ner Bahau gerieten wir hier plötzlich in eine degenerierte Gesellschaft
der verschiedensten Stämme vom Barito und Mahakam. Von allen Seiten
starrten uns Menschen mit fremden, verdächtigen Gesichtern an, die sich
hier zu dem alleinigen Zwecke, um den oberhalb der Wasserfälle unbekannten
Genüssen, wie Hazardspielen und Hahnenkämpfen um hohen
Einsatz und dergl. zu fröhnen, aufhielten. Dabei herrschten hier
ständig Streit und Zank, an die wir seit langer Zeit nicht mehr gewöhnt
waren. Man hatte uns übrigens oberhalb der Wasserfälle bereits
darauf aufmerksam gemacht, dass sich in diesem Zentrum der
Buschproduktensucher alles um Spiel und Wetten drehte.
Abends, lange nachdem wir uns zur Ruhe begeben hatten, hörten
wir noch Würfel rollen und Geld zählen; beim Schein kleiner Lampen
hockten auf der Galerie kleine Gruppen, die teils mit chinesischen,
teils mit europäischen Karten spielten. Bei Sonnenaufgang hielten einige
Buginesen, die als die wichtigsten Bankiers fungierten, ihren Einzug
in der Galerie und versammelten bald einen grossen Kreis um sich.
Zum grossen Verdruss ihrer Häuptlinge beteiligten sich auch die Bahau
des langen Hauses am Spiel, wodurch sowohl der Ackerbau als das
Verhältnis des Hausbewohner untereinander litt. Die Häuptlinge konnten
sich nicht besser ausdrücken, als indem sie diesen Zustand als
„rusak murib Bahau” „Verderben des Bestehens der Bahau” bezeich-
neten.
Zwei in Urna Méhak verbrachte Tage genügten,O O O ' um uns davon zu
überzeugen, dass derartige Zustände auf die Dauer nur zur Demoralisierung
einer Bevölkerung dienen können, deren gute Eigenschaften
wir oberhalb der Wasserfälle kennen gelernt hatten. Ausserdem bilden
sie für alle, die von der Ostküste aus Beziehungen mit dem
Binnenlande anknüpfen wollen, eine Gefahr. Wir hätten hier nur durch
einen langdauernden Aufenthalt Einfluss ausüben können ; da wir
hierfür aber keine Zeit hatten und den ersten Teil des von der R e gierung
gestellten Auftrages erfüllt hatten, beschlossen wir, den Mahakam
weiter bis Udju Halang zu fahren und dort zu warten, bis
ein Dampfboot uns zur Küste abholen würde.
B i e r begann von Urna Méhak aus, bei günstigerem Wasserstande,
seine Aufnahme und hoffte sie noch vor unserer Abreise zur Küste
bis Ana fortsetzen zu können.
Ich hatte die Ruhetage dazu verwandt, unseren Pflanzensucher
S é k a r a n g von der Malaria zu kurieren, aber das Fieber hatte ihn
bereits so angegriffen, dass es für ihn ein Glück war, dass wir zu
Wasser und nicht zu Lande weiterreisten. Schlimmer ging es H a d j i
U m a r , der sich immer noch weigerte, Arzneien zu nehmen, und daher
täglich an Malariaanfällen litt und sichtlich herunterkam. E r raffte sich
trotzdem auf, um mit uns weiterzureisen und nahm auch seine F a milie
mit.
Nach einer langen Tagereise erreichten wir U d ju Halang, das uns
offen stand, da das la li wegen des Todes von B a n g J o k s Schwester
bereits aufgehoben war. Wir nahmen sogleich die Galerie in Beschlag,
während K w in g I r a n g mit den Seinen am folgenden Tage nach Udju
Töpu und Ana weiterfuhr, um dort Handel zu treiben und uns zu
benachrichtigen, sobald das Dampf boot uns abholen käme. Gleich nach
K w i n g s Abreise traf auch N jo k L e a bei uns ein; es hatte ihn unangenehm
berührt, dass wir in Uma Möhak nicht auf ihn gewartet hatten,
doch reiste er schliesslich guter Stimmung K w in g nach.
Trotz meiner Ungeduld, die Küste zu erreichen, hoffte ich doch,
hier einige Ruhetage zu finden, da wieder einige von uns an Malaria
erkrankt waren. B a r t h , der die ganze Reise über gesund gewesen
war, wurde nachts von einem heftigen Fieberanfall gepackt, ferner
erkrankten zwei Schutzsoldaten, auch fühlte sich S e k a r a n g immer
noch nicht wohl. In den vier Tagen, die wir hier bleiben konnten,
gelang es uns zum Glück, alle soweit wiederherzustellen, dass sie
die Reise fortsetzen konnten. An Beschäftigung fehlte es uns auch
hier nicht. D o r i s ordnete seihe Vögel und die anderen untersuchten
die eisernen Koffer, um deren Inhalt nötigen Falls zu trocknen.
Am meisten machte mir wiederum die Bevölkerung zu schaffen, die
stark an Malaria und anderen Krankheiten litt und der ausserdem viel
daran lag, mir in kurzer Zeit allerhand Gegenstände zu verkaufen. Ich
merkte hier deutlich, dass die Bevölkerung, durch.den langdauernden
Umgang mit Malaien an Handel gewöhnt, sich viel leichter als im
Innern von ihrem Hab und Gut trennte. Daher erwarb ich hier an
schönen Dingen, besonders an Tätowiermustern, in vier Tagen mehr
als während meines langen Aufenthaltes am oberen Mahakam. Auch
empfand ich es als vorteilhaft, dass die Leute den Wert des Geldes
gut kannten; sie freuten sich hier über e inen Gulden ebenso sehr
wie oberhalb der Wasserfälle Uber vier . Von Udju Halang rühren
auch die im vorhergehenden Kapitel abgebildeten Tätowiermuster der
Uma-Luhat, der Bewohner dieser Niederlassung, her.