
Organ in den Fühlern haben, und die Taster werden nur geringen Anteil am Riechvermögen haben;
sie werden bei den Lamellicorniern wie bei vielen anderen Insekten zum Beriechen aus nächster Nähe,
verbunden mit Tasten, dienen können (Riechtasten).
Anatomisch habe ich bis jetzt nur die Maikäferfühler genauer untersucht, und im wesentlichen
das bisher Bekannte bestätigen können. Wie 0. vom R a th und R u la n d richtig angeben, ist die
Meinung K rä p e lin ’s, dass in jeder der zahlreichen Fühlergruben ein Haar sich finde, irrtümlich.
0. vom R a th beschreibt die Organe im wesentlichen richtig, bildet sie aber etwas unvollkommen
und unnatürlich ab. R u lan d stützt seine Behauptung, dass die Chitinhülle von Riechorganen stets
durchbrochen sein müsse, ausgesprochenermassen auf seine Befunde bei Melolontha. Es ist somit wohl
nicht überflüssig, wenn ich auf die Hautsinnesorgane gerade dieses Käfers etwas näher eingehe. Auch
bin ich von meiner früheren Arbeit her (über „die niederen Sinne der Insekten“ , welche eine vorläufige
Mitteilung eines Teiles dieser vorliegenden Arbeit darstellt), noch den Nachweis schuldig, inwiefern
ich die Angaben der Autoren über durchbohrte Chitinkegel nicht anerkennen kann. Herr
R aw itz , welcher über jene Arbeit in der „naturwissenschaftlichen Rundschau“ referiert hat, wird
alsdann die Möglichkeit haben, „die Grenze zu erkennen, wo die Erfahrung aufhört und die Spekulation
beginnt, und ob die Ansichten des Verfassers auch immer aus den Thatsachen abzulesen sind.“
Ich finde an den Maikäferfühlern in der Hauptsache 4 Arten von Sinnesorganen (Fig. 106),
zwischen welchen jedoch teilweise Übergänge bestehen. Es sind dies:
1) K u p p e lfö rm ig e Organe. Von diesen finden sich verschiedene Grössen, welche bis
um das dreifache im Durchmesser sich unterscheiden. In einer steilwandigen, tiefen Grube steht eine
zartkontourierte Kuppel, die oben abgeflacht ist, und zuweilen bis nahe an den Grubenrand heraufreicht.
Anstatt näherer Beschreibung diene die Fig. 106. a, e. Der zugehörige Porenkanal besitzt meist einen
bedeutend geringeren Durchmesser als die Kuppel. Der Inhalt von Kuppel und Kanal färbt sich mit
Hämatoxylin, stärker noch mit Nigrosin, und lässt namentlich bei ersterer Färbung zuweilen deutlich
einen dunkleren zentralen Strang erkennen, der an der Oberfläche der Kuppel sich flächenhaft ausbreitet,
wie dies R u lan d richtig abgebildet hat. Diese Organe sind weitaus die zahlreichsten am
Maikäferfühler. Viel seltener finden sich die
2) sch ü sse lfö rm ig en Organe, bestehend aus einer flachen Kuppel, auf welcher eine aus
Chitin gebildete Schüssel aufsitzt, wie dies Fig. 106 b zeigt. Dies seltsame Gebilde wird verständlicher,
wenn man die bisher nicht bekannten, aber recht zahlreichen Übergangsformen zwischen 1)
und 2) berücksichtigt, welche einen nahen Zusammenhang zwischen beiden erkennen lassen. Diese
habe ich in Fig. 106 f und Fig. 106 g abgebildet, sie sind wohl ohne Erklärung verständlich-, und
bilden die Mittelglieder zwischen den Kuppeln einerseits, den Schüsseln andererseits.
