indem sie eine Länge von 0,05 bis 0,09 nun bei den einzelnen Arten erreichen. Sie sind, wie
bereits G r e n a d i e r (1879 p. 121)' erkannte, im Querschnitt annähernd quadratisch gestaltet
(Taf. XIX Fig. 11 und 11a) und setzen sich aus vier Segmenten zusammen, welche man bei
Behandlung mit - schwachen Chromsäurelösungen bisweilen in ganzer Länge zu isoliren vermag.
Bald keulenförmig, bald stabförmig gestaltet laufen sie an ihrem proximalen Ende sich zuspitzend
in einen feinen fadenförmigen Fortsatz aus, der bis zur Basalmembran (membrana fenestrata) reicht
und an den Rhabdomen der Seitenfacetten (namentlich an jenen der rückgebildeten Facetten des
Frontauges) in einem stumpfen Winkel sich absetzt. Querschnitte durch das Rhabdomfeld der
Frontaugen, wie ich einen solchen nach mikrophotographischer Aufnahme in Fig. 11 der-Taf. XIX
von Stylocheiron mastigophorum darstelle, lehren, dass die Bhabdome in eleganten Curven angeordnet
sind, welche nach drei Richtungen sich kreuzen. Auch an den Seitenaugen tr itt dieselbe
Anordnung hervor, wenn sie auch wegen der Krümmung sich nicht auf so weite Flächen verfolgen
lässt, wie an Querschnitten durch das fast eben ausgebreitete Rhabdomfeld der Frontaugen.
Dass übrigens die Rhabdome der Frontaugen nicht gleichmässig dick sind, tr itt auf diesen
Querschnitten deutlich hervor; die centralen Rhabdome — und zwar speciell die den functio-
nirenden Facetten zugehörigen — sind breiter und stehen zudem in Weiteren Abständen, als
die den rudimentären Facetten zugehörigen peripheren. Auf dieses Verhalten wird in den allgemeinen
Erörterungen über den Sehvorgang noch spezieller hingewiesen werden.
Bei der spärlichen Entwicklung des Retinapigmentes, das sogar den meisten Vertretern
der Gattung Nematoscelis und allen Arten von Stylocheiron völlig mangelt, treten die Rhabdome in
ungewöhnlicher Schärfe dem Beobachter entgegen. Ihre Plättchenstruktur ist bei einigermaassen
genügender Conservirung stets wohl erhalten und lässt mannigfache Verschiedenheiten bei den
einzelnen Gattungen erkennen. Am gröbsten-ist .sie bei den Mysideen ausgebildet, wo die
Plättchen würfelförmige Abschnitte bilden, welche durch eine spärliche Zwischensubstanz getrennt
werden. Bei Araclmomysis (Taf. XX Fig. 2 rh.) tr itt dieses Verhalten besonders auffällig hervor:
die Rhabdome erscheinen gekerbt und auf die grössten Rhabdome von 0,09 mm Länge kommen
durchschnittlich 10 Plättchen. Etwas feiner ist die Struktur bei Euphausia (Taf. XVII Fig. 4),
wo auf ein Rhabdom von 0,05 bis 0,06 mm Länge 7 bis 10 durch eine ganz dünne Lage Zwischen-
.substanz getrennte Plättchen kommen. Gelegentlich war der Distalabschnitt des Rhabdomes etwas
gequollen (namentlich an Glycerinpräparaten) und sass wie ein Köpfchen dem Kegel auf; auch
nahm ich hier im Centrum der Rhabdome eine Reihe glänzender Körnchen wahr (Fig. 4 a). Bei
günstiger Beleuchtung liess sich an den einzelnen Plättchen -iBwenn auch nicht sehr scharf
eine feine quere Strichelung beobachten (Fig. 4 b). Weit feiner sind die Plättchen bei Nematoscelis
und Stylocheiron; sie bilden hier dünne, stark lichtbrechende Scheiben (Taf. XVII Fig. 5),
welche durch eine weniger stark brechende, nahezu gleich breite Zwischensubstanz getrennt
werden; bei den in Fig. 5 dargestellten Rhabdomen einer Nematoscelis^Art fand ich das Rhabdom
aus 16 Scheiben aufgebaut, deren einzelne im Mittel 0,002 mm dick ist: Noch feiner ist die Plättchenstruktur
bei Stylocheiron (Taf. XIX Fig. 10) und den grossen Arten von Nematoscelis ausgebildet.
Nach G r e n a c h e r (1879 p. 120) alterniren bei Mysis die Plättchen der im Leben roth gefärbten
Rhabdome; ich habe ein derartiges Verhalten nicht beobachtet und fand stets die Plättchen der
anliegenden Rhabdomsegmente in gleiche Höhe gestellt. Manchmal zerfiel sogar das Rhabdom an
einzelnen Stellen durch Lockerung der Zwischensubstanz in isolirte quadratische Scheibchen.
