meduse sich ansehnlich vergrössert hat und zu weit ausgiebigeren Leistungen befähigt wird, als
diejenige der Tochtermedusen, welche sich eben erst von der Mutter loslösten. Dazu kommt noch,
dass bei den Sarsiaden die Reserveknospen gleichzeitig heranwuchsen und durch distale Grössenabnahme
wieder das alte Verhältniss herstellten. Wenn dies bei den Margeliden nicht der Fall
ist, so mag wesentlich die Kürze des Hebelarmes in Rechnung zu ziehen sein.
Wenn ich nun auch nicht behaupten will, dass statische Momente allein den Grund für
die gesetzmässige Anordnung der Knospen abgeben, insofern auch günstige Ernährungsverhältnisse
von Belang sein dürften, so glaube ich doch, dass wir einem Verständniss. auf dem hier bezeich-
neten Wege näher kommen, als durch hypothetische Construktionen, welche schliesslich nur auf
eine Umschreibung des Sachverhaltes hinauslaufen.
Ein zweites Moment, welches in den Darlegungen W e ism an n s eine besondere Rolle
spielt, nämlich die Beziehungen zwischen dem Entstehungsherde der Knospen und der Lagerung
der Geschlechtsprodukte, scheint mir gleichfalls für eine Erklärung der Knospungsvorgänge ohne
Belang zu sein. Wenn thatsäclilich in manchen Fällen der Nachweis gelingen sollte, dass nur
ein einziges Keimblatt -|É etwa das Ektoderm — den Ausgangspunkt für die ltnospenbildung
abgibt, so halte ich doch den Umstand, dass auch die Urkeimzellen in demselben Blatte lagern,
für ein topographisches Zusammentreffen, dem eine tiefere Bedeutung nicht zukommt. Die Annahme
W e ism a n n s, dass bei den Hydroiden die Bildung der Keimzellen stets von Ektodermzellen
ausgeht, ist eine reine Hypothese, welche auf Grund der merkwürdigen Keimzellenwanderungen
construirt wurde. Thatsächlich entstehen bei den gesammten Siphonophoren die Keimzellen
im Entoderm, während sie bei den Hydroiden hier einen ektodermalen, dort einen entodermalen
(bei den verschiedenen Geschlechtern derselben Art gelegentlich sogar einen verschiedenen) Ursprung
erkennen lassen. Nun werde ich allerdings versuchen, den Nachweis zu führen, dass bei
Bathlcea die Knospen einen ektodermalen Ursprung besitzen und aus demselben Keimblatte entstehen,
welches die Genitalprodukte liefert. Aber auch in diesem Falle besteht eine engere topographische
Beziehung nicht, insofern die Knospen ausnahmslos interradial, die Keimdrüsen hingegen
radial liegen. Sekundär können die letzteren allerdings sich nach den Interradien hin
ausbreiten, allein für die hier vorliegenden topographischen Beziehungen sind die ersten Anlagen
ausschlaggebend.
Auf die hypothetische Annahme eines ektodermalen Ursprungs der Keimzellen bei Hydro-
medusen werden nun zwei weitere Hypothesen aufgebaut, nämlich die Annahme, dass die Knospen
aus dem Ektoderm entstehen und die weiter gehende Supposition, dass nur eine einzige Zelle die
spätere Knospe liefert. W e ism an n (1892, p. 208) spricht sich in dieser Hinsicht folgender -
massen aus: „Jede Knospe wird ursprünglich nur von e in e r Zelle ausgehen, wenn sich dies
auch bisher nicht direkt nachweisen liess, und bei der ersten oder doch bei den ersten Theilungen
der die Knospung hervorrufenden Zelle wird sich die Determinanten-Gruppe des Ektoderms von
der des Entoderms trennen, und die Träger des letzteren werden durch die sich auflösende Stütze
lamelle in das alte Entoderm ein wandern.“
Sollte nun thatsächlich der Nachweis gelingen, dass eine einzige Ektodermzelle, welche
durch ihre Eigenschaften (Grösse, Struktur des Plasmas und des Kernes) sich deutlich von den
umgebenden Zellen abhebt, den Ausgangspunkt für ein neues Individuum abgibt, so müsste ich
bestreiten, dass hier eine Knospung vorliegt. Ich würde dann geneigt sein, den Vorgang als
„Sporogenesis“ zu bezeichnen, wie sie nach M e ts c h n ik o f f ’s Angaben den Aeginiden zukommt.
