Diesem unteren Sclilundganglion, welches wegen der es überlagernden Muskeln der Kauwerkzeuge
nur schwer wahrnehmbar ist, folgt in geringem Abstande ein kleineres zweites Bauchganglion
(ga.2) in der Höhe der zweiten Maxillen nnd des Kieferfusses. Ein drittes sehr langgezogenes
Bauchganglion (ga.3) liegt im gestreckten Halstheil des Cephalothorax und ist durch lange, breite,
in der Mediane bis zur Berührung genäherte Commissnren mit dem zweiten und vierten Bauchganglion
verbunden.
Die gesammten sieben thorakalen Ganglienpaare (vom vierten bis zum zehnten) sind zu
einem einheitlichen Bauchmark verschmolzen, an dem eine deutliche Trennung von Knoten und
Kommissuren nicht nachgewiesen werden kann. Wohl aber lässt sich die Zahl der verschmolzenen
sieben Ganglien (ga.4 . . . ga.10) nicht nur durch die symmetrische-Vertheilung von Ganglienzellen
und Easersubstanz, sondern vor Allem auch durch den regelmässigen Abgang der sieben Fuss-
nervenpaare leicht bestimmen (Taf. XIV, Fig. 2). Sowohl bei dem jüngeren, wie auch bei dem
erwachsenen Männchen fand ich die verschmolzenen Ganglienpaare in der Mediane durch einen
langgezogenen Spalt getrennt. Die kräftige Entwicklung der sieben Brustfusspaare mag es bedingen,
dass die zugehörigen Ganglien ziemlich breit sind und zusammengenommen ein langgezogenes
Oval darstellen. Die sechs abdominalen Ganglienpaare (ga. ahd.) sind, wie das für alle
Schizopoden die Regel ist, durch lange und relativ feine Doppelcommissuren getrennt.
Wenn wir die hier geschilderte Anordnung des Nervensystems mit der für andere Mysideen
nachgewiesenen vergleichen, so ergeben sich auffällige Differenzen, die freilich mehr darauf
zurückzuführen sind, dass wir nur sehr mangelhafte Kenntnisse vom Bau der inneren Organe
der Mysideen besitzen. Nach G. 0. S a r s (1867, p. 30, Taf. III, Fig. 4) besteht das Bauchmark
von Mysis relicta ans 10 verschmolzenen thorakalen und aus 6 getrennten abdominalen Ganglienknoten.
Der Bauchstrang von Boreomysis zeigt nach demselben Forscher (1885, p. 181, Taf. 32,
Fig. 12) elf getrennte cephalothorakale Knoten, welche durch stark verkürzte Commissuren in
Verbindung gesetzt sind, während die abdominalen Ganglien das gewohnte Verhalten wahren.
Jedenfalls geht aus der Schilderung von S a r s hervor, dass bei beiden Gattungen der cephalothorakale
Abschnitt des Bauchmarkes eine Tendenz zur Verschmelzung der Ganglienknoten unter
Verkürzung resp. Rückbildung der Commissnren aufweist. Wenn diese in den genannten Gattungen
ziemlich gleichmässig alle Brustganglienpaare umfasst, so dürfte der abweichende Befund
bei Arachnomysis wesentlich auf Rechnung der eigenartigen äusseren Gliederung des vorderen
Cephalothorakalabschnittes zu setzen sein. Das dritte Bauchganglienpaar liegt in Folge der hals-
artigen Streckung der betreffenden Region weit entfernt von den vorausgehenden und nachfolgenden
Ganglienpaaren, während die kräftige Entwicklung und das enge Zusammendrängen
der sieben Brustfusspaare eine entsprechende Verschmelzung der vierten bis zehnten Ganglienknoten
zur Folge hatte. Immerhin unterscheiden sich die Commissnren zwischen den vier vorderen
Ganglienknoten von jenen der Abdominalganglien dadurch, dass sie seitlich mit ( xanglien-
zellen belegt erscheinen (Taf. XIV, Fig. 1). Da ich nicht nur bei dem aherrantesten Vertreter
der Euphausiden, nämlich hei Stylocheiron, sondern auch bei jenem der Mysideen die thorakalen
Ganglienknoten constant in der Zehnzahl antraf, so möchte ich vermuthen, dass es sich hier um eine
für die gesammten Schizopoden typische Grundzahl handelt. Einschliesslich des Hirnes würde
sich demgemäss die Gesammtzahl der Ganglienpaare auf 17 bemessen. Da auf der Bauchseite
der Schizopoden 18 Paare von Segmentanhängen auftreten (von den Mandibeln an bis zu den
Uropoden), während nur 16 Paare ventraler Ganglienknoten ausgebildet sind, so müssen im Bereiche
der letzteren Verschmelzungen eingetreten sein. Ich glaube nicht fehl zu greifen, wenn
ich annehme, dass das untere Schlundganglion und das letzte Abdominalganglion, (welches ja das
Telsön und die Uropoden mit Fasern versorgt), ans der sekundären Vereinigung von je zwei
aufeinander folgenden Ganglienpaaren hervorgegangen sind.
