
Fühler, Reinigung derselben mittelst Mund und Tastern) zu erzielen, kehren die Tiere beim Laufen
in den meisten Fällen 5—6 cm vor der Reizquelle um, oder machen Halt, bewegen Fühler und Taster,
ziehen auch wohl erstere zur Reinigung durch den Mund. Es genügt also hier wirklich schon ein
sehr schwacher Reiz, um deutlich zu wirken. Anders wenn die Fühler abgeschnitten sind, oder mit
Paraffin überzogen sind: nur wenige der so behandelten Tiere unternehmen den gewöhnlichen Kreislauf
in der Glasschalej und diese laufen dann unter dem Reizstoffe ganz unbeirrt durch. Vor Naphthalinkristallen
schreckten sie zuweilen zurück, das thun sie aber, wie ich mich vorsichtshalber überzeugte,
auch vor gleich grossen reinen Glasstückchen. Einzelne krochen auf grössere plattenförmige
Naphthalinkristalle ruhig hinauf, was unverletzte Tiere nie thaten.
Die Reaktion auf einen mit ätherischen Ölen befeuchteten und dicht vorgehaltenen Glasstab
trat aber nach wie vor ein, ein Zeichen dafür, dass man in der Dosierung des Reizes sehr vorsichtig
sein muss. Die Gewohnheit der Forfícula, bei Einwirkung unangenehmer Gerüche die Fühler durch
den Mund zu ziehen und zu reinigen, spricht entschieden dafür, dass die hiebei ins Spiel kommende
Sinnesthätigkeit ihr Organ in den Fühlern besitzt. Ich nehme keinen Anstand, nach den mitgeteilten
Versuchen diese Sinnesthätigkeit als ein wahres Riechvermögen zu bezeichnen, auch wenn der Nachweis
nur durch Abstossungsreaktionen erbracht ist. Anziehungsreaktion ist schwer bei Forfícula zu
erzielen. Hatten Exemplare mit und solche ohne Fühler an Fleischstückchen gefressen, und wurden
diese ihnen nun weggenommen und in einiger Entfernung hingelegt, so zeigten sich die fühlerlosen
Individuen beim Aufsuchen des Fleisches stets viel ungeschickter als die unverletzten. Das Verhalten
beider bot aber nichts genügend charakterisches, um für oder gegen die Annahme zu sprechen, dass
der durch den Verlust der Fühler geschädigte Sinn gerade der Geruch sei.
Ich habe die Fühler von Forfícula auch anatomisch untersucht. Für die Organe des Riechens
dürften wohl die zahlreichen kurzen blassen Haare zu halten sein, welche untermischt mit gelben
derben Fühlhaaren stehen, von letzteren weit überragt. Neben diesen Haaren, welche vom R a th
nicht ganz passend „auf der Fläche stehende Sinneskegel“ nennt, kommt noch eine andere interessante
Gattung von Organen in geringer Zahl vor, die vom Ra th entgangen ist, dagegen, wie es scheint,
von L ey d ig gesehen wurde. Am besten untersucht man sie am unzerschnittenen Fühler. Diese
Organe liegen in der Zahl 1 — 3 nahe dem distalen Ende jedes Fühlergliedes, und sehen aus, wie
Fig. 70 zeigt. Man hat durchaus den Eindruck völlig geschlossener Kapseln, welche der Fühlerwand
eingelagert sind und einen auf einer kleinen Kuppel stehenden zierlichen Kegel enthalten. Und in
der That ist die dem Kegel gegenüberliegende Wand, die Decke der Grube, völlig geschlossen, dagegen
besitzt die Grube einen ziemlich weiten seitlichen Zugang. Nur mit Hilfe einer starken Immersionslinse
gelang es mir, dies festzustellen.
Ähnliche Organe, wohl ebenfalls dem Geruchssinne dienend, kömmen nach mehrfachen Angaben
auch bei anderen Orthopteren vor.
Die Taster vonForfcula sind von vom R a th beschrieben; sie lassen sich ihrer hellen Farbe
wegen ausgezeichnet untersuchen. Ich will hier nur erwähnen, dass auch bei diesem Vertreter der
Orthopteren an Tastern und Mundteilen sich in beträchtlicher Zahl die mehrfach erwähnten rätselhaften
Gruben ohne Kegel finden, z. B. an der Maxille. Diese hat wie bei Dytiscus u. a. einen
„sensiblen Begleiter“ in ihrem inneren Kiefertaster, welcher an seiner ausgehöhlten Endfläche blasse
Kegelchen trägt, die dem Geschmackssinne dienen könnten.
