Cephalothorax zugekehrte Auftreibung. Ein nach den Seitenflächen verstreichender Ringwall
(Holzschnitt 3 w), der auch bei Euphausia schwach angedeutet ist (Taf. XVII Fig. 2 w), grenzt
schon äusserlich die facettirte Partie von der ganglionären ab.
Es wird späterhin unsere Aufgabe sein, einen Erklärungsversuch für die eigenartige un-
regelmässige Gestaltung des Auges bei den genannten Gattungen zu geben. An dieser Stelle sei
daher nur darauf hingewiesen, dass keinesfalls die Gliederung des Auges in zwei Abschnitte mit
F
,c t u e N
Fig. 3. Auge von Hematoscelis rostrala 6. O. Sarg. (Copie von Taf. XVII Fig. 3.) F. Frontauge. S. Seitenauge; c. Cornea, con. Krystallkegel. ek. Matrix des Chitines. f. rud. Rudimentäre Seitenfacetten des Frontauges. ga. Ganglienzellen, lam. Lamellensystem am Augenwulst, m. f. Membrana fenestrata. im. Augenmuskeln, n. c. Sempersche Kerne (Kerne
der Krystallzellen und Ffillzellen). «. r. Kerne der Retinazellen, opt. Opticusfasern, pg. Pigment zwischen Front- und Seitenauge ph. Leuchtorgan.
rh. Rhabdome. v. Capillargefässe. Querschnitte der Capillargefässe. w. Augenwulst.
dem Auftreten von Leuchtorganen in Correlation steht. Denn die Mysideen, welche ja im Gegensatz
zu den Euphausiden der Leuchtorgane entbehren, lassen bei einigen Gattungen eine analoge
Umbildung der Kugelform des Facettenauges erkennen. G. 0. S a r s bildet sie kenntlich von der
Gattung Euchaetomera ab (1885 Taf. 37, Fig. 1 und 21), und ich finde sie auch bei Brutomysis
(Taf. 20 Fig. 1) ähnlich gestaltet. Auch die Gattung Gaesa/romysis besitzt nach der Darstellung
von O rtm a n n (1893 Taf. I Fig. 8a) ein zweigeteiltes Auge.
Die Augen der hier genannten, in grösseren Tiefen schwebenden Schizopoden weisen
durchweg ansehnliche Dimensionen auf. Im Allgemeinen läuft die Grösse der Augen jener des
Körpers parallel, und so kommt es, dass auch bei Individuen derselben Art je nach dem Alter
erhebliche Schwankungen im Augenmaass sich geltend machen. Die grössten Augen besitzen
einige Nematoscelis- und Stylochdron-Arten. G. 0. S a r s sagt von Nematoscelis megalops S a rs mit vollem
Rechte (1885 p. 128): „The eyes are prodigiously developed, and of larger size, perhaps, than
in any other known form of Podophthahnia.“ Nicht minder ansehnlich sind sie bei N. munüs Chun
entwickelt, deren Augen bei einer Körperlänge von 12 mm die relativ enorme Grösse von 0,9 mm
erreichen. Unter den Stylochdron-Arten besitzt St. chelifer Chun (Taf. XI Fig. 1) die grössten
Augen, insofern sie eine Länge von 1,2 mm aufweisen. Da nun die betreffenden Exemplare (vom
Rostrum bis zur Schwanzspitze) 12—14 mm messen, so haben wir es mit Augen zu thun, welche
nicht weniger denn ein Zehntel der Körperlänge erreichen. Das sind thatsächlieh Grössenverhältnisse,
wie sie unter den übrigen Ordnungen der stieläugigen Krebse auch nicht annähernd
zur Beobachtung gelangt sind! Auf die am monströsesten entwickelten Augen stossen wir bei
Stylochdron mastigophorum C hun, dessen Augen zwar je nach dem Alter des Thieres recht verschiedene
Dimensionen aufweisen, aber bei völlig erwachsenen Exemplaren eine Länge von nahezu
einem Millimeter (0,9—0,96 mm) bei etwa der halben Breite (0,5—0,55 mm) erreichen. Da nun
die erwachsenen Exemplare 6—8 mm messen, so liegen hier Augen vor, welche ein Sechstel bis
ein Achtel der Körperlänge betragen: Augen, welche sicherlich allein schon an relativer Grösse
ihres Gleichen suchen dürften!
Untersucht man die Augen auf Längs- und Horizontalschnitten, so constatirt man, dass
das Vorwölben des oberen Abschnittes durch eine Verlängerung und Verbreiterung der betreffenden
Facetten bedingt wird.
Da nun auch gleichzeitig der aus vergrösserten Facetten bestehende Abschnitt durch
einen Pigmentmantel von den seitlichen Facetten sich abgrenzt und ein einheitliches Ganzes bildet,
so gebe ich der Zweitheilung des Auges der Tiefsee-Schizopoden dadurch Ausdruck, dass ich ein
„ F ro n ta u g e “ (mit vergrösserten Facetten) von dem „ S e ite n a u g e “ unterscheide.
Bei Ihysano'essa gregciria Sa rs und Nematoscelis rostrata S a rs ist der Unterschied in der Länge
weniger auffallend, insofern die mittleren Facetten des Frontauges (Taf. XVII Fig. 5; Holzschnitt 3 F.)
etwa anderthalbmal grösser sind, als diejenigen des Seitenauges. Auch die Grenze zwischen
Front- und Seitenauge hebt sich hier weniger scharf ab; aber immerhin zeigen bereits hier die
Grenzfacetten des Frontauges die Eigenthümlichkeit, dass sie rückgebildet werden und der Krystallkegel
entbehren (f. rud.). Gleichzeitig fällt es auf, dass die Facetten des Seitenauges von
dem Frontauge an bis gegen das Leuchtorgan eontinuirlich an Länge zunehmen.
Sehr auffällig ist der Unterschied zwischen Front- und Seitenauge bei Nematoscelis mantis
der grössten bisher bekannt gewordenen Nematoscelide, welche ich in den Tiefen des östlichen
Atlantischen Ozeans auffand. An dem schönen Auge derselben (Taf. XVIII) messen die Facetten-
glieder des Frontauges (von dem Cornearande bis zur gefensterten Membran gerechnet) 0,6 mm,
während diejenigen des Seitenauges 0,18—0,3 mm lang werden. Hier übertreffen die ersteren
um das Doppelte und Dreifache an Länge die letzteren.
Die extremste Ausbildung des Frontauges tr itt bei der Gattung Stylochdron hervor. Auch
hier markiren sich die verschiedenen Etappen in der Umbildung durch die Arten St. ahbreviatum
S a r s , St. chelifer Ch u n und St. mastigophorum Chun. Ich glaube wohl nicht zu weit zu gehen,
wenn ich das auf Taf. XIX dargestellte (im beifolgenden Holzschnitt 4 copirte) Auge von Stylochdron
mastigophorum als das in morphologischer wie physiologischer Hinsicht bemerkenswertheste
Stielauge aller Arthropoden in Anspruch nehme. Die Facettenglieder des Frontauges erreichen
hier die ungewöhnliche Länge von 0,6—0,75 mm (den Maassen sind Schnitte durch ein grosses