d a s S c hm e lz le is te n e n d e k n o s p e n fö rm ig h e r v o r t r e t e n lä s s t. (Fig. 76.) K u rz :
M 1 k e n n z e ic h n e t sic h in j e d e r B e z ie h u n g a ls ty p i s c h e r M ilc h b a c k e n z a h n ,
w ä h r e n d d ie A n la g e s e in e s N a c h fo lg e r s sic h ebenso v o l l s t ä n d ig a ls ty p i s c h e r
P r äm o la r bestu n d e t.
Stadium E.
Um die weiteren Schicksale jenes Nachfolgers des oberen M 1 zu erfahren, untersuchte ich
bei diesem ältern Embryo die betreffende Stelle auf Frontalschnitten: die E n tw ic k lu n g des
f r a g lic h e n N a c h fo lg e r s w a r n ic h t n u r s i s t i r t , so n d e rn es w a r d e r s e lb e o ffe n b
a r in A u f lö s u n g b e g r i f f e n (Fig. 77). Wie ein Vergleich der Figuren 76 und 77, welche
beide in derselben Vergrösserung gezeichnet sind, lehrt, ist besagter' Nachfolger bei dem ältern
Embryo bedeutend reduzirt; der nicht besonders gute Erhaltungszustand des Objectes verhinderte
die Beobachtung der spezielleren Rückbildungsvorgänge. Dagegen hatte sich die Schmelzleiste
medialwärts von M 1 hier besser erhalten als beim jüngern Embryo (Stad. D). Auch hinter dem
M 1 setzt sich die noch gut entwickelte Schmelzleiste ein Stück fort, was auf einem so weit
vorgeschrittenem Stadium erwähnt zu werden verdient.
K ükenthal (III) hat die Entwicklung der Unterkieferzähne eines 250 Mm. langen Embryo
untersucht; einige der von ihm gemachten Angaben werden im folgenden besprochen werden.
Ergebnisse und Folgerungen.
Das Gebiss der Pinnipedia zeichnet sich durch eine ganze Reihe von Eigenthümlichkeiten
aus, welche in hohem Maasse unsere Aufmerksamkeit verdienen.
Zunächst haben.wir den frühzeitig erfolgenden Zahnwechsel, welcher natürlich mit der
Schwäche der Milchzähne zusammenhängt, zu berücksichtigen. Nicht selten begegnet man in der
Literatur der irreleitenden summarischen Angabe, dass der. Zahnwechsel der Pinnipedia „in der
Regel“ oder „fast stets“ intra-uterin erfolge wie z. B. bei S teenstrup, F lower (I pag. 154) und
K ükenthal (III pag. 107). Unterwirft man aber die einschlägigen Originalangaben einer näheren
Analyse, so ergiebt sich das interessante Resultat, dass nicht nur eine recht beträchtliche Verschiedenheit
im Zeitpunkte des Zahnwechsels bei den verschiedenen Gattungen besteht, sondern
dass diese Verschiedenheit auch im a llg em e in e n mit der Ausbildung sowohl der 1. als der
2. Dentition zusammenhängt, dass d e r Z a h nw e c h s e l um so z e i t ig e r e r f o lg t , je u n t e r g
e o r d n e te r die R o lle i s t , w elche d a s G e b is s ü b e r h a u p t sp ie lt.
In einer früheren Mittheilung habe ich (III pag. 542—543) die Ansicht begründet, dass
das Zahnsystem der Pinnipedia, als Ganzes betrachtet, sich in Rückbildung befindet, da Kauwerkzeuge
für ins Wasser gewanderte Säugethiere von beschränktem Werthe seien oder geradezu
unzweckmässig würden. Das Gebiss hat sich für die einzigen Funktionen die ihm geblieben, für
Packen und Festhalten, erhalten und demgemäss in beschränktem Maasse differenzirt.
Es ist ferner von vornherein zu erwarten, dass bei denjenigen Pinnipediern, welche in
höherem Grade Landthiere sind als die übrigen, nämlich bei den Otariidae, auch die Charactere
der landbetoohnenden Stammväter in vollständigerem Maasse vorhanden sind. Ich muss es leider
gänzlich dahin gestellt sein lassen, ob diese Charactere der Otariidae: die Art sich zu bewegen
und die damit zusammenhängende Beschaffenheit der Palmar- und Plantarfläche, das Vorhandensein
eines Scrotums und einer Ohrmuschel u. a. darauf zurückzuführen sind, dass die Inhaber
sich weniger weit von ihren landbewohnenden Stammformen entfernt haben als die übrigen Pinni-
pedier, dass also besagte Eigenschaften p r im ä r e r Natur sind, oder ob diese Eigenschaften erst
wieder secundär, in dem Maasse als die Thiere sich wieder mehr dem Landleben anpassten, erworben
sind ‘). Wir dürfen wohl auch annehmen, dass das Gebiss der Otariidae eine etwas grössere
Übereinstimmung mit dem der landbewohnenden Carnivoren bewahrt, respective erworben hat
als das der meisten Phocidae, dass demselben eine etwas wichtigere Rolle zukommt. Die relativ
bedeutendere Grösse und die erhöhte Anzahl der Backenzähne (die meisten Otariidae besitzen
deren $ anstatt § wie die Phocidae) sprechen jedenfalls für eine solche Annahme. In Bezug auf
das Milchgebiss ist die grössere Uebereinstimmung mit den echten Carnivoren vollkommen unzweifelhaft.
