Orientirung erhellt — aus K.’s Figur an und für sich lässt sich nicht entnehmen, was mediale
und was laterale Seite ist g|jr, glaube ich annehmen zu können, dass K. sich in der Orientirung
geirrt hat. Diese Vermuthung wird dadurch wesentlich gestärkt, dass das Mundhöhlenepithel
sowohl auf meinem Präparate' wie auf K.’s Figur nach d e r Seite hin sich bedeutend verdickt,
der der „Kolben“zugekehrt ist, und es ist jedenfalls anzunehmen, dass an K.’s Präparaten ebensowohl
wie an meinen diese Seite die laterale ist. Dass mein erheblich grösseres Exemplar auf
etwa demselben Entwicklungsstadium wie K.’s steht, kann dadurch erklärt werden, dass K. eine
grössere Kasse der D. marsupialis untersuchte, während mein Exemplar der kleinsten (aurita)
angehört. K. erwähnt leider nicht, an welcher Form von Didelphys er seine Untersuchungen
angestellt hat; dass es D. marsupialis gewesen, dürfte gleichwohl ausgemacht sein. Wir haben
also auf diesem Stadium weder im Unter- noch im Oberkiefer eine freie Schmelzleiste lingualwärts
vom Schmelzkeim eines Ersatzzahnes.
Obgleich Stadium G von derselben Körpergrösse wie das von K ükenthal (I pag. 663)
beschriebene Exemplar ist, sind doch die Zähne weniger weit entwickelt, was jedenfalls darauf
beruht, dass K.’s Exemplar einer kleinern Kasse angehört. So haben J d 1—4 kaum das kappen-,
J d 5 erst das knospenförmige Stadium erreicht; neben diesen ist der schon mit Hartgebilden
versehene Cd eine überraschende Erscheinung; P d 1 hat einen glockenförmigen Schmelzkeim
und keine Hartgebilde, welche dagegen bei P d 2, P d 3 und M l vorhanden sind. I c h b e me
r k e a u s d r ü c k l i c h , d a s s a u c h h i e r P d 3 n i c h t w e i t e r , e h e r we n i g e r e n t w
i c k e l t i s t a l s Pd 2 u n d Cd. M l steht auf dem glockenförmigen Stadium ohne Hartgebilde,
M 2 ist erst ein knospenförmiger Schmelzkeim. Die meisten Zähne sind somit viel
weiter im Unterkiefer (vergl. oben) ■ als im Oberkiefer entwickelt. Die Schmelzleiste, fast vollständig
erhalten, ist da, wo sich der Schmelzkeim des P 3 an ihrem Ende entwickelt, mit dem
Mundhöhlenepithel verbunden, während dies im vorhergehenden Theile des Kiefers nicht der
Fall ist; ein schwacher Zusammenhang existirt ausserdem über M 1. Da nun auch im Unterkiefer
die ausgiebigste Verbindung zwischen Mundhöhlenepithel und Schmelzleiste über der Anlage
des P 3 stattfindet, so ist man berechtigt, diese Thatsache mit der Entwicklungsfähigkeit
dieses Schmelzkeimes im Gegensätze zu den ändern sich wieder rückbildenden Keimen, wo die
Verbindungspartie mit dem Mundepithel resorbirt ist, in Zusammenhang zu bringen. Ausser P 3
fand ich knospenförmige Schmelzkeime zu C, P 2 und M 1. Die relative Lage ist dieselbe wie
im Unterkiefer. Das Verhalten der Schmelzleiste zu M 1 ist deshalb von Interesse, weil man
hier dieselben Bilder erhält wie bei dem gleichen Zahne von Erinaceus Stadium C; vergl. Fig. 124
(Didelphys) mit Textfigur 2 (Erinaceus).
In Bezug auf Stadium D und JE ist zu bemerken, dass ausser der selbstverständlichen
Weiterentwicklung der Milchzähne Schmelzkeime der Ersatzzähne für alle Zähne bis M 2 vorhanden
sind. Der Schmelzkeim des P 3 (Fig. 125) steht bei Stadium D auf dem kappenförmigen
Stadium, ist also weiter vorgerückt als im Unterkiefer; die Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel
hat aufgehört. Im Gegensatz zu K ükenthal habe ich auch hier medialwärts vom vordem
Theile des P d 2 einen Schmelzkeim des P 2 gefunden.
