Stadium) jedenfalls stets zusammenhingen (vergleiche Fig. 127, 129, 130); vielleicht ist hierdurch
auch die oben erwähnte, eigentümlich abgestutzte Form der Leiste des persistirenden Zahnes
zu erklären.
Ich möchte iu diesem Zusammenhänge auf einen Befund aufmerksam machen, den ich
an einer Frontalschnittserie durch den Unterkiefer eines Embryos von Anguis fragilis (Länge von
der Schnauze zur Kloake 25 Mm.) gemacht habe. Das Präparat ist in Fig. 131 abgebildet.
Wir sehen hier, wie l a b i a lw ä r t s von d e r An l a g e des z u e r s t i n F u n k t i o n
t r e t e n d e n Z a h n e s (I) e i n e Kn o s p e (Ix) von d e r S c hme l z l e i s t e a u s g e h t ,
wel c h e o f f e n b a r di e A n d e u t u n g e i n e r ä l t e r n , zu Gr u n d e g e g a n g e n e n De n t
i t i o n v o r s t e l l t . Da ausserdem auch bei ändern Reptilien — ich erinnere an R öse’s Untersuchungen
über Crocodile (III) und meine (VI) über Iguana — während der Ontogenese unverkennbare
Spuren eines der ersten funktionirenden Dentition vorangegangenen Gebisses auftreten,
so hat sich in der Wirbelthierreihe das Unterdrücktwerden von ältern Dentitionen jedenfalls
mehrmals wiederholt *).
Eine andere kräftige Stütze der hier vertretenen Auffassung ist das Vorkommen 'von
Anfängen der Ersatzzähne lingual wärts von einigen persistirenden Zähnen ganz in der Weise,
wie ich sie bei allen ändern von mir untersuchten Beutelthieren auf entsprechenden Stadien
nachgewiesen habe — ein Befund, welcher natürlich die Homologie der persistirenden Zähne bei
Myrmecobius mit denjenigen z. B. bei Didelphys über fjeden Zweifel erhebt. Falls wir überhaupt
das persistirende Gebiss der letztem Gattung als dem Milchgebiss der Placentalier — natürlich
P 3 immer ausgenommen — homolog erachten, so kommt also selbstverständlich auch das persistirende
Gebiss des Myrmecobius in dieselbe Kategorie.
A u s d en v o r l i e g e n d e n T h a t s a e h e n g e h t s omi t h e r v o r , da s s beim
Ma r s u p i um- J u n g e n des My rme c o b i u s v e r k a l k t e R e s t e e i n e s vo n n i e d e r e n
Wi r b e l t h i e r e n e r e r b t e n Geb i s s e s , we l c h e s d e n de r e r s t e n D e n t i t i o n de r
P l a c e n t a l i e r e n t s p r e c h e n d e n Z ä h n e n v o r a n g e g a n g e n i s t , a u f t r e t e n .
An die Frage nach dem Verbleiben des P 3, wie bekannt der einzig ausgebildete Repräsentant
der zweiten Dentition bei den Beutelthieren, knüpft sich bei Myrmecobius ein besonderes
Interesse.
Wie wir gesehen haben, kommt bei Myrmecobius lingualwärts von mehreren Zähnen,
welche das glockenförmige Schmelzkeimstadium erreicht haben (darunter P d 3) % ebenso wie bei
den übrigen untersuchten Beutelthieren ein freies Schmelzleistenende vor, das bei den am meisten
ausgebildeten Zähnen (unterer J d 1 und oberer P d 3) eine knospenartige Anschwellung zeigt.
Ferner haben, wie erwähnt, sowohl T homas (I) als ich (VII) schon früher nachgewiesen, dass bei
ä l t e r n Exemplaren die Entwicklungsart des 3. Backenzahns bekundet, dass derselbe ein Ersatzzahn
ist, welcher einen Vorgänger gehabt haben muss.
Um hierüber nähere Aufschlüsse zu erhalten, habe ich die betreffende Stelle eines Unterkiefers
dieses ältern Stadiums (Länge von der Schnauze zur Schwanzwurzel 111 Mm) auf Frontal-
J) Vielleicht muss ich ausdrücklich betonen, dass ich natürlich keinerlei direkte oder specielle Homologie zwischen
der unterdrückten Dentition bei Reptilien und derjenigen bei Myrmecobius annehme.