Nach den übereinstimmenden Angaben F lower’s (II), van B eneden’s und Malm’s sind
nämlich die Milchzähne nicht nur grösser als bei den Phocidae, sondern verschwinden auch erst
n a ch der Geburt, laut F lower erst dann wenn das Junge einige Wochen alt ist. Bei Phoca
(wenigstens vitulina, hispida und groenlandica) verschwindet die Mehrzahl der Milchzähne ebenfalls
erst nach der Gehupt aber schon iri der ersten Woche (vergleiche besonders F lower I
und II, sowie T enow) ; die Milcheckzähne bleiben jedoch länger erhalten (Sahlertz II). Es kann
ferner als sicher angesehen werden, dass die Mehrzahl der Milchzähne bei Phoca niemals das
Zahnfleisch durchbricht, sondern innerhalb desselben resorbirt wird. Bei dem durch seine einfachen
Backenzähne ausgezeichneten Ilalichoerus sind beim neugebornen Jungen keine Milchzähne
mehr beobachtet worden; man muss daher annehmen, dass dieselben bereits vor der Geburt
resorbirt werden (L illjeborg). Dasselbe ist nach R einhardt (III) auch bei Gystophora der Fall;
doch können die Milcheckzähne sich bis nach der Geburt erhalten (Sahlertz II). Die schwächsten
persistirenden Backenzähne unter allen Pinnipedia besitzt bekanntlich Ufacrorhinus, ja F lower (I)
hält sie — und sicher mit Recht — für völlig funktionslos. In Uebereinstimmung hiermit ist
denn auch bei Macrorhinus das Milchgebiss schwächer als bei irgend einem ändern Pinnipedier
und wird schon lange vor der Geburt resorbirt2).
Ferner hat seit geraumer Zeit die für heterodonte Säugethiere völlig beispielslose Varia-
>)' Hier ist also ein vom allgemein biologischen Gesichtspunkte aus und für die Prüfung der phylogenetischen Methodologie
interessantes Problem zu bearbeiten, für dessen Inangriifnahme allerdings zur Zeit noch keine Vorarbeiten vorliegen.
a) Gegen die von mir früher (III pag. 541) gegebene Deutung betreffs der Ursache der allmähligen Verkümmerung
des Milchgebisses wendet sich Kükenthal (III pag. 108): „Der Grund, weshalb Homodontie und Monophyodontismus gleichzeitig
auftreten, scheint mir vielmehr für die Zahnwale und Pinnipedier in erster Linie darin zu liegen, dass ein Zahnwechsel
die Fähigkeit ihre Nahrung zu erbeuten, im hohen Masse einschränken müsste. Bei beiden Ordnungen flschfressender
Säugethiere ist durch das Auftreten der Homodontie zwar bekundet, dass den einzelnen Zähnen keine Spezialfunktionen
mehr zukommen, es ist damit aber nicht gesagt, dass das Gebiss rudimentär zu werden braucht. An Stelle der Spezialfunktionen
tritt für alle Zähne eines derartigen Gebisses eine neue gleichartige Funktion, nämlich die glatte Beute zu
ergreifen und festzuhalten, und in Uebereinstimmung mit dieser einheitlichen Funktion gewinnen auch die einzelnen Zähne
einheitliche Gestalt. Die Bedeutung eines solchen Gebisses beruht aber jetzt auf der vollkommenen Gleichartigkeit seiner
Komponenten. Ein eintretender Zahnwechsel ^würde die Gleichartigkeit im empfindlichsten Masse stören und damit das
gesamte Gebiss für einige Zeit fast funktionslos machen. Ich betrachte daher die Erscheinung, dass ein Zahnwechsel
unterbleibt, als direct mit der Funktion des homodonten Gebisses zusammenhängend.“
Hierzu möchte ich bemerken: 1) dass, wie oben erwähnt, bei Otaria factisch ein postfoetaler Zahnwechsel auf