Organe und zwar jedenfalls für vollkommene T a s ta p p a r a te , denen aber Schmeck- (und Riech-?)
vermögen schwerlich fehlen wird. Dass sie mechanische Bedeutung - haben, zum Aufreissen der
Blütenzellen und Nektarien dienen, glaube ich nicht.
Newport (221 pg. 900—902) hält diese Organe für Tastorgane, F r itz Müller (214) für
Geschmacksorgane. Derjenige Forscher aber, welcher sie am gründlichsten bearbeitet hat, und sie
in einer ganzen Reihe von Abhandlungen (ich zitiere nur eine) bespricht, nennt sie „Saftbohrer."
W. B r e ite n b a c h will ihnen neben der bohrenden und stechenden Thätigkeit auch die Funktion
des Tastens nicht absprechen. Ein bohrendes Sinnesorgan?! B r e ite n b a c h hat hauptsächlich getrocknete
Objekte benützt, weil diese nach seiner Ansicht das "Wesentliche ebenso wie frische und
gehärtete zeigen. Das Wesentliche sind ihm also die Chitin teile, und hiedurch scheint mir die unrichtige
Deutung, die er für die Organe giebt, erklärt. Er stellt sie mit chitinösen Widerhaken,
die er an manchen Rüsseln gefunden hat, in eine Reihe, und nimmt für beide Organe dieselbe Bestimmung,
das Aufreissen der Nektarien an.
Das erste meiner Argumente gegen diese Auffassung B r e i t e n b a c h ’s konnte derselbe sich
desshalb nicht selbst sagen, da es an trockenen Rüsseln nicht zu bemerken ist; die Zäpfchen stehen
nämlich nicht etwa fest auf ihrer Unterlage, sondern sind derselben beweglich aufgepflanzt, indem
weiches Chitin sie gelenkartig mit dem Rüssel verbindet. Wo die Zapfen lang sind, (wie bei Agroüs,
Biston, Vanessa pölychloros, Argynnis Paphia), stehen sie an frisch abgeschnittenen Rüsseln unordentlich
durcheinander und bewegen sich bei Druck auf’s Deckglas leicht und ausgiebig. Schon dies macht sie
zum Bohren ungeeignet. Ferner steht der Kegel auf den Zapfen in den meisten Fällen nicht unbeweglich
fest, sondern die Kuppel, welche den Zapfen abzuschliessen pflegt, und dem Kegel als Piedestal
dient, ist vom weichem nachgiebigem Chitin, und würde nachgeben, wenn mit dem Kegel ein Druck
auf einen festen Gegenstand ausgeübt würde. Endlich der Kegel selbst ist nicht zum Bohren geeignet,
da er eine ganz zarte Spitze hat; letzere ist übrigens oft ziemlich stumpf. Weiterhin ist es auch
mit den Zacken (bei Vanessa) und Leisten mit vorspringenden Ecken, B r e ite n b a c h ’s „Radialplatten“
(bei Pieris, Bhodocera, Pygaera etc.), schlecht bestellt, indem diese Gebilde besonders günstig für das
Aufreissen der Nektarien sein sollen, bei zahlreichen Arten (Argynnis) aber vollständig fehlen. Bei
diesen Faltern finden wir nur glatte Zapfen mit einem noch dazu ziemlich stumpfen Kegelchen; und
doch würden die Argynnisarten nicht weniger notwendig einen Apparat zum Öffnen der Nektarien
brauchen, als die anderen, wenn ein solcher Apparat überhaupt nötig wäre. Ich sehe in den Zacken
und Leisten der Zapfen nur wieder eine völlig nutzlose architektonische Ausschmückung, eine „Spielerei
der Natur.“
Vernichtend für B r e ite n b a c h ’s Auffassung musste aber die Untersuchung der Rüssel
einer Schmetterlingsfamilie werden, welche B. merkwürdigerweise ganz übergangen hat, der Sphin-
giden. Da hier die Zäpfchen in tiefen Gruben stehen, aus denen nur der Kegel herausragt (Fig. 44)
und ausserdem die Zäpfchen nicht auf die Rüsselspitze beschränkt sind, sondern, in viel grösseren
Abständen als bei Tagfaltern stehend, über den ganzen Rüssel verbreitet sind, ist hier an mechanische
Bedeutung der Zapfen, an Bohren, nicht zu denken.