2) Ob bei denjenigen glockenförmigen Schmelzkeimen, an denen kein freies Schmelzleistenende beobachtet worden,
diese erst später auftritt (wie wahrscheinlich), oder ob die Schmelzleiste ganz in die Schmelzkeime übergeht, vermag
ich aus Mangel von nächst älteren Stadien nicht zu entscheiden.
schnitten untersucht. Das Ergebniss ist, dass ich wohl eine gut erhaltene Schmelzleiste, welche
mit dem noch ziemlich schwach verkalkten Zahn zusammenhängt, aber keine Spur eines Vorgängers
gefunden habe. Dieser Befund könnte nun bei oberflächlicher Musterung für W inge’s
Hypothese (I) günstig erscheinen. W. nimmt an, dass theils in Folge der geringen Grösse der
Zähne, theils in Folge der Länge der Kiefer die meisten Zähne so weit von einander gerückt
sind, dass im Oberkiefer der 3. Backenzahn Platz bekommt, v o r seinem Vorgänger durchzubrechen
ohne denselben zu verdrängen; der „Milchzahn“ P d 3 existirt nach W inge noch im
persistirenden Gebiss als der kleine 4. Backenzahn^J.;; Aehnlich deutet W. die Verhältnisse im
Unterkiefer. Auch in seiner neuesten Arbeit (III) vertritt W inge diese Auffassung.
Nun geht aber aus der obigen Untersuchung hervor,
1) dass der 3. Backenzahn beim ‘ untersuchten, 20 Mm langen Beuteljungen ganz
entschieden derselben Zahnreihe angehört wie die übrigen, somit ein P d 3 ist ;
2) dass der 3. Backenzahn beim ältern, 111 Mm langen Thiere dagegen nicht derselbe
Zahn, wie beim jüngern Individuum, sondern ein Ersatzzahn, somit ein P 3
sein muss, da sonst sein bedeutend späteres Hervortreten unerklärbar wäre;
3) dass der 4. Zahn wenigstens im Unterkiefer ein wirklicher Molar und kein „Milch-
Prämolar“ ist; dieses erhellt aus dem Verhalten der Schmelzleiste ') und ist um
so bemerkenswerther, als er in jeder Richtung kleiner als Prämolaren und Molaren
i s t2). Ausserdem wäre doch zu erwarten, dass, falls der 4. Zahn der
„Milchzahn“ (Pd 3) wäre, derselbe auf jedem Stadium weiter entwickelt sein
sollte als der entsprechende Ersatzzahn (der 3. Backenzahn nach W inge), was
aber, wie .wir gesehen, nich t der Fall ist.
Winges Hypothese erhält somit durch die entwicklungsgeschichtlichen Thatsaehen keine
Stütze. Diese berechtigen vielmehr zu der Annahme, dass auch bei Myrmecobius ein Ersatz des
P d 3 durch einen P 3 stattfindet, wenn auch erstgenannter ebenso wie bei einigen ändern Beutelthieren
[Thylacinus3) und eiuige Phascologale-Arten]4) in seiner Ausbildung wahrscheinlich stark
reduzirt ist und früh schwindet. Zur Bekräftigung dieser Annahme wäre allerdings die Untersuchung
eines Zwischenstadiums, das mir nicht zu Gebote steht, sehr wünschenswerte
Perameles nasuta.
Marsupium-Junges. Länge von der Schnauzen-Spitze bis zur Kloake 70 Mm. Nackt bis
auf einzelne längere Haare an den Oberlippen und an den Warzen der oberen Augenlider, der
Wangen des Unterarms und des Kinnes. Definitive Mundspalte.
Nur der Un t e r k i e f e r wurde untersucht. Die Ausbildung der Zähne steht etwa
zwischen dem Stadium D und E bei Didelphys und bietet keine nennenswerthe Abweichungen
dar. Deutliche knospenförmige Schmelzkeime lingualwärts von M 1 und M 2 sind vorhanden.
*) Vergleiche bezüglich des Verhaltens der Schmelzleiste bei reduzirten Molaren die Ausführungen bei Phoca
und Desmodus.
■ 2) Wie ich schon früher (VII) gezeigt, ist der verkümmerte Habitus des 4 . obern und untern Backenzahnes
hauptsächlich erst während der individuellen Entwicklung erworben worden.
*) Flower (III).
*) Thomas (I).