d-TAen könnte. Weiterhin zeigt E b n e r, dass die Skelettheile nicht aiis reinem Kalkspath bestehen,
sondern dass sie Mischkrystalle repräsentiren, denen kleinere Mengen von Natrium,
Magnesium, Schwefelsäure und Wasser, niemals aber organische Bestandteile beigemengt sind.
Trotzdem nun die Skelettheile als Mischkrystalle aufzufassen sind, so fehlen ihnen doch Begrenzungen
durch wahre Krystallflächen. Ihre äussere Form wird vielmehr durch die Thätigkeit des lebenden
Organismus bedingt, durch einen Vorgang, welchen Haie ekel zutreffend als „Biokrystalli-
sation“ Gezeichnete.
Heber diese experimentellen Ergebnisse Ebner.« sind die späteren Beobachter nicht erheblich
hinausgekommen. Wohl aber hat die spekulative Betrachtung sieh ihrer angenommen
und das Problem der Biokrystallisation einer mechanischen Erklärung zugänglich,: zu- machen
versucht. In seinen umfänglichen Studien über „die Principien der Gerüstbildung bei RMzbptjdén,
Spongien und Echinodermen“ sucht D r e y e r (1892) den Nachweis Ä führen, dass die Skelette
der Polycistinen, Spongien. nnd Echinodermem nach dem Vierstrahlertypus .gebaut i(#nd, Aus
dem unabhängigen Auftreten dieses Typns in verschiedenen Organismengruppen kommt er zu dem
Schlüsse, dass er nicht durch die spezifische Lebensthätigkeit der Orgamsmenjgpmdern dtooh allgemein
gütige elementare anorganische Bildungsfaktoren bedingt wird. Die Unabhängigkeit
vom Materiale spricht dafür, dass seine Bildungsursachen in mechanischen Kräften der Aussen-
welt zu suchen sind. D r e y e r kommt also mit F. E. S ch u lz e (Stammesgesoh. d. Hexactmelliden
1887) darin überein, dass er eine biokrystallinische Gestaltung verwirft und äussere Faktoren
als Bildungsursache der Nadelform in Anspruch nimmt. Er stimmt indessen den Anschauungen
S c h u lz e ’s nicht bei, weil dieselben unter Verwerthnng des Selektionsprincipes die Nadeln als
Anpassungsformen an den speziellen Bau der Spongien in Anspruch nehmen.
Als formende Ursache für den Vierstrahlertypus nimmt nun D r e y e r die Gesetze^ der
in Anspruch. Da nämlich einerseits ein wäbiger Bau des Protoplasma’? m vielen
Fällen nachgewiesen ist, da andererseits die Zellen selbst vom physikalischen Gesichtspunkte
ans als Blasen zu betrachten sind, so gelten für die Aneinanderlagerung dieser Blasen die 'bekannten
physikalischen Gesetze, wonach die Kanten und Wände des Zwischenwandsystems eines,;
Blasengerüstes nach dem Vierstrahlentypus angeordnet sind.
Schon von Seiten der Botaniker (B e r th o ld , E r r e r a ) war der Versuch unternommen
worden, die Gesetze der Blasenspannung, „das Prineip der kleinsten Flächen“, fiifcdie Anemander-
lagernng und Gestaltung der Zellenwände in Anspruch zu nehmen. Andererseits hat auch
S c h u lz e bereits den bemerkenswerthen Versuch gemacht, die Kugelmorphologie auf die Gestaltung
der regulären Vierstrahler der Tetraxonier anzuwenden, indem er die Geisselkammern
der Spongien als Hohlkugeln betrachtete, welche sich derart aneinanderlagern, dass zwischen je
vier benachbarten und direkt aneinanderstossenden ein tetraedriseh gestalteter Zwischenraum
bleibt. Soll dieses mit organischer Masse erfüllte Lückensystem eine Stütze durch Skeletthelle
erhalten, so wird den mechanischen Anforderungen am zweckmässigsten durch einen Vierstrahler
entsprochen.
Man wird es gewiss nur mit Freuden begrüssen, dass der Versuch unternommen wird,
die Gesetze der Mechanik für Erklärung der formalen Gestaltung der Harttheile im lebenden
Organismus anzuwenden. Wenn — um ein nahe Hegendes Beispiel anzuführen * durch die
denkwürdigen Untersuchungen V. v. M e y e r ’s gezeigt wird, dass die Anordnung der Spongiesa-
balken in den Knochen genau den mechanischen Anforderungen an die Stützkraft entspricht,
dass die Balken nach Frakturen eingeschmolzen und den veränderten Druckkräften entsprechend
neu geformt werden,, so registriren wir gern solche Darlegungen als werthvolle Errungenschaft.