Jene complicirte Verästelung einer in die Rhabdome eintretenden Nervenfaser, wie sie
P a t t e n beschreibt und abbildet (1886 p. 629 ff., Taf. 31), habe ich nie wahrnehmen können,
und ich hebe daher noch ausdrücklich hervor, dass der fadenförmig ausgezogene .Proximalabschnitt
des Rhabdomes (welcher bei den obigen Längenangaben eingerechnet wurde), entschieden keine
Nervenfaser repräsentirt, sondern nach seinem optischen Verhalten aus derselben Substanz wie
das Rhabdom besteht. Dagegen constatirt man, dass die Opticusfasern allseitig im Umkreise der
Rhabdome die gefensterte Membran durchsetzen und in die Sehzellen eintretend ihnen ein feinstreifiges
Aussehen in der Höhe der Rhabdome verleihen. Auf Querschnitten treten die Fasern
als lichtbrechende Punkte, wie sie in Fig. 11a der Taf. XIX dargestellt sind, scharf hervor.
Im Centrum der 7 Retinulazellen zieht sich, wie schon G re n a c h e r bei Mysis beobachtete,
ein feiner, stark lichtbrechender Axenfaden (ax.) von der Kuppe des Rhabdoms bis zur Spitze
der Krystallkegel hin. G r e n a c h e r (1879 p. 118) neigt der Auffassung zu, dass der Faden
eher in Beziehung zu den Krystallkegeln stehe, denn zu den Rhabdomen und auch P a r k e r
(1891 p. 102) stimmt dieser Ansicht bei, indem er geneigt ist, ihn für einen fadenförmigen Fortsatz
der Kegel zu erklären. Nach meinem Dafürhalten repräsentirt er entschieden eine den Retinazellen
zugehörige Bildung, welche dem stark verdünnten Distalabschnitt der Rhabdome vieler
nächtlich lebender Arthropoden homolog ist. Der Axenfaden schmiegt sich mit kappenförmig
verbreiterter Basis der Kuppe der Rhabdome an (Taf. XVII Fig. 4 und 7 ax.) und endet in einen
(bei lhysanoessa besonders schön entwickelten) trichterförmigen Abschnitt, welcher die Spitze der
Krystallkegel concentrisch umfasst, ohne indessen in organischen Zusammenhang mit ihnen zu
treten (Taf. XHX Fig. 12 inf.). Die Trichterbildung wird dadurch erklärlich, dass die Retinulazellen
in der Höhe der Kegelspitzen auseinanderweichen und trichterförmig die letzteren umfassen. Der
Axenfaden liegt demgemäss in seiner ganzen Länge im Centrum der 7 Retinazellen und steht
ausser Connex mit den Krystallkegeln und Krystallzellen.
Eine von G r e n a c h e r ’s und meiner Auffassung durchaus abweichende Anschauung hat
sich P a t t e n (1886 p. 629, 643) über den gelegentlich zu einem dünnen Faden reducirten Rhabdom-
abschnitt gebildet. Nach ihm bildet er das Bindeglied zwischen dem basalen Rhabdomabschnitt
und zwischen Krystallkegeln; er steht nicht nur mit dem ersteren, sondern auch mit den Kegeln
in organischer Verbindung. Auf Grund dieses vermeintlich sicher gestellten Befundes werden
die Krystallkegel als die distalen Verbreiterungen des Stäbchenelementes, als die percipirenden
Elemente in Anspruch genommen.
Selbstverständlich erhalten in consequenter Durchführung dieser Ansicht die einzelnen
Elemente des Facettengliedes andere Deutung und Bezeichnung. Vor allem macht P a tte n ,
indem er den fadenförmigen Proximalteil des Rhabdoms für einen Axialnerven erklärt, welcher
vom Rhabdom bis zu den Krystallkegeln hinzieht, auf complicirte - quere Nervenfibrillenzüge in
den Krystallkegeln aufmerksam, welche die wahren percipirenden Endelemente darstellen sollen.
Das Rhabdom erweist sich nach P a t t e n als ein proximaler Fortsatz der Krystallkegel und die
Krystallzellen sind die wahren Retinazellen (1. c. p. 670 ff.)
Auf diese Befunde hin wird die M ü lle r ’sehe Theorie des musivischen Sehens, wie sie
von G r e n a c h e r und E x n e r — wenn auch für manche Fälle modificirt — eingehender begründet
wurde, für einen überwundenen Standpunkt erklärt. Jeder Krystallkegel, also jede
Einzelfacette, percipirt ein umgekehrtes von der Cornea entworfenes Teilbild der Umgebung und
die alte G o tts c h e ’sche Hypothese wird auf die neuen histologischen Ergebnisse hin wieder zu
Ehren gebracht.
Bibliotheca Zoologien. Heft 19. 29