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erhellen ebenfalls aus diesen Abbildungen. Aus den mitgetheilten Befunden geht zunächst hervor,
dass ein freies, mehr oder weniger deutlich angeschwollenes Schmelzleistenende nicht nur dem
P d 3, sondern sämmtlichen vorhergehenden funktionirenden Zähnen entsprechend vorhanden ist.
Da die fraglichen Anlagen auf diesem Stadium sich nur durch etwas geringere Grösse von dem
Schmelzkeim des P 3 unterscheiden, müssen sie offenbar als zu derselben Dentition wie dieser
gezählt werden. Da nun P 3 von allen Autoren und mit Recht als „Ersatzzahn“ aufgefasst worden
ist, müssen auch die ihm gleichwerthigen Anlagen ebenso, d. li. als der zweiten Dentition der
Placentalier entsprechend betrachtet werden, woraus wiederum mit Nothwendigkeit folgt, dass
die übrigen persistirenden Zähne der Beutelthiere wie P d 3, welcher stets als „Milchzahn“ gedeutet
worden ist, der ersten Dentition der Placentalier homolog sind. Hierin kann ich also K ükenthal
beistimmen. Ferner erhellt aber aus den vorliegenden Befunden wie auch aus der Untersuchung
der folgenden Stadien, dass besagte Schmelzkeime medialwärts und v o r den entsprechenden Milchzähnen
(Fig. 103, 104) entstehen, und in diesem Punkte weiche ich von K ükenthal ab, welcher
(I pag. 664) die fragliche Anlage „aus dem Halse des Schmelzorgans“ entspringend lässt; auch ist
ein dem P d 2 entsprechender Ersatzschmelzkeim (Fig. 116), welchen K ükenthal nicht gefunden, vorhanden
(Fig. 116). In der Region des M 1 ist die Schmelzleiste tiefer und dicker als in ihrem
vorhergehenden Verlaufe ; vor M 1 zeigt sie verschiedene Wucherungen, bis sich schliesslich eine
oberflächliche Anschwellung ausbildet, welche in Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel tritt
(Fig. 107—109). Besagte oberflächliche Anschwellung ist aber nichts anderes als eine grössere
vom Mundhöhlenepithel abgeschnürte Partie; wäre dieselbe auch von der Schmelzleiste abgelöst,
dann wäre wohl ein „Epithelnest“ entstanden, wie ich es ebensowohl bei Didelphys wie bei ändern
Thieren beobachtet habe. Die Anschwellung am tiefen Ende der Schmelzleiste vor und neben
dem vordem Theile von M 1 (Fig. 109) ist offenbar der Schmelzkeim eines Ersatzzahns, dem
M 1 entsprechend. M 2 ist nur eine grosse Knospe am tiefen Ende, der Schmelzleiste.
Stadium D unterscheidet sich hauptsächlich dadurch vom vorigen Stadium, dass in P d 1
Hartgebilde aufgetreten sind. Auch hier fand ich den von K ü k e n th a l vermissten Schmelzkeim des
P 2 (Fig. 118); derselbe ist etwas weiter entwickelt als im vorigen Stadiumi was jedenfalls —
selbst bei Berücksichtigung der verschiedenen Grösse der Rassen — beweist, dass auf diesem
Entwicklungsstadium noch keine Art von Rückbildung eingetreten ist (vergleiche Fig. 116
und 118). Von den vorliegenden Schnitten erhält man Bilder, welche mit aller wünschenswerthen
Deutlichkeit zeigen, dass die Schmelzkeime der Ersatzzähne, der Ansicht Baüme’s entgegen,
nicht aus „Resten“ der Schmelzleiste entstehen, da die letztere auf der Strecke, wo sie — den
späteren Stadien zufolge — den Schmelzkeim des P 3 trägt, stärker ist als sonst z. B. als neben
dem hintern Theile von P d 2 (vergl. Fig. 115 und 117).
Bei Stadium E sind an sämmtlichen Milchzähnen vor M 3 Hartgebilde entwickelt. Die
Schmelzleiste steht nicht mehr im Zusammenhänge mit Jd , Cd oder P d und hat sich auf der
Strecke von J d 1 bis P d 2 stark zurückgebildet, wobei auch die entsprechenden Schmelzkeime
reduzirt worden sind (vergl. das nächste Stadium). Neben dem hintern Theile von P d 2 wird
die Schmelzleiste stärker und tiefer da, wo sie den knospenförmigen Schmelzkeim des P 3 trägt.