Anders liegen aber die Verhältnisse bei den Darlegungen D r e y e r ’s. Es wird nur gezeigt, dass
man die Entstehung eines Vierstrahlers sich auf die angegebene Weise versinnlichen kann, aber
weder das Experiment, noch auch die: Entwicklungsgeschichte werden herangezogen, um die Wirkung
der Blasenspannung auf die Genese der Harttheile zu demonstriren. Was wir über die
Entstehung des Tetraeders bei den EchinodermenskelettheUen wissen, kann weder in bejahendem,
noch auch verneinendem Sinne angezogen werden. Sicher scheint es nur zu sein, dass er innerhalb
einer homogeneren Vakuole sich bildet: Niemand hat gesehen, dass Blasenwandungen die
tetraedrische Grundform bedingen. Selbst wenn man den günstigsten Fall annebmen wollte, dass
vier knglige Zellen die Vakuole umlagern, So würde man ;es nur begreiflich finden, dass die
Vakuole eine tetraedriköhe Form annimint, nicht aber, dass der in ihr schwebende Krystall als*
Tetraeder angelegt witd. Denn die Druckkräfte vertheilen sich in Flüssigkeiten allseitig und
® ist auf keitie Weise abzusehen, dass sie gerade B | | Entstehung vott , Tetraedern Veran-
lassung gehen.
Noch viel weniger ist es Dr e y e r gelungen, den formalen Aufbau der Radiolarien-,
Spongien- nnd.planoderme«kelette a n i den Gesetzen der Statik und Mechanik za erklären.
Wenn n ic h tfe r die Blasenspannung, sondern auch die'Sckwerkraft zur Erklärung herangezogen
werden, ,80 Rändelt es sich halt nur um- Hypothesen, denen äie.experimenMe: Grundlage fehlt.
Der Verfasser gibt zu, dass er nur eine „vorläufige Skizzirung des Probleiüs“, nicht aber eine
Mechanische Erklärung zu ¡geben vermag. Ich muss nun gfejehen, dass die Art nnd Weise, wie
der Tetraeder resp. Vierstrahler in die bunte Fülle von Polyoystinen-, Spongien- nnd Echino-
dermenskeletten hineindemonstrirt wird, vielfach etwas Gezwungenes an sieb hat. Wenn wir an
einen uns speziell interessirenden Fall anknüpfenjfc wird Hypothese auf Hypothese gepfropft,
um die Form der Auracularienrädchen auf das Schema zurückzuführen. Da wird ans einem Vier-
Strahler ein Dreistrahler, ans diesem ein Sechsstrahler nnd endlich ein. Vielstrahler oanstruirt,
um der vorgefassten Meinung.Genüge zu leisten. Gehen wir doch Heber; ^u, dass wir einstweilen.
nöSh 'nicht im S ta n S s in d , die Genese d ö f Auricularienrsdchen mit ihren bogenförmig verstreichenden
Radspeichen nach mechanischen Gesichtspunkten zu verstehen und halten wir uns
an den entwicklungsgescKchtlichen Befund, welcher eine BiokrystalHsatioii uns anschauHch
demonstrirt.
Anders verfahren freilich einige Entwicklungsmeehaniker, welche gerade aus der Jenenser
Schule hervorgingen. Die Idee, das Werdende allein aus mechanischen „Gesichtspunkten begreifen
zu können, gab ihnen Veranlassung, dem Darwinismus den schärfsten Absagebrief zu schreiben.
Man hasst das historisch Gewordene, man fühlt sich alsg||pferischen Mechaniker, welcher av^
einem Tetraeder die Skelettformen, aus einem Klümpchen Eiweiss die organischen Gestalten nach
chemisch-physikalischen Gesetzen hervorzaubert. „Durch gelegentliche Beobachtung des Blasengerüstes
in einer Bierflasche sind wir gerade auf die Erklärung des Vierstrahlertypus gekommen.“
(D re y e r p. 352pi*-- ich stelle den Neo-Darwinisten zur Vertiefung in ihre Ideen gern eine
Flasche Champagner zur Verfügung!