Der Darmtraktus.
Arachnomysis zeigt in der Anordnung des Danntraktus und seiner einmündenden Drüsen
manche Eigenthümlichkeiten. Inwieweit diese für unsere Gattung ausschliesslich charakteristisch
sind, lässt sich bei der lückenhaften Kenntniss vom traotus intestinalis der Mysideen schwer be-
urtheilen. Beschränkt sich diese doch fast ausschliesslich auf die von G. 0. S a r s gegebene
Darstellung des Darmes von Mysis relicta (1868, p. 26—30) nnd auf eine Abbildung der Leberschläuche
von Siriella Glausii durch C la u s (1884, Taf. I, Fig. 1).
Der dickwandige Oesophagus (Taf. XIII Fig.l ist von kräftigen Ringmuskeln umgürtet
und mündet in einen relativ kleinen Kaumagen (p. v.) ein. Er scheidet sich in einen
vorderen (cardialen) und in einen hinteren (pylorialen) Abschnitt, welch’ letzterer die ungewöhnlich
umfänglichen Leber Schläuche aufnimint. Die Ventralfläche des Kaumagens ist unregelmässig gebuchtet
und mit dem Triturationsapparat (dessen genauere Darstellung ich mir versagen muss,
weil ich eine Zergliederung des Objektes nicht vornehmen wollte) belegt. Eine sichelförmige
Falte (fa.), welche von der Ventralfläche gegen den Innenraum vorspringt, markirt die Grenze
zwischen Kaumagen und Chylusdarm. Jener unpaare Blindsack, welcher auf der Grenze der
zuletzt erwähnten Abschnitte bei Mysis relicta dorsal zur Entwicklung kommt, fehlt durchaus
der Arachnomysis.
An den Kaumagen treten eine Anzahl von Muskelbündeln heran. Vor Allem fallen
paarige Muskelbündel in das Auge, welche in fächerförmiger Anordnung von dem sattelförmig
eingebuchteten Nackentheil des Cephalothorax bis zur Grenze vom cardialen und pylorialen
Magenabschnitt verstreichen (Fig. 2 mu. d.). Zwei schwächere Bündel strahlen von den Seiten-
theilen des Panzers gegen die Seitenwandungen des Kaumagens aus (mu. lat.). Einer .dieser
Bündel heftet sich an eine Chitinleiste an, von der noch zwei weitere Bündel gegen die Basis
der äusseren Antennen sich erstrecken.
Eine ganz ungewöhnliche Entwicklung weisen d ie L eb e r S ch läu ch e auf. Sie setzen
sioh aus vier Paaren: einem dorsalen, einem vorderen und .zwei hinteren zusammen, die freilich
an Umfang und Gestalt sehr ungleich sind. Das dorsale Paar (Taf. XIII Fig! 2, Taf. XIV Fig. 1
hep. d.) wölbt sich wie ein Bruchsack empor und füllt den Raum zwischen dem Uardialtheile
des Kaumagens und dem Anfang des Chylnsdarmes aus. Am unansehnlichsten ist das vordere
bis zum Oesophagus ragende Paar (hep. a.) in Gestalt eines kurzen Divertikels ausgebildet,
während die beiden hinteren Paare eine bisher bei Mysideen noch nicht beobachtete ungewöhnliche
Länge nnd Ausbildung aufweisen. Sie ragen weit in den hinteren Thorakalabschnitt bis
zum letzten Brustfusspaar hinein und bilden hier einen oberen (hep. p. s.) und unteren (hep. p. i.)
Lebersack, die in der Höhe der vordersten Brustfüsse zusammenfliessen und durch einen gemeinsamen
langen Ausfuhrgang (d. hep.) in den Pylorialtheil des Kaumagens einmiinden. Vor der
Mündung erweitert sich der Gang sackförmig und fliesst völlig mit dem vorderen Leberlappen
Bibliotheca zoologica. Heft 19. 23