Zweyter Abfchnitt.
Be f c b r e ib u n g der e in z e ln en Ar ten.
I ^ Afs es unendlich weit leichter fe y , alle bekannte und befohriebene Gefchopfe in ein ordentliches
Syftem zu bringen, als ein jedes einzelnes vor fielt habendes Gefehöpf. mit einem
folchen Syftera zu vergleichen, und den in demfelben ihm beftimmten Namen zu finden, das
wird ein jeder erfahren, der beydes verfocht. Denn nicht des großen Zeitverlufts zu gedenken
, wenn man ein folches Individuum oft mit einigen hundert Befchreibungen vergleichen
mufs, um zu wißen, ob es fchon bekannt und benannt fey oder nicht, fo find auch die im
Syftem angeführten Kennzeichen oft fo kurz, und fo unbeftimmt, dafs man immer im Zweifel
bleibt, ob man wirklich das Gefehöpf vor fich habe, welches der Syftematicus in Gedanken
hatte. Die Nachweifungen auf andre Schriftfteller oder Abbildungen, find, da fie. oft
nicht einmal von dem gefchehen, der das Syftem machte, oft fo widerfprechendmit der
Befchreibung fo wenig übereinftimmend, dafs fie mehr verwirren als deutlicher machen. Oft
findet man auch im Syftem folche Namen, die von andern Schriftftellern ganz verfchiedenen
Arten gegeben find. Diefe Schwierigkeiten habe ich auch ganz vorzüglich bey den Krebfen
gefunden. Eine englifche Gedult hat es erfordert, einen Gefner, Rondelet, Jonßon, Rumpb
&c. mit dem Linneifchen Naturfyftem zu vereinigen. Selten fand ich fie von dem Ritter ci-
tirt; ihre Abbildungen find zum Theil fo fchlecht, die wefentlichen Kennzeichen fo undeutlich
vorgeftellt, die Namen fo verfchieden, die Befchreibungen fo unvollftändig, dafs ich fie
lieber insgefammt ungebraucht gelaffen hätte, wenn es nicht zu einer vollftändigen Naturge-
Ziveyter Ahfcftnift, 6g
fchichte noth wendig wäre, fie wenigftens in fo weit anzufohren, als es mit Gewifsheit ge.
fchehen kann..
Yermuthlich hat der Ritter Linné diefe Schwierigkeiten eingefehen , und daher viele in»
Jonßon, Rondelet &c. abgebildete Krebfe lieber ganz aus feinem Syftem weggelaffen. Noch
mehr wird die Äuseinanderfetzung der mannigfaltigen Krebsarten vor allen andern Infekten dadurch
erfchweret, dafs die Krebfe nicht wie die übrigen Infekten, in ihrem vollkommenen
Zuftand gleich ihre beftimmte Gröfle haben; fondern von Jahr zu Jahr größer werden; und
dafs die verletzten oder abgebrochnen Glieder wieder wachfen, aber feiten die Gröfle der verlornen
erhalten. Wie verfchieden muffen alfa nicht die Befchreibungen ein und eben derfel-
ben Krebsart ausfallen ; und was für Verwirrung mufs es nicht verurfachen, wenn der eine
die Gröfle von einigen Linien angiebt, die der andre nach Zollen beftimmt;. der eine die
rechte, und der andre die linke Scheere'als größer angiebt; der eine dem Krebs lange, dicke
breite Scheeren, der andre, fchmale kurze und dünne Scheeren beylegt ? Ja die Natur bindet
fich hier fo wenig nach ihren Regeln, d'äfs ich noch nie zwey Krebfe oder Krabben von.
einer Art gefehen habe, die nicht merkliche Verfchiedenheitere gehabt hätten.
Die Schwierigkeiten, welche man findet, wenn man eine Sammlung aus drefem oder
jenem Theil der Naturgefchichte nach einem Syftem ordnen will, werden gar fehr dadurch
vermindert, wenn man in demfelben fo viele Unterabtheilungen macht, als es fich thun la£
fen will. Die gütige Natur felbft fcheint hier unferm fchwachen Verftande liebreich zu Hülfe
zu kommen. Denn wenn wir diejenigen Gefchopfe, die wegen ihrer wefentlichften Kennzeichen
zu einem Gefchlecht gehören, unter fich vergleichen, fo werden wir an ihnen wieder
folche Verfchiedenheiten entdecken, wodurch diefes eine Gefchlecht fich wiederum in mehre*,
re Claffen ordnet; und fo- geht denn diefe Verfchiedenheit immer ftufemveife bis zu den ein»
zelnen Arten hinab. Mit je mehrerm Scharffinn diefe Verfchiedenheiten bemerkt werden, und.
je.„leichter fie wahrzunehmen find, defto vollkommener wird das Syftem feyn.
Bey den Krebfen ift es, da fie nicht fo klein, wie andre Infekteny find, auch nicht
fchwer, folche Verfchiedenheiten zu finden, wodurch fie fich in Unterabtheilungen ordnea