Edentata.
Frühere Untersuchungen.
Was zunächst die Dasypodidae betrifft, so ist durch eine Reihe von makroskopischen
Untersuchungen dargethan worden, dass hei Tatusia peba und hybrida ein typischer Zahnwechsel
stattfindet, so dass alle Zähne mit Ausnahme des hintersten, respective der beiden hintersten
gewechselt werden.
Die bisherigen an Schnitten vorgenommenen Untersuchungen über die Zahnentwicklung
bei Dasypodidae sind, insofern diese Untersuchungen Aufschlüsse über den Zahnwechsel und damit
in Zusammenhang stehende Fragen gewähren, folgende.
Ch. T omes (II) veröffentlichte bereits 1874 seine Untersuchungen über zwei Embryonalstadien
von Tatusia peba von l'/s und 3 Zoll (englisch) Länge. T. stellt durch diese Arbeit
zunächst die wichtige Thatsache fest, dass auch an der Bildung völlig schmelzloser Zähne ein
Schmelzkeim, in dem es allerdings nach seinen Beobachtungen nicht zur Ausbildung einer Schmelzpulpa
kommen soll, betheiligt ist und ebnete hierdurch den Weg für eine richtigere Auffassung
des Schmelzkeimes. Fernen beschreibt und bildet T. die Schmelzleiste in ihrem Verhältniss zum
Milchzahn ab; der „germ of permanent tooth“ hat das knospenförmige Stadium kaum erreicht.
1884 theilen P ouchet & Chabry Untersuchungen über einen 15 Centm. langen Embryo
von „Taton noir“ (also von derselben Art: T. peba) mit, beschreiben aber neben den Zahnanlagen
weder Schmelzleiste noch Schmelzkeime.
Dagegen erweitert K ükenthal (Y) 1 892 insofern unsere Kenntniss über den Zähnwechsel
bei Dasypodidae, als er kurz erwähnt, dass auch bei Embryonen von Dasypus (Euphractus)
viUosus die Anlagen von zwei Dentitionen mit derselben Deutlichkeit vorhanden sind, wie in den
gleichgrossen Stadien von Tatusia peba; ob auch bei Das. villosus ein Zahnwechsel vorkommt,
hat er nicht feststellen können.
Aus demselben Jahre (1892) ist die Arbeit von B allowitz. Durch genaue Untersuchungen
von Embryonen verschiedener Stadien von Tatusia peba und Dasypus setosus hat B. festgestellt,
„dass der Epithelüberzug der Zahnanlagen bei den Edentaten“ — seine Untersuchungen basiren sich
jedoch nur auf die genannten Dasypodidae — „ein echtes Schmelzorgan ist, welches alle charakteristischen
Eigentümlichkeiten aufweist, die das Schmelzorgan der schmelzführenden Wurzelzähne
der übrigen Säugethiere kennzeichnet, nur mit dem einzigen, aber wesentlichen Unterschiede,
dass dasselbe zu keiner Zeit Schmelz producirt.“ Als wichtiges Resultat seiner Untersuchungen
hebt ferner B. hervor, dass sich der untere Theil des Schmelzkeims zeitlebens an der
Basis der Pulpapapille erhält, weil von hieraus der Zahn während des ganzen Lebens nachwächst
¡^gewiss ein schlagender Beweis dafür, dass die wesentliche Substanz des Zahnes, das
Dentin, nur unter Vermittelung des Sphmekorganes gebildet werden kann.“ B. hat somit die
Gleitung der von v . B rots und R öse gemachten Entdeckung auf die Zähne der Edentaten ausgedehnt.
Eine direete Verbindung der Schmekleiste oberflächlich vom Schmelzkeime mit dem
Mundhöhlenepithel, wie sie T omes in seinen Zeichnungen darstellt, hat B. nicht gefunden. Bei
den Embryonen, wo noch keine Dentinbildung erfolgt war, setzte sich die Schmekleiste als
continuirliche Blatte durch die zahnfreien Räume fort.
