fassung schloss sich dann auch sofort T homas (V) unter Aufgabe seiner frühem Ansicht an.
Bestätigung und Erweiterung erhielten K ükenthäl’s Untersuchungen sowohl durch 'Woodward (I)
als auch vornehmlich durch B öse (VI)!), welcher Stadien von Didelphys an Schnittserien und
Benteljunge einiger anderer Formen „mit Hilfe des Präparirmikroskops makroskopisch“ untersuchte.
Die durch das Verkennen des P d 3 entstandenen irrigen Schlussfolgerungen hat B öse
später (VH) auf meine Veranlassung zurückgenommen, wesshalb ich von diesem Punkte absehen
kann. B öse (VHI) hat ferner die Zahnentwicklung von Phascolornys untersucht, und W ood ward (II)
neuerdings wichtige Mittheilungen über die Entwicklung des Gebisses bei mehreren Bepräsen-
tanten von Macropus, Petrogale, Bettongia und Aepyprymnus gemacht.
Meine eigenen Arbeiten auf diesem Gebiete haben, wie die in den Jahren 1892 und 1893
veröffentlichten vorläufigen Berichte (HI, IV) darthun, zunächst K ükenthal’s Auffassung in
wesentlichen Theilen bestätigt und seine Angaben erweitert, indem ich nicht nur bei Didelphys,
sondern auch bei Phalangista, Phascölarctus, Perameles und Myrmecöbius übereinstimmende Verhältnisse
nachweisen konnte. Auf Grund des nun vorliegenden reichern Thatsachenbestandes
suchte ich eine Erklärung der Entwicklungsvorgänge beim Beutelthiergebiss zu geben und konnte
ausserdem, namentlich bei Myrmecobius, deutliche Beste eines von niederen Wirbelthieren ererbten
Gebisses, welches den dem „Milchgebiss“ der placentalen Säugethiere entsprechenden Zähnen vorangegangen
ist, nachweisen.
Diese kurze Uebersicht kann und soll selbstverständlich nur zu einer vorläufigen Orien-
tirung über die bisherigen Leistungen auf dem fraglichen Gebiete dienen. Eingehender werde ich
die Mehrzahl der obigen Arbeiten am betreffenden Orte in der nachfolgenden Darstellung zu berücksichtigen
haben.
Eigene Untersuchungen.
Didelphys marsupialis.*)
Ich fange meine Darstellung mit dieser Form an, da ich von derselben die zahlreichsten
Entwicklungsstadien, nämlich sieben, habe untersuchen können. Diese ebenso wie die folgenden
sind an Frontalschnitten untersucht.
Stadium A: Didelphys aurita8). Marsupium-Junges, neugeboren. Länge vom Scheitel
zur hintern Körperrundung 9 Mm. Lippen sind noch nicht zum Saugmund verwachsen4). Ohne
Ohrmuschel. Hinterzehen nicht differenzirt.
Stadium B: D. aurita. Marsupium-Junges. Länge vom Scheitel zur hintern Körperrundung
17 Mm. Saugmund. Völlig nackt. Hinterzehen kaum differenzirt.
Stadium C: D. Azarae. Marsupium-Junges. Länge vom Scheitel bis zur hintern Körperrundung
25 Mm. Saugmund. Kurze Haare an der Schnauze. Hinterzehen differenzirt mit Krallen.
J) Schon in einer frühem Arbeit (I) erwähnt R. theilweise das Resultat dieser Untersuchung.
2) Ich gebrauche diese Artbezeichnung in dem von Thomas (VI) angewandten Umfange.
3) Da die Kenntniss der verschiedenen Rassen (Did. aurita, cancrivora etc.) für die Beurtheilung des Entwicklungsstadiums
wichtig sein kann, gebe ich, wo die Rasse mir bekannt ist, ihren Namen bei jedem Exemplare.
*) Bezüglich der Entstehung des Saugmundes bei den Beutelthieren, siehe meine Arbeit V.
Stadium D : D. cancrivora. Marsupium-Junges. . Grösste Körperlänge 31 Mm. Definitive
Mundspalte. Offene Augen.
