Binnenzöllen seien tun einen Orte entweder nur für oheinisoho Roizo empfänglicher als am anderen,
oder am ersteren Orte für sämtliche Reizurten empfindlicher als am letztoren. Ihre Natur als Wechsel-
sinnesorgtiuo bleibt dabei gewahrt.
Pur S im ro th 's Auffassung wie für die meinige würde es niohts auffallendes und unbegreifliches
haben, wenn die Sinneszellen der Haut auch einmal an einer anderen Stelle als am Kopfe durch
besonders zahlreiche Anhäufung und eine spezifisohe Disposition ein wirkliches Riechorgan bilden
würden, so z. B. an der Atemöffnung. Die Thatsaohe, dass an dieser Stelle das sog. L a c a z e ’scho
Organ, also eine Kongregation von Sinneszellen sich findet, genügt für Simrotli und andere, um jene
Stelle für ein Riechorgan der Landpulmonaten zu erklären. Ich finde dies ganz ungenügend begründet.
Wenn ein physiologischer Grund dem morphologischen zu Hilfe käme, könnte man unbedenklich
zustimmen, aber das ist nicht der Fall. Simrotli glaubt zwar einen solchen zu haben. Er
fuhrt die Beobachtung Cu vie r s an, welcher sah, dass Schnecken aus ihrem Gehäuse hervorkamen,
wenn eine Speise davorgelegt wurde. Da nun die Atemöffnung auch bei ins Gehäuse zurückgezogenen
Schnecken frei liegt, nimmt Sim ro th an, dass nur diese der Sitz des hiebei in Wirksamkeit tretenden
Geruchssinnes sein könne. Mehr als zur Zeit der Abfassung seiner grossen Schrift über die
Sinnesorgane unserer einheimischen Mollusken scheint S im ro th jetzt, oder wenigstens zur Zeit der
A eröffentlichung der Arbeit über das Geruchsorgan von Parmacella, der Ansicht zuzuneigen, dass das
L acaze-S p en g e rseh e „Riechorgan“ diesen Namen wirklich verdiene. Die alte C u v ie r’scho
Beobachtung scheint die Hauptstütze dieser Anschauung zu sein. Meiner Ansicht nach ist diese Stütze
schwach, denn, soviel ich weiss, ist C u v ie r’s Beobachtung nicht wiederholt und bestätigt worden,
und sie konnte daher leicht auf einem Zufalle beruhen. Ich habe sie nie bestätigen können. Über
die Parmaeella. an welche Simroth speziell seine Erörterung über den Sitz des Geruches geknüpft
hat, fehlen mir Erfahrungen, möglicherweise mag jenes Organ bei ihr wirklich dem Gerüche dienen;
sicherlich ist bei Helix. Sticchiea und den Wasserpulmonaten der chemische Sinn nicht an die Atemhöhle
gebunden.
L. P l a t e beschreibt neuerdings bei T e stac ella das Geruchsorgan sogar „in dem hintersten
inkel der Atemhöhle-! Und diese seltsame Behauptung wird ohne Versuch eines Beweises aufgestellt,
mit souveräner Verachtung aller Versuche, mit denen sich frühere Forscher abgemüht haben.
Dass die meisten übrigen Landpulmonaten jenes Geruchsorgan nicht besitzen, erklärt P la te in der
Weise, dass er sagt, diese von vegetabilischer Nahrung lebenden Tiere bedürfen nicht eines so
feinen Geruchssinnes wie die Testacellen, welche Regenwürmer in der Erde grabend verfolgen, wobei
die empfindlichen Fühler (welche P la te nebenbei auch als Riechwerkzeuge gelten lässt) nicht ausgestülpt,
also nicht funktionsfähig bleiben können. Dass die Wasserschnecken ein so wohl entwickeltes
Riechorgan *? ’■> haben, kommt nach P la te daher, dass sie gegen Verschlechterung des Wassers sehr
empfindlich sind, also diese beizeiten wabrnehmen müssen. Eine Schwierigkeit bietet die der Testacella
nahestehende Haudebardia, welcher das Organ ganz fehlt. P l a t e erklärt diesen misslichen Umstand
höchst einfach so: Die Ifaudebardia hat lange Zeit vegetabilische Nahrung genossen, dabei ist ihr
Riechorgan geschwunden. Die Angewöhnung an animalische Nahrung ist erst jungen Datums, das
Organ noch nicht wieder entwickelt! Solche Argumentationen bedürfen keiner Widerlegung!
