Die Schuppe ist relativ kurz, aber immerhin etwas länger, als der Antennenschaft. Wie ein
Hackmesser gestaltet und bogenförmig nach aussen geschwungen läuft sie in einen starken und
scharfen Dorn aus, welcher innen von dem verschmälerten Distalende überragt wird. Das letztere
ist beiderseits mit sehr langen Fiederborsten besetzt, welche ausserdem noch am Innenrande der
Schuppe weit herab ragen; im ganzen zähle ich etwa 16 Borsten. Der dem Grundgliede aufsitzende
Antennenschaft besteht aus drei Gliedern (H, III, IV), von denen das mittelste weitaus
am längsten ist. Die Geissel war nur in ihrem Proximaltheil erhalten.
Da ich das einzige Exemplar schonen wollte, so vermag ich keine genaueren Angaben
über die Mundwerkzeuge zu machen. Ich erwähne nur, dass der dreigliedrige Mandibulartaster
in Bezug auf das Längenverhältniss der Glieder jenem der Gattung Euclicietomera sehr ähnelt.
Die Spitze des Endgliedes (Fig. 3) ist bewimpert und nach aussen gebogen; sie zeigt auf dem
Aussenrande zwei sehr lange Borsten, auf dem Innenrande drei hakenförmig gekrümmte Dornen.
Den Distalrand des Endgliedes krönen fünf bewimperte Dornen.
Der Exopodit des Maxillarfusses ist wohl entwickelt und schliesst sich den nachfolgenden
der Brustfüsse dicht an.
Die sieben B r u s t f u s s p a a r e zeichnen sich durch die spinnenförmige Verlängerung der
Endopoditen und durch die kräftige Entwicklung der in elegantem Schwung nach aufwärts gebogenen
Exopoditen vor jenen der Gattung Euclicietomera aus. Die Geissein der Exopoditen setzen
sich aus etwa 10—11 Gliedern zusammen und stehen an Länge nicht hinter jenen der Arachno-
mysis zurück. Der Endopodit des ersten Brustfusses (Gnathopod, p1) ist, wie bei allen Mysideen,
kürzer und kräftiger, als die nachfolgenden; bei Brutomysis ragt er leierförmig bis zu den Mandibulartastern
und endet mit einer bezahnten Klaue des Daktylus (Fig. 4 dact.). Dass ausserdem
der Daktylus mit Hakenborsten und der Metacarpus distalwärts mit langen geraden Borsten
besetzt sind, lehrt die Abbildung.
Die Endopoditen der - nachfolgenden Brustfusspaare (p2... pß) sind auffällig verlängert.
Während sie bei Eucliaelomera gerade mit den Augen abschneiden, so überragen bei Brutomysis
diejenigen des 2. bis 4. Paares noch weit den Antennenschaft. An ihnen allen ist ähnlich wie
bei Euclicietomera, Gaesciromysis und Arachnomysis der Metacarpus (Propodos) dreigliedrig (Fig. 5).
Das erste dieser Glieder (mcarp. 1) ist stets das längste und wird an den hinteren Beinpaaren
(das siebente war abgefallen) sogar länger, als die beiden nachfolgenden (2 und 3) zusammen
genommen. Carpus und Metacarpus sind mit auffällig kräftigen Borsten besetzt, welche in ihrer
Struktur durchaus mit den bei Arachnomysis geschilderten übereinstimmen. Dem Aussenrande
der genannten Glieder sitzen nämlich in weitem Abstande kegelförmige Borsten auf, deren Spitze
in einen langen Spiirfaden auslauft, während der Basaltheil von feinen Wimpern (wie eine Bürste)
übersät ist. Der Innenrand ist durch lanzenförmige Borsten, die einseitig fein bewimpert sind
und distalwärts als Zwillingsborsten nebeneinander stehen, charakterisirt.
Die Pleopoden waren, wie dies für die jugendlichen Exemplare charakteristisch ist, noch nicht
mit gegliederten Ruderästen ausgestattet. Immerhin sind die Ruderstummel kräftig entwickelt; nur
an dem ersten Paar treten die Endopoditen durch ihre Kürze auffällig hinter den Exopoditen zurück.
Der Schwanzfächer weist ein sehr kurzes, oblonges und an der Spitze abgestutztes Telson
auf, das mit zwei langen Endborsten und mit vier. resp. fünf kurzen Seitenborsten ausgestattet
ist (Fig. 6). Die Endopoditen der Uropoden bergen an ihrer Basis das Gehörorgan mit den
relativ grossen Otolithen und sind bedeutend kürzer als die Exopoditen.