Am hintern Ende des P d 3 schwillt der oberflächliche Theil der Schmelzleiste an; letztere kommt
dorsal vom M 1 zu liegen und tritt schliesslich in Verbindung mit M 1 (Fig. 113), in dessen
vorderem Theile sie noch zu einem knospenförmigen Schmelzkeime anschwillt. Hat die besagte
Verbindung aufgehört, so schwillt das oberflächliche Ende der Schmelzleiste noch stärker , an.;
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aber auch- das tiefe Ende zeigt neben dem vordem Theile des M 2, der noch zum grössero
Theile oberflächlich (dorsal) vom M 1 liegt, eine schwache knospenförmige Anschwellung, welche
vielleicht als Ersatzschmelzkeim des M 2 gedeutet werden muss (Fig. 114).
Stadium F. Von der Schmelzleiste selbst sind neben J d , Cd, P d 1 und 2 nur noch
schwache, unzusammenhängende Stränge vorhanden, wo g e g e n s i c h di e Schme l zk e ime
neb e n J d 1, Pd 1 un d 2 e r h a l t e n h a b e n (Fig. 119). E s i s t d i e s e P e rma n e n z
de r .S c hme l z k e ime um so b eme r k e n swe r t h e r , , a l s d ie b e t r e f f e n d e n p e r s i s
t i r e n d e n Zä h n e dem D u r c h b r u c h n a h e s i n d , un d d e s s h a l b f ü r di e B e h e r b
e r g u n g d e r Schme l z keim e n u r ei n s c hma l e s B i n d e g ewe b e l a g e r zwi s c h e n
den e r s t g e n a n n t e n un d dem Mu n d h ö h l e n e p i t h e l v o r h a n d e n i st . Neben dem
hintern Theile des P d 3 ist die Schmelzleiste unterbrochen, und der dem M 1 entsprechende
Schmelzkeim verschwunden. Ueber M 1 tr itt die Schmelzfeiste wieder auf und wird allmählig
länger, sie trägt über dem vordem Theile des M 2 ein knospenförmiges Schmelzorgan sowie den
Rest eines Verbindungsstranges mit dem genannten Zahne (Fig. 120). M 3 entwickelt sich über
und medialwärts von M 2, hat noch kein Hartgebilde und steht noch in breiter Verbindung mit
der Schmelzleiste.
Im Stadium G ist die Schmelzlkste stark rudimentär, stellenweise ebenso wie die Ersatz-
sehmelzkeime völlig verschwunden. Doch hat sich neben dem vordem Theile des J d 1, an dem
die Schmelzpulpa verschwunden und das innere Schmelzepithel schon stark reduzirt ist, der
Schmelzkeim und ein Theil der Schmelzleiste erhalten (Fig. 121). Auch der Schmelzkeim des
P 2 ist neben dem hintern Ende des P d 1 noch vollständig erhalten (Fig. 122).
Ob e r k i e f e r .
Stadium Ä. Es sind hier noch keinerlei Zahnanlagen vorhanden. Vielleicht ist dieser
Befund mit dem übereinstimmenden bei Iguana (VI) zusammenzustellen, wo die Zahnbildung im
ptnterkiefer ebenfalls früher als im Oberkiefer auftritt.
Stadium B. Auch im Oberkiefer liegen die meisten Schmelzkeime unmittelbar dem Mund-
höhlenepithel an (Fig. 102). Die Schmelzkeime des P d 1 und P d 2 stehen auf dem Anfänge des kappenförmigen
Stadiums, während P.d 3 auf der Grenze von kappen- und glockenförmigen Stadium
steht. K ükenthal sagt vom jüngern, 1 Cm. langen Marsupium-Jungen (I pag. 662, Fig. 1), dass
„die bindegewebige Einkerbung nach hinten zu eine vollständige Trennung des innern Epithelkolbens
von dem äussern, dem ursprünglichen Schmelzorgan, bewirkt. Es lässt sich diese Abschnürung
nur als die erste Anlage des Schmelzorgans des Ersatzzahns auffassen.“ Allerdings
habe auch ich bei demselben Zahn (P d 3) einen getrennten Epithelkolben vorgefunden (Fig. 123)
und ein Bild erhalten, .welches K ükenthal’s Fig. 1 sehr ähnlich ist. Doch l i e g t bei meinem
P r ä p a r a t d i e s e r a b g e t r e n n t e „Kolben“ n i c h t na c h i n n en , s o n d e r n n a c h
au s s e n , a l s o l a b i a lw ä r t s vom Se.hmelzkeim, ist also ebensowenig Schmelzleistenende
als Schmelzkeim des Ersatzzahns l). Da K ükenthal’s Fig. 1 und meine 123 von einer frappanten
Uebereinstimmung sind, und da ausserdem aus der von mir gegebenen Figur die Richtigkeit der
9 Der „Kolben“ ist in der Abbildung (Fig. 123) weniger markirt als anf dem Präparate.