleisch” . Nach der heiligen
Handlung erhielt jeder wiederum seinen Anteil an den Päckchen mit