zwei Tage darauf rief man mich zu einem Manne in Tandjong Kuda,
der an der gleichen Krankheit litt. Auch bei ihm hatte Laudanum
eine ausgezeichnete Wirkung, nur war ich gezwungen, ihn seinem
Schicksal zu überlassen mit dem Resultat, dass er 2 Tag e später infolge
des Genusses verschiedener gekochter Baumblätter einen Rückfall
bekam und starb. Da diese Fälle der Cholera sehr ähnlich waren,
glaubte ich die Umgebung am besten durch Regelung des Trinkwassergebrauchs
zu schützen. Ich liess daher mit Hilfe der beiden Häuptlinge
Akam Igaü und Tigang durch die dajtmg eine grosse Beschwörung
abhalten, verbot für 4 Tage das Trinken ungekochten Wassers
und warnte sie vor den Flussbädern, die übrigens in dem schnell
strömenden Wasser von geringerer Bedeutung waren. Auch unreife
Früchte setzte ich auf die Verbotsliste und hatte die Freude zu sehen,
dass man sich sowohl in Tandjong Kuda als in Tandjong Karang
an die Vorschriften hielt und keine weiteren Krankheitsfälle mehr vorkamen.
Der wichtigste Teil der Beschwörung bestand darin, dass man die
bösen Geister, als die Urheber der Krankheit, daran verhinderte, längs
den Bretterstegen, welche vom Fluss zum Hause führten, zu den Bewohnern
zu gelangen. Zu diesem Zwecke spannte man längs des Ufers
vor dem Hause und auch seitlich ungefähr 1 m über dem Boden
Rotangseile, an welche in Abständen von 2 m zur Abwehr böser
Geister Blätter von daun long gehängt wurden. An den Stellen, wo
das Seil die Wege zum Hause kreuzte, richtete man zu beiden Seiten
roh gearbeitete Figuren, eine weibliche und eine männliche, auf. Die
Figuren besassen übertrieben grosse Genitalien; der Mann eine nach
Kajansitte perforierte glans penis mit hölzernem Stifte; überdies waren
sie mit hölzernen Speeren, Schwertern und Schilden als weiteren
Abschreckungsmitteln bewaffnet. Zu meiner Beruhigung willigten die
Familiengehörigen darein, Kleidungsstücke und Liegmatten der Verstorbenen
zu vernichten. Da die adat ihnen das Verbrennen dieser Gegenstände
verbietet, warfen sie diese, ohne mein Wissen, in den Fluss.
Die einzigen nennenswerten Arzneien der Kajan werden gegen Hautkrankheiten
angewandt; zwei derselben sind in der Tat sehr wirksam:
1. orokqp, Blätter von Cassia alata, die auch sonst im Archipel
häufig gegen Hautkrankheiten benützt werden.
2. njqrobw bülan (im Busang) = minjak pqlandjau (im Malaiischen),
ein schwarzes, nach Teer riechendes Oel, das aus dem schwarzen Kernholz
eines gleichnamigen Baumes fliesst, der nur auf Borneo einheimisch
zu sein scheint. Beim Stehen scheidet das Oel eine halbflüssige
Masse ab, die tanah pqlandjau genannt wird.
Auf die Haut gebracht verursacht diese tanah pqlandjau eine Entzündung.
Als man diese Masse einst unvermischt auf die Leibeshaut
eines Kindes strich, wurde diese so völlig zerstört, dass eine tiefe Wunde
entstand. Für den Gebrauch muss das Mittel mit Zuckerrohrsaft vermischt
werden. Ein Individuum, das von Kopf bis zu FusS mit lusung
bedeckt ist, kann in 14— 20" Tagen genesen, falls .es sich tüchtig mit
tanah pqlandjau einreibt und das Baden vermeidet.
Die Kajan reiben sich täglich mit orokqp ein, wodurch sie allmählich
ihren lusung und in viel kürzerer Zeit ihren kurab vertreiben.
Ein sehr wirksames, für die Kajan aber sehr kostbares Mittel ist
Petroleum, das, auf die erkrankte Haut gestrichen, binnen 8 Tagen
eine Heilung herbeiführt.
Als weitere Behandlungsweisen von Entzündungen und Schmerzen sind
bei den Kajan Schröpfen, Tätowieren und Massieren üblich. Die beiden
ersten werden besonders, bei'schmerzhaften Entzündungsgeschwülsten
angewandt. Man entzieht das Blut, indem man mit einem spitzen Messer
eine grosse Zahl kurzer Einschnitte ausführt und die Blutung von
selbst aufhören lässt. Blutstillende Mittel lernte ich nicht kennen. Die
Ausführung kleiner Tätowierfiguren auf die ' entzündete Stelle wirkt
wahrscheinlich in gleicher Weise wie die Blutentziehung.
Bei Leib- und Rückenschmerzen wendet man vor allem Massage
an, die mehr in Kneten als in Reiben besteht. Mit der Massage und
dem Blutentziehen befassen sich hauptsächlich die däjung, die es in
ihrer Kunst bisweilen weit bringen.
Für Wunden kennen die Bahau keine Mittel; sie halten sie nur
mit Wasser und Kapok rein. Da sie ernste Blutungen nicht zu stillen
verstehen, gehen die Leute häufig an kleinen Wunden, z. B. auf dem
Fussrücken, zu Grunde. Dagegen verstehen sie zerrissene Ohrläppchen
wieder aneinander wachsen zu lassen (Siehe pag. 140);, -
Bei Entbindungen wird der Leib der Kreissenden mit den Händen
geknetet; andere Behandlungsweisen sind unbekannt. Heftige Blutungen
verlaufen, wenn sie nicht von selbst aufhören, tötlich.
Die Bahau wenden auch Dampfbäder an. Sie füllen ein Gefäss mit
heissem Wasser, fügen einige Blätter hinzu und setzen den Kranken,
den sie mit Decken umwickeln, einige Zeit den heisseri Dämpfen aus.