Die eigentlichen Geschmacksorgane im Munde der Orthopteren werden unten im Zusammenhänge
mit den übrigen Ordnungen abgehandelt.
R h y n ch o ta .
Von den Rhynchoten untersuchte ich einige im Wasser lebende Formen, Notonecta glauca und
deren Larve, Naucoris ■ cimicoides, Nepa cinerea, Banatra linearis.
Riechorgane und Riechvermögen scheinen diese Tiere auch für die Zeit ihres Ausserwasser-
lebens nicht zu besitzen. Die Fühler z. B. von Naucoris tragen ausschliesslich lange Haare. Dagegen
glaube ich Geschmacksorgane bei diesen Tieren annehmen zu dürfen.
An der S pitze des R ü sse ls von Fyrrhocoris apterus beschreiben K räp e lin und vom
R a th jederseits eine Gruppe kleiner Kegel, letztgenannter Autor bildet dieselben ab.
Ich habe, aufmerksam gemacht durch ein unten zu beschreibendes Experiment an Notonecta-
larven, die Rüsselspitze dieses Tieres, sowie der oben genannten anderen Rhynchoten untersucht, und
an allen Sinnesorgane gefunden, welche offenbar jenen von Fyrrhocoris homolog sind. Auch bei Landwanzen
habe ich ähnliches gesehen (Baumwanzen).
Fig. 67 zeigt die Rüsselspitze mit eingezogenem Stachel. Um den mittleren Zapfen sichtbar
zu machen, sind durch Druck auf das Präparat die beiden seitlichen Zapfen auseinandergedrückt. Die
letzteren tragen an ihrem Ende je eine Gruppe (Fig. 68) von Grubenkegeln; die Kegel sind zum Teil
fast vollständig in die Gruben versenkt, einige ragen aus denselben merklich hervor. Ob die Kegel
alle hohl oder massiv sind, ist wegen ihrer Kleinheit schwer zu sagen, einige sind sicher hohl, vom
typischen Bau der Geschmackskegel. Eine Besonderheit dieser Gebilde ist es, dass die Wand des
zum Kegel gehörigen Porenkanals von dunkelbraunem Chitin gebildet ist, welcher sich gegen das
helle Chitin der Umgebung scharf abhebt. Ich hebe dies hervor, weil diese scheinbar so unwesentliche
Eigenschaft sich bei so vielen Insektenschmeckorganen wiederholt (JDytiscus, Fig. 17).
Bei den grösseren unter den Kegeln, welche sich deutlich als hohl erkennen lassen, ist ganz
auffallend scharf kontouriert ein glänzender Strang zu sehen, welcher aus dem Porenkanal in den
Grubenkegel eintritt und bis in dessen Mitte zu verfolgen ist. Natürlich ist die feinere Untersuchung
dieser Organe nur mittelst Olimmersionssystem zu machen.
Zwischen den zwei soeben beschriebenen Seitenteilen der Stachelscheide in der Mitte befindet
sich ein runder Chitinzapfen (Fig. 67), der etwas weniger weit vorragt, und in zarten blassen Fransen
endigt. Bei Notonecta sieht er wie ein Sinnesorgan aus, der Vergleich mit Nepa macht seine Sinnesorgannatur
unwahrscheinlich, denn hier ist der Zapfen viel gröber gebaut und scheint kein Nerven-
endorgan zu enthalten.
Bei Nepa, Naucoris und Banatra finden sich ganz dieselben Gruppen von Grubenkegeln. Doch
ist es mir bei diesen Tieren nicht gelungen, zu sehen, ob die Kegel ein Lumen besitzen. Bei Nepa
hatte ich im Gegenteil den Eindruck massiver Kegel, was ganz gut damit stimmen würde, dass bei
diesem Tiere das äussere Schmeckvermögen sehr schwach entwickelt ist. Die Organe, die bei der
lebhaften Notonecta wohl Wechselsinnesorgane des mechanischen und des chemischen Sinnes sind, haben
zwar ihre Homologa bei Nepa, sind aber bei diesem stumpfsinnigen trägen Tiere nur zu den einfacheren
Organen des mechanischen Sinnes geworden.
Die landbewohnenden Baumwanzen besitzen an ihrer Rüsselspitze dieselbe Organgruppe in
sehr guter Ausbildung, jedoch sehen die Organe hier wesentlich anders aus (Fig. 69): Eine Anzahl
brauner, derber Zäpfchen, gegen die stumpfe Spitze hin heller und zarter; mehrere glashelle Borsten;
zwischen diesen, jedenfalls dem mechanischen Sinne angehörigen Organen versteckt zahlreiche kleine,
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