ein auffälliger Unterschied: das Seitenauge ist ungemein reducirt im Vergleiche zu dem mächtigen
Frontauge. In dieser Hinsicht lassen sich überhaupt unter den pelagischen Tiefenschizopoden
bemerkenswerthe Unterschiede nachweisen, welche darauf hinauslaufen, dass das bei den Gattungen
Thysano'essa und Nematoscelis ungemein umfängliche Seitenauge (Taf. XVII Fig. 5, Taf. XVIII
Fig. 2) mehr und mehr zu Gunsten des mächtig vergrösserten Frontauges in den Hintergrund
tritt. Bei Stylocheiron und Brutomysis ist das Seitenauge nicht mehr so umfänglich wie bei den
eben erwähnten Gattungen; bei Caesaromysis ist es hochgradig rückgebildet.
Da nun die Gattung Caesaromysis Ortm., wie im vorigen Kapitel (p. 188) eingehender begründet
wurde, eine Mittelstellung zwischen Brutomysis C h u n und der monströsen Gattung Arachno-
mysis Chun einnimmt, so dürfte auch die absonderliche Augenbildung der letzteren Gattung erst
auf der Folie der ihr zunächst verwandten Formen verständlich werden. Be i Arachnomysis i s t das
S e ite n a u g e v o lls tä n d ig g e s c hw u n d e n und le d ig lic h d a s F r o n t a u g e h a t e in e
m ä c h tig e A u s b ild u n g e r fa h re n . Das Auge von Arachnomysis (Taf. XIII Fig. 2, Taf. XIV
Fig. 1, Taf. XX Fig. 2) ist auffällig lang gestielt und erreicht' (vom Augenganglion an gemessen)
bei den erwachsenen Exemplaren eine Länge von 0,6 mm. Die rudimentären Seitenfacetten des
Frontauges, wie sie bei den bisher erwähnten Euphausiden und Mysideen zur Beobachtung gelangten,
sind völlig geschwunden und ein weiter Blutsinus drängt sich zwischen Retina und die
äussere Chitinlage ein (Taf. XX Fig. 2 sin). Als ein unter den gesammten Schizopoden einzig
dastehendes Verhalten weise ich schon an dieser Stelle auf die Verkürzung der Retinazellen hin,
welche zwischen sich und den Krystallkegeln einen weiten, mit Flüssigkeit erfüllten Raum frei
lassen (ibid. c. v.). Damit ist die Gliederung des Auges in einzelne von einander wohl gesonderte
Einzelfacetten aufgegeben: gewiss ein weiteres Zeugniss für die eigenartige Stellung, welche
Arachnomysis im Systeme einnimmt.
b. Bau der Facettenglieder.
Meine Untersuchungen ergaben mir mehrfache Correcturen der bisher über Schizopoden
bekannt gewordenen Verhältnisse und zeigen, dass ihre Facettenglieder (wie wir mit E xner die
Einzelfacetten benennen wollen) in ihrem Bau viel inniger mit jenen der Dekapoden übereinstimmen,
als man bisher annahm. Nicht wenig kam es mir bei der mikroskopischen Analyse zu
statten, dass die enorm vergrösserten Facettenglieder des Frontauges bei ihrem Mangel an Retinapigment
viele Verhältnisse klarer erkennen lassen, als die Vertreter der bisher zur Untersuchung
herangezogenen Oberflächenformen. Werthvolle Aufschlüsse lieferte mir namentlich
Stylocheiron mastigophorum, von dem ich zahlreiche mit Chromosmium und Sublimat behandelte
Augen nach verschiedenen Richtungen in Schnitte zerlegte.
Die chitinige C o rn e a (c.) ist am Auge von Mysis, Arachnomysis (Taf. XX Fig. 2) und
Euphausia ganz flach gewölbt (Taf. XVII Fig. 1—3), während sie bei allen übrigen Gattungen
eine für Wasserthiere fast befremdliche convexe Krümmung erkennen lässt. Am stärksten —
nahezu halbkugelig ausgebildet — tr itt sie am Frontauge der Gattungen Nematoscelis und Stylocheiron
entgegen. Ganz konstant setzt sich die Cornea aus mindestens zwei schalenförmig ineinandergreifenden
Lamellen zusammen. Ich glaubte anfänglich, dass es sich um eine Häutung
handle, überzeugte mich indessen späterhin, dass die beiden Lamellen am Ringwall zusammen-
fliessen und eine bleibende Eigenthümlichkeit der Cornea abgeben. Gelegentlich können zwischen
den dickeren Lamellen oder äusserlich ihnen aufliegend noch gesonderte dünnere auftreten, so
dass die Cornea der Einzelfacette aus mehreren concentrisch ineinander geschichteten Schalen
sich aufbaut, welche auf Schnitten leicht sich auflockern und von einander abheben. (Nematoscelis
mantis, Taf. XVII Fig. 6, Stylocheiron mastigophorum Taf. XIX Fig. 4 und 5, c 1 ■ ■ Die einzelnen
Schalen, von denen die äusseren selbstverständlich die ältesten repräsentiren, verhalten sich gegen
Farbstoffe oft recht verschieden: die einen färben sich intensiv, die ändern bleiben ungefärbt.
