Zu einer gründlichen Kenntnifs der Natur ift nöthig, dafs Jede einzelne Gattung von
Gefchöpfen befonders vorgenommen, alle dazu gehörige Arten gefondert, und mit einander
verglichen werden. Dies wird nicht nur ein Leitfaden zur Erforfchung der innern Haushaltung
einer jeden, fondern es fchafft auch ein unnennbares Vergnügen, die unmerklichen Abweichun.
gen und die unbefchreibliche Mannigfaltigkeit zu bemerken, und daß nichts ohne Urfach ift,
fondern ein jedes gerade darum von dem andern abweicht, weil es feine befondere Lebens,
art fo erfordert.
Ich habe in gegenwärtiger Schrift die Naturgefchicht eines Thicrgefchlechts abzuhandeln
erwählt, wobey noch viele Dunkelheit und Verwirrung herrfcht, welches fehr viel eigenes
hat, und auf welches bis jezt die Liebhaberey nicht fehr gefallen ift. Ich werde glauben nicht
umfonft gearbeitet zu haben, wenn meine Bemühungen etwas dazu beytragcn werden, mehr
Deutlichkeit und Ordnung über diefe Thiergattung zu verbreiten, die Naturfreunde aufmerk-
famer auf diefe Gefchöpfe zu machen, und irgend jemand zur füllen Bewunderung und Anbettung
des weifen und gütigen Gottes zu erwecken.
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So gewifs es ift, dafs zu unfern Zeiten die Kenntnifs der- Natur fo wohl richtiger,
als auch ausgebreiteter ift, wie bey unfern Vorfahren, fo wäre es doch auch ficherlich ein
fehr eitler Stolz, und eine noch gröffere Undankbarkeit, wenn wir ihnen alle Einfiehten in
der Naturgefchichte abfprechen, und De einer gänzlichen Unwiffenheit befchuldigen wollten.
Es ift wahr, wir finden in ihren Schriften fehr viel fabelhaftes; fie geben von manchen Erfcheinungen
in der Natur folche Erklärungen, die uns höchft lächerlich Vorkommen. Sie
glaubten die Natur zu entehren, wenn fie nicht ihren "Wirkungen das Anfehen des aufferor-
dentlichen und wunderbaren gäben. Allein follten wir nicht manches nur darum für Fabeln
halten, weil es fich mit unfern Hypothefen nicht reimen will ? Man braucht nicht ein biinder
Verehrer und Anbetter der Alten zu feyn, um ihnen die Gerechtigkeit wiederfahren zu
laffen, dafs dasjenige, was fie uns aus der Naturgefchichte oft fo umftändlich und zuverficht-
lieh erzählen, darum nicht gleich für Märchen zu halten fey, wenn es gleich nicht mit un.
fern Bemerkungen überein kommt. Es fehlt auch nicht an Beyfpielen, wie oft wir ihnen
durch ein folches unrühmliches Vorurtheil Unrecht thun. Denn, um nur eines anzuführen,
wie oft hat man fich fchon über den von unfern Vorfahren behaupteten Schwanengefang luftig
gemacht? Jeder Anfänger, der kaum einen Blick in die Natur gethan hatte, bedauerte die
Einfalt der Alten mit verächtlichem Mitleiden; und doch lehren uns die neüeften Beobachtun,
gen, dafs diefe Meynung nicht ganz ungegründet gewefen ift. Die Neüerungsfucht ift keiner
Wiffenfchaft fchädlicher, als der Naturgefchichte, und es ift Pflicht für jeden, der die Natur
gründlich ftudieren will, dafs er nicht blofs bey denen neüeften Entdeckungen flehen bleibe ,
fondern dafs er auch die Meynungen der Alten mit zu Rath ziehe und fich von ihnen zu mancher
Entdeckung leiten M e , die ihm fonft viüeicht unbekannt geblieben feyn würde.
3 -
Wenige Theite der Naturgefchichte fcheinen den Alten völlig unbekannt gewefen zu
feyn. Wenn fie auch von manchen Dingen in ihren phyftcalifchen oder medieinifchen Schrif.
ten nichts erwähnen, fo finden wir doch oft in ihren moralifchen, philofophifchen und poeti-
fchen Schriften folche Anfpielungen und Gleichnifse aus der Natur, die uns mehr Kenntnifs
derfelben errathen laffen, als wir ihnen zugetrauet hätten. Auch was den Zweig der Naturgefchichte
betrift, deffen Zergliederung ich in diefer Schrift vornehme, fo hatten unfre Vorfahren
fchon viele und richtige Beobachtungen davon gemacht.
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Unter die Schriftfteller der altern Zeit, die auf die Naturgefchichte der Krebfe aufmerk. = =
fam gewefen find, gehöret vornemlich Ar is t o t e l e s , der Altvater der Naturgefchichte. Sch^ tfte1'