zum Munde beruhte. Sie war stets schwach und unsicher. Die Reaktion bestand bei Reizung am
Munde wie an der Nase in lebhaftem Atmen, Bewegung des Kopfes, zuweilen in Flucht.
Sehr verschieden von dem Verhalten der beiden genannten Fische ist dasjenige von L o p h iu s
2)isca to riu s; bei diesem Fische, von welchem mir ein ausgewachsenes Exemplar zu den Versuchen
diente, ist die Haut schon gegen schwache Reize in hohem Grade empfindlich. Die ganze Haut scheint
ziemlich denselben Empfindlichkeitsgrad zu besitzen, eine Steigerung an besonderen Stellen (Nase)
bemerkte ich nicht. Bemerkenswert ist, dass hier wie bei den Haien auch die Haut der Flossen
keine Ausnahme macht. Die Schwanzflosse wird lebhaft bewegt, sowie ein Tropfen Cumarin-, Vanillin-,
Chininlösung, oder sonst irgend einer der öfters genannten Reizstoffe sie berührt.
Haifische.
Am ausführlichsten experimentierte ich mit Haifischen, und zwar besonders mit jüngeren Tieren
der Gattung Scyttium (catiilus und canicüla).
Da diese Tiere am Tage einen sehr trägen und stumpfsinnigen Eindruck machen, ist es um
so überraschender, wenn man sieht, wie empfindlich die ausserordentlich derbe, mit Zähnen besetzte
Haut dieser Tiere selbst gegen die schwächsten chemischen Reizungen ist. Ganz absehen will ich
hier von der Wirkung von sauer schmeckenden Substanzen, und von solchen, welche neben dem Geschmack
auch noch ätzende Eigenschaften haben. Auffallend ist aber die starke Reizung, welche
durch Cumarin und Vanillin bewirkt wird. Vanillin erzeugt, wie erwähnt, auf der menschlichen Zunge
gar keine Empfindung, selbst wenn man eine möglichst starke Lösung in Wasser anwendet. Bei
einem einzelnen Reizversuche am Hai mochte nach ungefährer Schätzung kaum 0,0001 g Vanillin zur
Anwendung kommen, und von der Lösung dieser geringen Menge berührte nur ein kleiner Bruchteil
wirklich die Haut des Haies! Trotzdem giebt es keine Stelle am Körper der Katzen-und Hundshaie,
an welcher nicht die Berührung mit der Vanillinlösung sofort empfunden worden wäre. Und zwar
musste die Empfindung eine recht starke sein, denn in vielen Fällen begnügte der Hai sich nicht mit
Bewegung der Flossen, des Schwanzes oder Kopfes, sondern schwamm von der Stelle, wo er geruht
hatte, weg.
Wurde nur die Schwanzflosse bespült, so erfolgten ein paar unruhige Bewegungen mit derselben
; floss eine schwache Lösung eines der genannten Stoffe in die Gegend von Mund und Nase,
so trat auch beim Haie dieselbe Reaktion wie bei Süsswasserfischen ein, d. h. die Atmung wurde
beschleunigt und vertieft, dabei der Kopf etwas erhoben, und nach einigen Sekunden schwamm der
Fisch weg.W
ar die verwendete Lösung stärker, so schnappt der Hai mehrmals heftig, und schwimmt
rasch fort, wobei er wiederholt den Kopf wie im Unwillen schüttelt.
(218 pg. 775,) „Chininbisulfat, Chininhydrochlorat und Strychninnitrat wirken ziemlich in derselben
Weise, nur sehr viel schwächer; sicher ist die Reaktion hier nur in der Nähe des Mundes.
Dagegen ist die Reizwirkung des mit einem Tröpfchen Kreosot geschüttelten Seewassers wieder eine
sehr'ausgesprochene, während Seewasser, inderseiben Weise mit R o sm a rin ö l behandelt, ganz ohne
Wirkung ist; und dieses Rosmarinwasser ist es nun gerade, welches von allen den bisher genannten
Lösungen auf der menschlichen Zunge und den Schleimhäuten weitaus den stärksten Eindruck hervorbringt.
Die Thatsache, dass gerade so ausgesprochene R ie c h s to f fe wie Vanillin, Cumarin, Naphthalin
und Kreosot die Haifischhaut mit ihren Nerven so stark erregen, legt den Gedanken nahe,
dass man es hier mit einem Organe speziell für das Riechen im Wasser zu thun habe. Der Versuch
mit dem Rosmarinwasser zeigt aber sofort die ungenügende Begründung dieser Annahme. Was man
aus den Versuchen erschliessen darf, ist zunächst nur, dass die Hautsinnesorgano der Haifische selbst
schwächsten chemischen Reizen sehr zugänglich sind. Daraus folgt jedoch noch nicht, dass unter den
natürlichen Lebensbedingungen des Tieres jemals jene Organe chemische Sinnesthätigkeit vermitteln,
mit anderen Worten als Geschmacksorgane gebraucht werden.“
Dieser meiner früheren Mitteilung habe ich jetzt einige Beobachtungen über das Verhalten
der Haie gegen ihre Nahrung hinzuzufügen.