Die Oberkiefer der Stadien F und G wurden nicht untersucht *).
*) Kükenthal hat neuerdings (II) seine frühere Angabe, nach welcher der in seiner Figur 8 abgebildete Schmelz-
keim des M 3 die Ersatzzahnanlage des M 2 sei, und welche Angabe Röse (VI) und ich (III) schon früher berichtigten,
znrückgenommen.
Myrmecobius fasciatus.
Myrmecobius hat das Interesse der Forscher vornehmlich durch den Umstand erregt,
dass er normal eine grössere Anzahl Backenzähne (nämlich § oder | | als irgend ein anderes
heterodontes Säugethier der Jetzt weit aufweist und desshalb zu Vergleichungen mit einigen
mesozoischen Säugern herausfordert; wird er doch von berufenen Forschern (T homas VI, F lower
und L ydekker) als ein „unmodified survivor from Mesozoic times“ angesehen. P oulton, der Entdecker
des Ornithorhynclius-Gebisses, hebt die Aehnlichkeit der Backenzähne bei Ornithorhynchus
und Myrmecobius hervor.
Eine den citirten Ansichten entgegengesetzte Auffassung vertritt W inge (I, III), indem
er den direkten genetischen Zusammenhang des Myrmecobius-Gebisses und der Jura-Säuger in
Abrede stellt und nachzuweisen sucht, dass das Zahnsystem bei Myrmecobius kein primitives Gepräge
besitzt, sondern rückgebildet und von einem Dasyuriden mit Backenzähnen abzuleiten ist.
Die grössere Anzahl der Backenzähne bei Myrmecobius will nämlich W . durch die Hypothese erklären,
dass Milchzähne neben den permanenten Zähnen stehen geblieben sind.
T homas (I) und ich (VII) konnten jedoch konstatiren, dass bei jugendlichen Exemplaren
sowohl im Ober- als im Unterkiefer der 3. Backenzahn viel später fertig gebildet wird als die
nächst stehenden Backenzähne. Da nun bekanntlich gerade der 3. Backenzahn bei den Beutel-
thieren einen Vorgänger hat, so spricht der Entwicklungsmodus auch bei Myrmecobius sehr zu
Gunsten der Annahme, dass hier ebenfalls ein Vorgänger vorhanden gewesen, wenn auch bei
meinen ebenso wie bei T homas’ Exemplaren der letztere bereits verschwunden war. Aus meinen
Untersuchungen über das Myrmecobius-Gebiss zog ich den Schluss, dass es, was die Form der
Backenzähne betrifft, theilweise reduzirt *), dass aber die grössere Anzahl etwas Primitives,
von mesozoischen Säugethieren Ererbtes ist.
Vollständige Schnittserien habe ich von einem „Marsupium“-Jungen, den ich der Güte
des Herrn Dr. S tirling in Adelaide verdanke; untersucht. Die Länge vom Scheitel zur hintern
Körperrundung beträgt 20 Mm; nackt mit Ausnahme des Kopfes, welcher dünn behaart ist;
Augenlider geschlossen; Saugmund2).
U n t e r k i e f e r .
Mit Ausnahme des J d 1 und M 2 (siehe unten) sind die Zähne we n i g e r entwickelt
als die entsprechenden bei einem Didelphys marsupialis von 25 Mm. Körper länge (Stadium C),
obgleich bei Vergleichung des Entwicklungsgrades besagter Individuen im Uebrigen und ihrer
Grösse im Verhältniss zum erwachsenen Thiere das vorliegende Junge offenbar viel weiter entwickelt
und somit älter als das Exemplar C von Didelphys marsupialis ist. Nur J d 1 ist sehr weit
ausgebildct: er ist schon stark verkalkt und steht etwa auf derselben Entwicklungsstufe wie der
1) Die früher (VII) vönNmir angenommene Typengemeinschaft der Backenzähne von Myrmecobius und Ornithorhynchus
halte ich jetzt, nachdem Stewart neuerdings die intakten Zähne des letzteren kennen gelehrt hat, für mehr
als zweifelhaft.
2) Mit Rücksicht auf die von allen bisher untersuchten Säugethieren abweichenden Befunde, welche ich bei
Myrmecobius angetroffen habe, sind Ober- und Unterkiefer b e id e r Seiten auf Frontalschnitten untersucht worden.