Was die Breite der Corneafacetten anbelangt, so fallen die Dimensionen bei den einzelnen
Arten recht verschieden aus. Um einige Beispiele anzuführen, so bemerke ich, dass die Facetten
bei Euphausia pellticida 0,02 mm messen und ungefähr dieselbe Breite wie die Facetten des Seitenauges
von Stylocheiron mastigophorum (0,023 mm) aufweisen. Bedeutend breiter sind sie an den
Frontaugen: bei Nematoscelis mantis erreichen sie eine Breite von 0,036 mm und endlich bei
Stylocheiron mastigophorum sogar von 0,06 mm.
Die in der Aufsicht bekanntlich sechseckig gestalteten Cornealinsen werden von zwei
Hypodermiszellen (hyp.) abgeschieden, welche von den neueren Beobachtern übersehen wurden.
C la u s war der Erste, welcher bei den Phronimiden auf die Hypodermiszellen hinwies (1879 p. 73);
bei den Schizopoden vermochte er sie indessen ebensowenig aufzufinden (1886 p. 57) wie P a rk e r
(1891). Sie liegen als dachförmig gestaltete Zellen über den gleich zu erwähnenden Krystall-
zellen und sind an ihrem proximalen (dem Krystallkegel zugekehrten) Ende mit zwei grossen
sichelförmig gekrümmten Kernen (nu. c.) ausgestattet, welche sich an den einander zugekehrten
Polen nahezu berühren (Taf. XIX Fig. 3 nu. c.). Wenn die Sichelkerne, welche übrigens in
ähnlicher Gestalt bei den Dekapoden wiederkehren, bisher übersehen wurden, so mag der Grund
hierfür wesentlich in der eigenthümlichen Struktur ihres Plasmas liegen. Sie sind nämlich ungemein
blass und weisen nur an ihrem Aussenrande einen Mantel chromatischer, fein granulirter
Substanz auf (Taf. XIX Fig. 4 u. 5). Die Grenze der beiden Bildungszellen tr itt bei der Aufsicht
scharf hervor (Taf. XIX Fig. 3, linke Facette).
Da die Bildungszellen der Cornea mit ihren allerdings nicht leicht nachweisbaren Sichelkernen
bei den Schizopoden bisher unbekannt blieben, so bürgerte sich die Auffassung ein, dass
von jenen vier kreuzweise über dem Krystallkegel angeordneten Kernen (Semper’sehe Kerne) zwei
den Bildungszellen der Cornea, zwei den eigentlichen Krystallzellen angehören. Nach meinen
Befunden ergibt es sich indessen unzweifelhaft, dass die vier Kerne, welche ebenso vielen Zellen
zugehören, durchaus den vier Kernen der Krystallzellen von Dekapoden homolog sind.
Dass die Kerne kreuzweise angeordnet in verschiedenen Ebenen liegen, hat bereits
G r e n a c h e r (1879 p. 118) richtig erkannt und so mögen denn zunächst die beiden unteren
Zellen mit ihren Kernen in Betracht gezogen werden. Sie repräsentiren die eigentlichen K r y s t a l l zellen
(er.), welche allein an der Ausscheidung der Krystallkegel. sich betheiligen und deren
Zusammensetzung aus zwei Hälften bedingen. Sie berühren sich in einer Ebene, welche genau
mit der Trennungsfläche der beiden Krystallkegelhälften und mit der Berührungsfläche der beiden
Corneabildungszellen zusammenfällt. Bei sämtlichen von mir untersuchten Schizopoden finde ich
nun, dass die in Rede stehende Ebene mit der in dorsoventraler Richtung durch das Auge gelegten
Längsebene entweder zusammenfällt oder ihr parallel verläuft. Da nun die Kerne, wie
gleich hervorgehoben werden soll, ein sehr verschiedenes Aussehen darbieten, je nachdem sie auf
Längs- oder Horizontalschnitten vorliegen, so ist es wichtig, dass diese bisher von keinem Beobachter
erkannten Unterschiede gleich von vorneherein betont werden. Betrachtet man zunächst
die Krystallzellen in der Aufsicht und stellt man den Tubus auf die Höhe der Sichelkerne der