Der Unterschied zwischen den Entwicklungsvorgängen bei Cuninen und dem von W eismann
statuirten Modus einer „Knospung“ würde sich im Wesentlichen darauf zurückführen lassen,
dass bei den ersteren die Spore frühzeitig ans dem Verbände mit den übrigen Zellen herausrückt,
während sie in dem letzteren Falle einen Embryo ausbildet, der, zwischen den Ektodermzellen
steckend, sekundär Beziehungen zu der Leibeshöhle des Mutterthieres eingeht.
Die hier skizzirten Anschauungen W e ism a n n s schienen eine Bestätigung durch seinen
Schüler A lb e r tL a n g (1892) insofern zu erhalten, als thatsächlich die Anlage der Knospen bei
Hydra, Eudendrium und Plunndaria auf eine Ektodermwucherung zurückgeführt wurde, welche,
die Stiitzlamelle durchbrechend und das mütterliche Entoderm zurückdrängend, ein neues Knospen-
cntoderm lieferte. Nicht nur für die Anlage der Knospen, sondern auch für das Scheitelwachsthum
des Stammes und der Seitenäste wurde eine derartige Delamination durch L an g beschrieben,
welche stets den Untergang des mütterlichen Entoderms an den betreffenden Stellen zur Fo lge
hat. Allerdings war L a n g nicht im Stande, die erwähnte Ektoderm Wucherung auf das Thei-
lungsprodukt einer einzigen Zelle zurückzuführen.
Die Angaben von L a n g erfuhren eine scharfe und nach meinem Dafürhalten berechtigte
Zurückweisung durch die Beobachtungen von B ra em (1894). B raem betont zunächst,
dass L a n g ’s Abbildungen durchaus nicht beweiskräftig sind, insofern entweder von einer Ein*
Wanderung des Ektoderms nichts zu erkennen ist, oder schräg geführte Schnitte vorliegen, an
denen allerdings die scharfen Grenzen zwischen Ektoderm und Entoderm geschwunden sind.
Er weist ferner durch Untersuchung von Hydra, Eudendrium, Eliimiüaria und Sertidarella nach,
dass nirgends eine Abspaltung des Ektoderms behufs Bildung des Knospenentoderms zu finden ist,
und dass stets die scharfe Grenze zwischen beiden Schichten deutlich hervor tritt. Weiterhin
zeigt er, dass auch in dem Entoderm Zellen von embryonalem Charakter — und zwar gerade
an jenen Stellen, wo Knospen entstehen — wahrnehmbar sind, welche gleichzeitig mit funk-
tionirenden Entodermzellen des Mutterthieres in das Knospenentoderm übergehen.
Da ich selbst Gelegenheit hatte, die Präparate dieses gewissenhaften Beobachters zu
durchmustern und mich von der Treue seiner Darstellung zu überzeugen, so nahm ich keinen
Anstand, in meiner Bearbeitung der Cölenteraten (1894) den Ausführungen von B ra em zuzustimmen.
Ich hebe hervor, dass wir späterhin an wohl conservirten Exemplaren von Pemiaria
Cavolinii die erste Anlage der Gonophoren eingehender studirten unck auch an diesen die zweischichtige
Bildung der Knospe, die scharfe Trennung der Keimblätter und das Auftreten zahlreicher
Embryonalzellen im Knospenentoderm nachzuweisen vermochten *).
Wenn ich nun im Gegensatz zu den hier geschilderten Befunden durch das Studium der
Knospung von Bathlcea zu Ergebnissen geführt wurde, welche in der Hauptsache die Anschauungen
von W e ism an n bestätigen, so muss ich gestehen, dass die rein ektodermale Knospenanlage bei
der genannten Margelide mich in hohem Maasse befremdete. Wir leben der Anschauung, dass
fundamentale Differenzen bei dem Aufbau der Knospen aus den Schichten des mütterlichen Or-
') Nach Niederschrift dieses Aufsatzes erschien eine Publikation von S e e l i g e r : „Ueber das Verhalten der
Keimblätter bei der Knospung der Cölenteraten“ (1894). In derselben wird für Eudendrium racemosum und Obelia gela-
tinosa der Nachweis geführt, dass die Knospen aus beiden Keimblättern des Mutterthieres ihre Entstehung nehmen. Mit
ähnlichen Gründen wie B r a em sucht S e e l i g e r die Angaben von L a n g als unhaltbar nachzuweisen. Ich habe ebensowenig
wie bei B ra em s Befunden Veranlassung, die Richtigkeit der Darlegungen eines so erfahrenen Beobachters zu bezweifeln.