In vielen Fällen ist am Rüssel eines Tieres deutlich die Art abzulesen, wie man sich die
Entstehung der Zäpfchen zu denken hat. Die Rüssel zeigen an zahlreichen Stellen, namentlich gegen
die Wurzel hin, kreisrunde Lücken im dunkelbraunen gerippten Chitin, welche aus glashellem Chitin
bestehen, und von einem braunen ringförmigen Wall aus Chitin umgeben sind. Aus der Mitte des
hellen Chitinfeldes ragt ein Haar hervor, in anderen Fällen schon ein Gebilde, das man ebensowohl
Haar als Kegel nennen könnte. Zum Tast- oder Schmeckzäpfchen werden diese umwallten Haare
(Fig. 43) nun dadurch, dass die ganze helle Chitinplatte mit samt dem Kegel oder Haare sich über
die übrige Oberfläche erhebt, bis der Ring zu einem mehr oder weniger hohen Cylinder geworden
ist. Oft bleiben die Zäpfchen auf einer niederen Stufe stehen, sie werden nicht einmal so hoch wie
breit und stellen dann nur kleine Knöpfchen mit einem Dorne besetzt dar (Zygaena, Smerinthus 9).
Bei Smerinthus 9, wo der Rüssel zum Saugen untauglich und rudimentär ist, verlieren auch die Zäpfchen
die Eigenschaft, welche sie zum Riechen und Schmecken befähigt, das zarte Ende des Kegels; statt
eines Kegels finden wir ein derbes spitziges Haar.
Eine nahe Beziehung besteht, wie ich glaube, zwischen den Schmeckzäpfchen ’) und den Endzapfen
der Fühler vieler Schmetterlinge, welche ebenfalls als wesentlichen Bestandteil einen zarten
Kegel zu haben pflegen, welcher auf einem zapfenartig sich erhebenden Teile des Chitinkleides der
Fühler postiert ist.
Die Schmetterlingsraupen.
Ich habe nirgends Angaben über Bau und Anordnung von Hautsinnesorganen bei Raupen,
welche dem Riechen oder Schmecken dienen könnten, gefunden. Früher habe ich eine kurze Notiz
über die mutmasslichen Riechorgane und eine Abbildung derselben gegeben (216 pg. 41, Fig. a und b)
Die Unterschiede zwischen den einzelnen Arten sind geringe, nur sind bei dunklen Raupen die Chitinteile
meist sehr dunkel und undurchsichtig, bei hellen Raupen dagegen fast weiss.
Ich habe untersucht: Antherea Pernyi (ein Atlasspinner), Orgyia gonostigma, Mamest/ra pisi,
Saturnia carpini, Macroglossa stellatarum.
Die F ü h le r haben, wie bei Larven häufig, wenige langgestreckte Glieder mit ganz kahler
Oberfläche. Nur das äusserste Ende trägt Sinnesorgane, zu welchen ein deutlich sichtbarer Nerv tritt,
der Wand entlang laufend. (Im folgenden halte ich mich speziell an Antherea.) Zwei sehr lange
Borsten mit ganz engem Lumen überragen die übrigen Organe weit. Diese bestehen in b la s sen
d ü n nw an d ig en K eg e ln von der für L a rv e n ganz c h a r a k te r is tis c h e n Form (Fig. 32.)
Ihr längsfaseriger Inhalt ist die direkte Fortsetzung des Nerven, der vor dem Kegel eine kleine Anschwellung
zeigt (wie im Schmetterlingsrüssel) ohne indessen ein deutliches Ganglion zu bilden. Ausser
diesen Kegeln erhebt sich ein kugelförmiger Knopf von braunem Chitin über die Oberfläche. In ihn
tritt ein Nervenzweig ein und verteilt sich an einen kleinen Kegel der beschriebenen Art und einige
abgegrenzte Stellen des Chitins, welche kreisrunde dunkle Flecken darstellen, und mir mit den öfters
erwähnten Gruben ohne Kegel identisch zu sein scheinen, welche bei Larven sehr verbreitet sind
(vergl. Dytiscuslarve pg. 85). Ihre Funktion ist mir unklar. Die Keg e l halte ich, da Tastfunktion
durch die überstehenden Tastborsten für sie unmöglich gemacht wird, für R iechorgane.
Die U n te rlip p e besitzt weder Riech- noch Schmeckorgane, und auch der Tastsinn ist auf
die U n te r lip p e n ta s te r beschränkt. Jeder derselben trägt zwei lange Tastborsten, in welche ein
Nerv eintritt, faserig, zuvor leicht anschwellend, aber ohne ein eigentliches Ganglion. Die Unterlippe
selbst trägt zwei blasse dicke Zapfen, welche indessen keine Sinnesorgane sind.
‘) So habe ich die Zäpfchen schon in meiner früheren Arbeit pg. 39 genannt. Es soll damit nicht gesagt sein,
dass sie a l l e in dem Geschmackssinne dienen, sondern sie sind sicher daneben Tastorgane, vielleicht Riechorgane. Aber
das lässt sich nicht in einem Namen aasdrücken, und der Geschmack ist hier doch wohl am wichtigsten.
Bibliotlieca zoologica. Heft 18.