dass geschlechtliche and ungeschlechtliche Vermehrung sich nicht ausschüessen. So berichtet
B u s c h (1851, p. 7) von der Sarsia prolifcra, dass er viele Exemplare einfing, „die mehr oder
weniger entwickelte Geschlechtstheile hatten und zu gleicher Zeit Knospen trugen,, so dass die
G-eihmation selbst als ein von der geschlechtlichen Zeugung ganz unabhängiges Phänomen, gleichviel
ob mit ih r, ob ohne sie, vor sich geht“. Dasselbe Verhalten berichten einerseits K ro h n von
der Ekutheria (1861, p. 165), andererseits Böhm (1878, p. 129) und H a eo k e l (1879, p. 74) von
einigen Margeliden (Eathkea octopunctata Sars, Gytaeis nigriHna Haeck. und Gytaeis macrogaster Haeck.)
Ich selbst habe, wie in einem späteren Kapitel noch eingehend dargelegt werden soll, die Ausbildung
von Geschlechtsprodukten bei knospenden Exemplaren der Liszia Glapareda genau , ver-
folgen können.
Angesichts der unbestreitbaren Thatsache, dass gelegentlich dasselbe Individuum gleichzeitig
proliferirend und geschlechtlich thätig gefunden wird, darf immerhin betont werden, dass
ein derartiges Verhalten noch von keiner Sarsiade bekannt wurde, welche Knospen am Manubrium
treibt. Es ist wohl möglich, dass manche Arten, welche lediglich im proliferirenden Zustand
bekannt wurden, dem Entwicklungskreise anderer Sarsien angehören j Ä i denen' ausschliesslich
die geschlechtlichen Zustände zur Beobachtung gelangten. Ich denke hierbei speziell an die
oben von mir als Sarsia gemmifera Forbes geschilderte Form. "Wenn ich die von mir untersuchten,
aus dem Kieler Hafen stammenden Exemplare mit Sarsia gemmifera Forbes idäntifieirte, Sir bin ich
mir wohl bewusst, wie schwierig es im gegebenen Falle ist, einen sicheren Entscheid zu fällen,
ob diese Zurückführung zutreffend ist. Jedenfalls sind die im vorliegenden Exemplare bedeutend
kleiner als Sarsia gemmifera nnd unterscheiden sich auch dadurch von jener, dass das Manubrium
weit aus der Subumbrellarhöhle hervorragt. Sie gleichen in letzterer Hinsicht mehr
der Sarsia clavata JGeferstein. Da indessen die Knospung eine ähnlich ausgiebige ist, wie hei
S. gemmifera, und da F o rb e s angibt, dass die Contraktionszustände des Mannbriums ungemein
wechseln, so habe ich die Bezeichnung „gemmifera“ beibehalten. Vergleicht man die knospenden
Sarsien ans dem Kieler Hafen mit jugendlichen Exemplaren der Sarsia tubulosa, welche isich eben
erst von dem Keulenpolyp loslösten, so lässt sich in der Form der Glocke kaum ein Unterschied
erkennen. Die Ocellarbnlben und die Tentakel sowohl, wie auch die Grössen Verhältnisse der
Umbrella (meine Exemplare maassen 0,4—Vmm) stimmen dermaassen überein, dass ich keinen
Anstand nahm, nach den mir übersendeten Mikrophotographieen eben frei gewordener Exemplare
von Sarsia tubulosa die Gontouren der Glocke zagjzeichnen.