Stadium E : D. cancrivora. Marsupium-Junges. Grösste Körperlänge 46 Mm. Die definitive
Mundspalte noch nicht geöffnet (was doch bei dem jüngern Exemplare D der Fall ist!).
Langer Schnurrbart und kurze Körperhaare.
Stadium F : Junges Thier, das wahrscheinlich zeitweilig noch im Marsupium gelebt hat.
Länge vom Schwänze zur Kloake 85 Mm. Definitive Mundöffnung. Kurz behaart.
Stadium G : D. cancrivora. Junges, völliges behaartes Thier. Länge von der Schnauze
zur Kloake 110 Mm.
U n t e r k i e f e r .
Im Stadium A ist keine andere Anlage des Zahnsystems vorhanden als eine auf dem
Frontalschnitte linsenförmige Verdickung des Mundhöhlenepithels, welche auf einer kurzen Strecke
des Kiefers vorkommt. Wir haben hier offenbar die von B öse (HI) zuerst nachgewiesene s. g.
primäre Zahn- (Schmelz-)leiste vor uns.
Stadium B. Die Schmelzkeime der Schneidezähne stehen auf dem knospenförmigen Stadium
und liegen unmittelbar unter dem Mundhöhlenepithel, so dass man keine besondere Schmelzleiste
unterscheiden kann; mit ändern Worten: die Schmelzleiste hat sich völlig zum Schmelzkeim
differenzirt. Die Anlagen der Backenzähne sind weiter entwickelt, nämlich kappen- oder gar
glockenförmig mit beginnender Schmelzpulpa und deutlichem Zahnsäckchen; auch bei den Backenzähnen
ist das Stück der Schmelzleiste, welches den Schmelzkeim mit dem Mundhöhlenepithel verbindet,
sehr kurz (niedrig). Ein freies Ende der Schmelzleiste an der Medialfläche des Schmelzkeimes ist
nicht vorhanden; vergleiche die Bemerkungen über die Zahnanlagen im Oberkiefer desselben Stadiums.
Stadium G. Bezüglich des Ausbildungsgrades auf diesem Stadium ist zu bemerken, dass
bei J d 1—3, Cd, P d 2 ') und 3 sowie M 1 bereits Hartgebilde aufgetreten sind; während bei
J d 4 und Pd4rsolche noch fehlen; von M2 ist nur ein grösser knospenförmiger Schmelzkeim
vorhanden. Ich bemerke ausdrücklich, dass P d 3 nicht weiter entwickelt ist als P d 2. Die
Schmelzleiste erhält sich durch die ganze Kieferlänge, hat aber nur stellenweise ihren Zusammenhang
mit dem Mundhöhlenepithel bewahrt. Von der Schmelzleiste über dem vordersten Ende
des J d 1 gehen labialwärts zwei deu t l i c h e o b e r f l ä c h l i c h e Le i s t e n ab (Fig. 105);
weiter nach hinten steht sie an ihrer lateralen Seite mit J d 1 in Verbindung, doch so, dass ihr
Ende sich neben (lingualwärts von) besagter Zahnanlage markirt (Fig. 106). Aehnlich verhält
sich die Schmelzleiste zu J d 2—4: bei diesen entwickelt sie v o r und lingualwärts von dem
betreffenden Milchzahn einen knospenförmigen Schmelzkeim. Bei C d wiederholt sich dasselbe,
nur dass der Zahn sich schon vollständiger von der Leiste abgeschnürt hat (Fig. 103, 104).
Wesentlich ebenso wie bei Cd sind die Verhältnisse bei P d 1 und 2 (Fig. 116). Zwischen P d 2
und 3 ist der Schmelzkeim stärker entfaltet als einer der vorhergehenden, nämlich sowohl dicker
als auch mit tieferer Leiste versehen (Fig. 110—112); die Beziehungen zum Mundhöhlenepithel
i) lieber die Berechtigung diese Zähne als „Milchzähne“ anfzufassen vergleiche, theils meine Darstellung in III
pag. 522—525 theils unten. Die hier angewandte Bezeichnung der Ordnungsfolge der Zähne ist dagegen vollkommen
konventionell und macht keinen Anspruch darauf specielle Homologien mit dem Gebisse der Placentalier auszudrücken.