Schliesslich theilt R ü s e (IV) Seine Beobachtungen über Tatusia peba und hybrida mit, von
denen er die "Unterkiefer je eines Embryos (von 7, rcsp. 6 Cmtr. Rumpflänge) untersucht hat.
Den Angaben Tomes’ entgegen hat R. eine Schmekpulpa und ausserdem das Vorkommen eines
Schmekoberhäiitchens nachgewiesen. Auch R. fand die Schmekleiste nie im Zusammenhänge mit
dem Mundhöhlenepithel. Bei T. hybrida konnte R. den Nachweis liefern, dass auch medialwärts
yon den von E lo w e r , H e s s e l und E iothasu.t aufgefundenen Rudimentärzähnen eine: am Ende
k i j ig verdickte Schmekleiste vorhanden ist, und dass dieselben somit der ersten Dentition zuzu-
rechnen sein.
Einige Resultate meiner eigenen Untersuchungen ah Seriensohnitten von vier Entwicklungs-
Stadien vo 11 Tatusia peba und .hybrida habe ich bereits veröffentlicht (III). In, (Folgendem wird
eine ausführlichere, durch Abbildungen erläutere Darstellung der Befunde gegeben werden.
P o d c h e t & Ci-iAüRY sind bisher die einzigen, welche Orystenpus auf Schnitten untersuchten,
und zwar beschreiben sie ausführlich das Verhalten im Unterkiefer eines 32 Cmtr. langen, jungen
Thieres. Sie fanden neben dem rudimentären Schneidezahne eih||siebartige durchlöcherte.Schmek-
igaej..gäwie auch Reste der letztem vor dem „preir.iere molairc.“ Pap in Eig. 35 abgebildötP
Epithelgebilde, welches die Verfasser f&. ein Zahnrudimeüt halten, ist wohl, wie R ö se (IV) will,
eine s,g. Epithelperle, Dass aber Oryeteropus in der Tliat diphyodont ist, ist später (1890)
durch Thomas’ Entdeckung (II) von Milchzähnen sowohl im Ober- als im Unterkiefer sicher gestellt
worden.
; Die,einzigen Angaben, welche y p meiner Mittheilung (III, IV) über die fraglichen Punkte
bei JJraäypodidae ' existirten, stammen ebenfalls von P ouchet & Chabry her. Zur Untersuchung
gelangten Individuen von 12—23 Cm. Länge. Als für ihre Zahnentwicklung charakteristisch
wird das Fehlen der Schmekpulpa sowie die frühzeitige Rückbildung des gesammten Schmek-
keimes; hervorgehoben. Irgend welche Andeutung eines Zahnwechsels haben die Verfasser nicht
gefunden; auch des von B rants, Owen und G ervais bgpiriebenen rudimentären Schneidezahnes
erwähnen sie nicht.
Gervais’ Behauptung (I), dass bei der Megatheriden-Gattung Coeloäon ein Zahnwechsel
vorkommt, ist von R einhardt (IV) endgültig widerlegt worden.
Bezüglich der Frage nach dem Vorkommen von Zahnbildungen bei MyrmecopJiayidae liegt
ausser der altern, sich nicht auf mikroskopische Untersuchung stützenden Angäbe von Gervais (I),
dass bei eiaem sehr jungen Gyclothwrus didactylus möglicherweise Zähne Vorkommen können1),
sowie der von mir (IM) an einem Embryo von Tamandua. tebradaetyla gemachten Beobachtung mit
negativem Resultat eine Mittheilung von R öse (IV) vor, welcher den Unterkiefer eines Fötus
-von Gydotlmrus didactylus (20 Cmtr. Länge) auf Schnitten untersuchte. Das Ergebniss seiner
l) Gervais’ Abbildung in Zoologie et Paléont. générales habe ich nicht gesehen.