Es wird vielfach angegeben, dass Haifische, und zwar die grossen Arten des Oceans, eine
sehr feine Witterung für ins Wasser geworfene Leichen, Fleischstücke und dergl. besitzen sollen.
Auf der anderen Seite ist es bekannt, dass diese Haie, wohl hauptsächlich den Gattungen
Carcharias und Selache angehörig, wenn sie durch einige ihnen zugeworfene Fleischstücke gierig
gemacht sind, wahllos alles verschlucken, was ihnen vorgeworfen wird, selbst ungeniessbare Materialien
wie Wergbündel etc. Diese Thatsache wird zum Angeln der Haifische zuweilen verwendet. Sie beweist,
dass diese Haiarten zum Ergreifen der Nahrung vorzugsweise durch’s Gesicht veranlasst werden,
und den chemischen Sinn dabei nicht oder wenigstens nicht viel verwenden, denn sonst müsste derselbe
ihnen die Ungeniessbarkeit jener Stoffe verraten. Man kann daher mit einiger Wahrscheinlichkeit
vermuten, dass die Fähigkeit des Schmeckens bei diesen Fischen wenig entwickelt ist, da sie
von derselben nicht viel Gebrauch machen. Die Angabe, dass Haie weither Beute zu wittern vermögen,
ist keineswegs erwiesen. Bekanntermassen folgt der Hai oft stunden-, ja tagelang den Schiffen,
auf Beute lauernd. Wenn daher eine ins Wasser geworfene Leiche gleich von Haien wahrgenommen
und ergriffen wird, ist das, wie ich glaube, nur ein Beweis dafür, dass Haifische zur Stelle waren,
night aber dafür, dass solche von weither die Beute gewittert haben.
Während so- beim Menschenhai und anderen derartigen Haien die Beobachtungen eher gegen
als für feines Witterungs vermögen sprechen, ist bei den Scyllien die Wahrscheinlichkeit einer guten
Ausbildung des chemischen Sinnes grösser, wenngleich auch hier die Beobachtungen nicht eindeutig
sind. Wenn die Katzenhaie hungrig sind und man tote Sardinen in ihren Behälter wirft, so fressen
sie dieselben allerdings nach einiger Zeit. Ob aber ihre Aufmerksamkeit dadurch auf die Sardinen
gelenkt wird, dass Stoffe von diesen diffundieren und, zum Hai gelangend, diesen erregen, erscheint
mir fraglich. Man sieht häufig, dass die aus ihrer trägen Ruhe sich erhebenden Katzenhaie zunächst
nach der Seite schwimmen, auf welcher sich das Futter nicht befindet. Bei Haifischen, welche ich
isoliert von anderen Fischen in einem besonderen Aquarium hielt, konnte man, selbst wenn sie hungrig
waren, stundenlang warten, ehe sie das hincingeworfene Futter aufsuchten, wenn dies nicht in unmittelbarer
Nähe der Tiere lag, sondern etwa Va m entfernt. Im Verlaufe einer Stunde pflegen aber wenigstens
die Hundshaie sich auch spontan, ohne irgend welchen von aussen kommenden Reiz, zu erheben
und einigemale auf- und abzuschwimmen, so dass man nicht sicher ist, ob es nicht Zufall war, wenn
sie eine Halbe- oder Viertelstunde nach dem Hineinwerfen des Futters umherschwimmen. Davon,
dass die Haie nicht gleich bemerken, von welcher Stelle der etwa vorhandene Geschmacksreiz herkommt,
haben mich zahlreiche Beobachtungen überzeugt. Ich möchte aber auch behaupten, dass es
bei den Haifischen des Neapeler Aquariums, welche mit mehreren grossen Teleostieren zusammen ein
Bassin bewohnen, nicht oder wenigstens nicht allein der chemische Sinn ist, welcher die Haie die
Gegenwart des Futters bemerken lässt. Sie müssen auf irgend eine Weise merken, wenn andere
Haifische auf der Suche sind, oder wenn die grossen Knochenfische sich daran machen, die zum Futter
dienenden Sardinen zu fressen. Stets sind die Knochenfische des Behälters die ersten, welche fressen.
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