Ueber die inneren Organe vermag ich nur mitzutheilen, dass die Leberschläuche in ihrer Ausbildung
einigermassen an Arachnomysis erinnern. Die vorderen Schläuche sind kurz, die dorsalen ragen
nur wenig hervor und sind sackförmig gestaltet, während die hinteren eine ansehnlichere Entfaltung
aufweisen. Das dorsale Paar der letzteren ist bedeutend kürzer als das ventrale und mündet selbständig
in den Pylorialabschnitt des Kaumagens ein während das ventrale weit in die hintere
Thorakalregion hineinragt und durch etwas schmälere Ausfuhrgänge unterhalb des dorsalen mündet.
Die Hodenfollikel waren zwar deutlich kenntlich, aber die vasa deferentici schienen noch
nicht angelegt zu sein. Dagegen ragen die als penes fungirenden Epipodialanhänge der hintersten
Brustfüsse bereits weit vor.
8. Über die Verwandtschaftsbeziehungen der pelagischen Schizopoden.
Bei Erörterung der verwandtschaftlichen Beziehungen von Schizopoden will es mich be-
dünken, dass es nicht angezeigt sei, nach berühmten Mustern dieses Kapitel mit einem phylogenetischen
Aufputz zu beschliessen und mir den Anschein zu geben, als ob ich in die Familiengeheimnisse
und Ahnenregister tiefer eingedrungen sei als meine Vorgänger. 'Unsere Kenntnisse
vom äusseren morphologischen Bau der Schizopoden sind namentlich durch die trefflichen Monographien
von G. 0. S a r s in schätzenswerter Weise gefördert worden, aber die Entwicklungsgeschichte
einer grossen Zahl wichtiger Typen ist völlig unbekannt und zudem weist auch die
Erforschung der Weichteile empfindliche Lücken auf. Da fehlt in vielen Fällen eine sichere Basis,
auf der das luftige Gebäude der Spekulation errichtet werden könnte; da müsste häufig das
subjektive Ermessen über den Mangel an objektiver Kenntniss hinweghelfen. Aus eigener Anschauung
kenne ich die wichtigsten Vertreter der eine pelagische Lebensweise führenden Schizopoden,
d. h. jener Arten, welche im freien Ocean von der Oberfläche an bis in grössere Tiefen
verbreitet sind. Auf diese will ich mich beschränken, zumal es mir auch gelungen ist, über den
inneren Bau der aberrantesten Gattungen einige Aufschlüsse zu erhalten. Man erwarte also
nicht, dass ich mich des Breiteren über die Anschauungen von Boas (1883), welche in Ortmann
(1893) einen Fürsprecher fanden, auslasse und die Gründe nochmals vorführe, die ihn veranlassten,
die Schizopoden in die beiden Ordnungen der Euphausiacea und Mysidcicea aufzulösen. Mich will
es bedünken, dass wir sehr wohl die Schizopoden als eine geschlossene Gruppe auffassen können
und ich möchte auch glauben, dass der bewährte Kenner des Schizopoden, G. 0. Sars, das Richtige
getroffen hat, wenn er (1885 p. 10) sie in die vier Unterordnungen: Lophogastridae, Eucopiidae,
Euphausidae und Mysidcie einteilte. Ob es ratsam ist, die Eucopiden mit den Lopliogastriden zu
einer Gruppe zu vereinen und die Schizopoden mit G e r s t ä c k e r (1889) in die beiden Tribus
H olotropha (Mysidae, Lophogastridae) und H emitropha (Euphausidae) einzutheilen, will ich nicht
erörtern. So viel steht jedenfalls fest und ist durch alle Kenner der Schizopoden anerkannt
worden, dass die Mysideen die primitiveren, die Eupkausiden hingegen die höher organisierten
Schizopoden abgeben.
Was ich in diesen Zeilen beabsichtige, lässt sich kurz dahin zusammenfassen, dass die
Anpassungen an eine pelagische Lebensweise in grösseren Tiefen anschaulicher als es bisher geschehen
ist, beleuchtet werden. Im Verlaufe dieser Darlegungen hoffe ich dann auch den Nachweis
führen zu können, dass die pelagischen Mysideen einen eigenartigen und einseitig weiter ent