Ob nun thatsächlich die Sarsia gemmifera Forbes den proliferirenden Zustand der Sarsia
tubulosa Ära darstellt, müssen, spätere Untersuchungen lehren. Im geschlechtsreifen Zustand erscheint
Sarsia tubulosa än unserer norddeutschen Küste im FrühjahriSV E. Schulze (1878. p. 14)
beobachtete sie vor Warnemünde von April bis Juni, während sie in der Kieler Bucht bereits
von Ende Februar an auftritt. Die Sarsia gemmifera hingegen wurde nach mir zngegangenen
Mittheilungen von Vanhö:ffe n nur im August 1891 in der Kieler Bucht beobachtet. Sie
fehlte in den eigens auf ihr Vorkommen untersuchten Planktonfängen von Noyember 1888 an
und ebenso in den Jahren hach 1891, doch ist “ihr Vorkommen bei Kiel nach Aufzeichnungen
von Möbius (ohne Datum) in früheren Jahren bereits eonstatirt worden.
H. Das Knospungsgesetz der Margeliden.
Historisches.
Nachdem ich auf das Knospungsgesetz der Sarsiaden aufmerksam geworden war, schien
es mir angezeigt, auch die knospenden Margeliden in den Kreis der Betrachtung zu ziehen und
zu prüfen, ob bei ihnen ebenfalls eine gesetzmässige Anlage der Medusensprösslinge zu beobachten
ist. Sie stellen ja ein weit reichlicheres Contingent an knospenden Craspedoten als die Sarsiaden,
und zudem wurde gerade an ihnen das Vermögen ungeschlechtlicher Vermehrung durch Michael
S a r s entdeckt. Bereits im Jahre 1835 wurde S a r s auf die von ihm als Gytaeis octopunctata
beschriebene Meduse aufmerksam, deren kurzer Magen mit cy lindrischen Knoten ■ bedeckt war
(Beskrivelser etc., p. 6, Taf. I, Fig. 3 a—g). Im Frühjahr 1836 fand er wiederum Gelegenheit,
diese Margelide zu beobachten, und sah zu seinem Erstaunen, dass die erwähnten Knoten knospende
Tochtermedusen waren. Er berichtete kurz über seine Entdeckung in W iegm an n s
Archiv für 1837 (p. 406) und gab dann in der „Fauna littoralis“ eine ausführlichere Darstellung
des Vorganges (p. 10—13, Taf. 4, Fig. 7—13).
Ich werde im Verlaufe meiner Schilderung der Knospung von Gytaeis (Rathkea) octopunctata
noch Gelegenheit nehmen, darauf hinzuweisen, dass keiner der zahlreichen Beobachter von Knospungsvorgängen
bei Margeliden das Verhalten ähnlich genau und zutreffend beschrieben hat, wie
der Entdecker des Generationswechsels von Polypen und Medusen.
In demselben Jahre, wo S a r s die Gytaeis octopunctata beobachtete, entdeckten übrigens
auch E y d o u x e t S o u le y e t auf der Weltumsegelung der „Bonite“ eine von ihnen als Gytaeis
tetrastyla (macrogaster Haeclc.) bezeichnete Margelide, deren obere Magenhälfte mit zahlreichen
Knospen bedeckt war. Die Beschreibung dieser Art wurde allerdings erst 1852 (Vol. II, p. 641,
Taf. II, Fig. 4—15) veröffentlicht. Inzwischen mehrten sich unsere Kenntnisse von proliferirenden
Margeliden durch die Beobachtungen von Ed. Forbe s (1848), Busch (1851) und Krohn (1851)
so beträchtlich, dass wir bereits im Jahre 1852 von nicht weniger denn sechs Arten wohl verbürgte
Nachrichten über den ungeschlechtlichen VermehrungsVorgang haben. Die folgende Liste
gibt mit Berücksichtigung der neueren Litteratur ein Verzeichniss der knospenden Margeliden.
Gytaeis tetrastyla (macrogaster Haeck) Eyd. Soul.
E y d o u x e t S o u le y e t, Voyage de la Bonite, 1835. Zool. 1852, Vol. II, p. 641.
PI. II, Fig. 4—15.
H a e e k e l, Syst. d. Medusen, 1879, p. 74. Taf. VT, Fig. 1.
(Zahlreiche Knospen auf der oberen Magenhälfte.)