3) H a a r e in G ru b e n , auf einer ganz flach gewölbten dünnwandigen Kuppel stehend
(Fig. 106 c). An Zahl stehen sie zwischen 1) und 2). Die Länge des Haares ist 1 y, die Dicke
0,1 fx, seine Farbe an Hämatoxylinpräparaten blassbläulich. Bei lOOÜfacher Vergrösserung und Verwendung
einer guten Immersionslinse war es mir nicht möglich, zu erkennen, ob das Haar hohl und
mit plasmatischem Inhalte erfüllt, oder homogen ist. Ich bezweifle auch die Möglichkeit einer solchen
Erkenntnis mit den jetzigen Hilfsmitteln, denn eine doppeltkontourierte Wandung kann hier allzu
leicht durch die Lichtbrechungsverhältnisse im Chitin vorgetäuscht werden. Deshalb halte ich es auch
für unmöglich, zu erkennen, ob das Haar nach der von R u lan d verwendeten Methode des Kochens
mit Kalilauge noch mit Inhalt erfüllt oder hohl ist. Auch massive Chitinhaare werden durch Kalilauge
so durchsichtig, dass sie leicht zu dem Glauben veranlassen können, sie hätten einen vorher vorhandenen
Inhalt jetzt verloren. Sind aber, was ja nicht unmöglich ist, die Haare wirklich hohl, so
hat R u lan d jedenfalls diese Thatsache und die weitere der Durchbohrung an der Spitze nicht, wie
er meint, damit bewiesen, dass er nach Kochen mit Kali an der Haarspitze zuweilen etwas fand, was
ihm als ausgetretener Inhalt erschien. E rs te n s konnte diese fragliche Masse sehr leicht ein zufällig
hängen gebliebenes Teilchen sein, wie sie in Kalipräparaten nie fehlen. Diese Teilchen können hineingefallene
Verunreinigungen sein, oder losgelöste Teilchen des Präparates selbst. Die sorgfältigste
Reinigung kann solche Partikelchen nicht entfernen. Z w e ite n s aber hätte, wenn diese Masse an
der Haarspitze ausgetretenen plasmatischen Inhalt darstellen sollte, dieselbe doch wohl vom Kali aufgelöst
werden müssen, warum geschah das nicht? D r itte ns, selbst zugegeben, dass jenes Klümpchen
organischer Natur und ausgetretener Haarinhalt war, ist damit noch lange nicht erwiesen, dass das
Haar vor dem Kochen schon eine Öffnung hatte. Dieselbe konnte auch durch das Kochen erst entstanden
sein, indem der innere Überdruck die Membran sprengte, oder die Lauge sie auf löste. Es
hat ja niemand bewiesen, dass alle Formen des Chitins widerstandsfähig gegen Kali sind; sicher sind
nicht alle Chitinteile im g le ich en Masse dagegen resistent, ebenso wiegegen Salpetersäure. Und vierte
n s muss ich hier auf das zurückkommen, was ich schon oben bemerkt habe: es ist unrichtig, die
Chitindecke der Insekten wie ein Futteral zu betrachten, in dem das Tier drin steckt, und welches
stellenweise Löcher offen lässt; vielmehr ist sie die äusserste Schicht des Tierkörpers und gehört mit
zum lebendigen Verbände desselben; das Chitin ist demnach auch nicht vom Zellkörper zu trennen,
ohne dass einer von beiden Teilen Reste am anderen Teile hängen lässt. Wenn man sich dies gegenwärtig
hält, wird man nicht versucht sein, das zarte Chitinhäutchen auf Kegeln und Porenplatten als
eine impermeable Wand zu betrachten. Es giebt übrigens eine Menge von Beispielen, welche beweisen,
dass so dünne Membranen, auch wenn sie völlig homogen erscheinen, doch permeabel für allerlei
chemische Austauschungsprozesse sind. Als das schlagendste Beispiel lassen sich die roten Blutkörperchen
der Wirbeltiere anführen, welche eine deutlich nachweisbare Membran besitzen, die natürlich
auch nur die äusserste Schicht des Zellleibes darstellt; trotzdem vollzieht sich der Prozess des Sauerstoff
und Kohlensäureaustausches in der äusserst kurzen Zeit, während welcher die Blutkörperchen
in den Lungenkapillaren verweilen. Auch die Pflanzenzellen, besonders der Algen, die Glomeruli der
Niere und viele andere Beispiele lassen sich hier ins Feld führen.1) R u lan d behauptet nun allerdings
nicht, dass das Riechen durch eine Membran niefit möglich sein könne, sondern er ist zu seinem
Resultate, dass Riechorgane freiliegen müssen, a posteriori gekommen, indem er sie wirklich in vielen
Fällen durchbohrt gefunden zu haben glaubt. „Nachdem ich mich aber überzeugt, dass Durchbohrungen
sich selbst bei den zartesten Härchen, bei denen ich es kaum für möglich gehalten, nachweisen lassen
{Melolontha etc.), halte ich mich zu dem Schlüsse berechtigt, dass nur solche Haargebilde wirklich
als chemisch percipierende Organe aufgefasst werden können, die an der S p itz e d u rc h b o h rt sind.
Dass dies jedoch nur eine theoretische Entscheidung, die praktisch mancherlei Schwierigkeiten bietet,
wurde bereits oben hervorgehoben.“ (1. c. pg. 606.)
K räp e lin (161) hält einen Teil der Haargebilde (z. B. bei Krebsen, Kegel von Vespa,
Formica etc.) ebenfalls für durchbohrt, und auch vom Rath (255) schliesst sich .ihm an, hält aber
auch die Riechfunktion nicht durchbohrter Platten, wie der Porenplatten der Hymenopteren für mög-
*) Geht doch auch die Wachsabscheidung bei Insekten durch die Chitinwand der sog. Wachshaare hindurch von
statten. Vergleiche P. M a y e r , Zur Kenntnis von Coccus cacti. Mitteil, der Zool. Stat. Neapel. Bd. 10.