Nachdem ich so die Gründe besprochen habe, welche ich für meine Ansicht, dass die vier
Fühler der Schnecken deren wichtigste Riechorgane seien, anführen kann, erübrigt es noch. einige
Bemerkungen über den feineren Bau des Riechorganes zu machen, soweit wir denselben kennen.
Es ist dies vor allem nötig, um einige irrtümliche Angaben richtig zu stellen, welche E. Jo u rd a n
wie so häufig in seinem Buche über „Die Sinne und Sinnesorgane der niederen Tiere“ , so auch in
dieser Frage sich hat zu Schulden kommen lassen. Zunächst ist es nicht richtig, wenn Jo u rd an
mit Bezug auf F lem m in g ’s histiologische Arbeiten sagt, die Sinneszellen des Fühlerknopfes besitzen
keine Eigentümlichkeiten, welche sie von den übrigen Sinneszellen der Haut trennen. Jo u rd a n
sagt u. A.: (152a pg. 196) Es fehlen den Fühlergeruchsorganen der Landschnecken daher bestimmte
anatomische Eigenschaften. Ohne Zweifel kann die Fühlerspitze als eine besonders reich innervierte
Stelle angesehen werden, aber es gibt hier keine anatomische Erscheinung, die man nicht auch anderwärts
bei den Schnecken wahrnehmen könnte.“
Das stimmt schlecht mit der Quelle, aus welcher Jo u rd a n geschöpft hat. F lem m in g berichtet
(99 pg. 446), dass die sonst warzige Haut am Fühlerknopfe ganz glatt wird: „und zugleich sieht
man auf den ersten Blick, dass hier ein eigentümliches Epithel beginnt. Auch makroskopisch sticht
die Knopfoberfläche vermöge ihres durchscheinend graugelben Aussehens und ihres eigenen matten
Glanzes von den übrigen Hautstellen ab. Mikroskopisch — fällt zunächst die äusserst starke
Cuticula auf; sodann die dicht gedrängte Aneinanderlagerung der Zellen“ u. s. f. Die Schleimdrüsen
der übrigen Haut fehlen am ganzen Fühler, die Farbstoffdrüsen wenigstens am Knopfe. Nur Becherzellen
finden sich von drüsigen Gebilden. Weiterbin schreibt Flemmin g (pg. 461): „Die oberen
und unteren Fühler der Landpulmonaten, auch anatomisch sehr abweichend gebaut, werden versorgt
von einem Nerven, welcher relativ mindestens viermal stärker ist, als bei den Fühlern der Wasserschnecken.
Dieser Nerv tritt in den Fühlerendknopf, mehr als achtmal mächtiger als der an ihm entspringende
Nerv, opticus, nimmt eine mächtige und eigentümliche Ganglienausbreitung und seine
Fasern endigen zwischen einem besonders geformten Epithel, in Sinneszellen, welche durch ihre
Kleinheit und ihr auf die Fühlerendplatte lokalisiertes Vorkommen wesentlich von den Haarzellen
ab weichen. “
Die Gestalt der gewöhnlichen Hautsinneszellen ist Ton derjenigen der Nervenendorgane des
Fühlerknopfes so verschieden, dass Flemmin g anfangs Bedenken trug, beide gleich zu benennen,
und letztere als „Endkölbchen“ bezeichnete. Es sind also Unterschiede genug vorhanden, welche es
verständlich machen, dass die Geruchsempfindlichkeit der Fühlerknöpfe so weit von derjenigen der
Haut abweicht.
Die Geruchsempfindlichkeit der Mundgegend und Lippen dürfte darauf beruhen, dass hier das
Geschmacksepithel gereizt wird, was auch normaler "Weise, beim Riechen ans nächster Nähe Vorkommen
wird. Dass auch diese Gegend ein Epithel besitzt, welches von dem der Haut im übrigen sich
unterscheidet, geht aus S im ro th ’s Schilderung hervor. (293 pg. 321.)
Nehmen wir noch hinzu, dass in dem stets schleirabedeckten Fussrande nach Flemming
die Sinneszellen der Landschnecken denen der Wassermollusken gleichen, so haben wir an sämtlichen
chemisch besonders empfindlichen Stellen ein vom gewöhnlichen Hautsinnesepithel abweichendes Epithel
(Fühlerknöpfe, Mundteile, Fussrand). Es stimmen also Experiment und histiologiseher Befund in diesem
Falle reoht gut, jedenfalls viel besser als bei den Wasserschnecken, wo nach F lemming die ge-
schmaoksempfindliolien Fühler dasselbe Sinnesepithel tragen wie der unempfindliche Mantel.
Mit Beziehung auf die eben citierten Stellen ans Jo u rd a n und Flemming will ich noch