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 gegeben  habe,  mag  vielleicht  den  Leser  überzeugt  haben,  dass  es  nur  auf  dem Wege  des  Vergleiches  
 gelingt,  ein  volles Verständniss  für  die  morphologische  und  physiologische  Eigenart  der  
 Tiefseeaugen  zu  gewinnen.  Die  Anpassungen,  welche  dahinführten,  dass  das  für Wahrnehmung  
 bei  Tag  und  Nacht  eingerichtete  Kugelauge  der  Flachwasser-Mysideen  und  der  Euphausiden-  
 gattungen  Thysanopoda,  Nyctiphanes  und  Euphciusia  in  ein  zweigeteiltes  Dunkelauge  übergeführt  
 wurde,  lassen  sich  schrittweise  verfolgen,  und  ich  glaube  im  vorigen  Kapitel  (p.  181  189)  mit  
 guten Gründen  nachgewiesen  zu  haben,  dass  die  phyletische Entwicklung der Tiefsee-Schizopoden  
 in  diesem  Verhalten  ihren  Ausdruck  findet. 
 3.  Die  Augen  der  Sergestiden. 
 Taf.  XX-Fig.  3—8. 
 Nach  den  Erörterungen  über  den Bau  und  die  Leistung  des Schizopodenauges  scheint  es  
 mir  angezeigt,  bei  einigen  pelagischen  Crustaceen  auf Facettenaugen  hinzu weisen,  welche  durch  
 die Abweichung  von  der  normalen Kugelgestalt Interesse  erwecken  dürften.  Wenn  ich  in  erster  
 Linie  die  Sergestiden  herausgreife,  so  geschieht  dies  nicht  nur  aus  dem  Grunde,  weil  sie  eine  
 durch hochpelagische Lebensweise  ausgezeichnete Familie  repräsentiren,  sondern  auch,  weil  durch  
 meine  früheren  Untersuchungen  (1887  p.  83,  1889  j>.  20)  bekannt  geworden  ist,  dass  einzelne  
 Vertreter  der  Gattung  Sergestes  die  grösseren  Tiefen  bevorzugen.  Ein  jugendliches  Exemplar  
 des  durch  die  exorbitante  Länge  seiner  Antennen  ausgezeichneten  Sergestes  (Sergia)  magnificus  
 Chun  fand  ich  im Inhalt des in ca. 800 m  versenkten Schliessnetzes  vor Isehia  und  eine  vielleicht  
 S.  longirostris  Sp.  B ä te   zugehörige  Larve  im  Schliessnetz  aus  500  m  bei  der  Überfahrt  nach  
 den Canaren.  Da  nun  regelmässig  die  in  grössere  Tiefen  versenkten  offenen  Netze  Sergestiden  
 und  deren Larvenformen  enthielten,  so  dürfte  die Annahme  wohl  nicht  von  der  Hand  zu  weisen  
 sein,  dass  sie  einen  Bestandtheil  der  in  dunklen  oder  nur  von  Dämmerlicht  erleuchteten  Regionen  
 schwebenden  Fauna  ausmachen. 
 Mit  diesen  Befunden  stimmen  diejenigen  der  Plankton-Expedition  insofern  überein,  als  
 Sergestes  Atlanticus M.  Ed w.  in  einem Schliessnetzfang  aus  700—500 m  und  eine Sergestidenlarve  
 sogar  in  der  bedeutenden  Tiefe  von  3450 — 3250 m  erbeutet  wurde  (O rtm an n   1893 p. 59 u.  70).  
 Dabei  geriethen  sowohl  auf  der Plankton-Expedition,  wie  auf  der  Fahrt  des  „Albatross“  im  pa-  
 cifischen  Ocean  Sergestiden  häufig  in  die  offenen  Tiefennetze.  Wenn  freilich  die  Nachrichten  
 über die Tiefenverbreitung  der Sergestiden relativ spärlich  fliessen,  so  liegt  dies wesentlich daran,  
 dass  sie  mehr  vereinzelt  und  nicht  in  solchen  Schwärmen  wie  die  Euphausiden  im  Ocean  verbreitet  
 sind. 
 Was  nun  die  Augen  der  Sergestiden  anbelangt,  so  zeigt  schon  ein  Blick  auf  die  der  
 Monographie  v o nK ro y e r   (1859)  beigegebenen Abbildungen,  dass  sie  häufig  von  der  Kugelform  
 abweichen.  Kuglig  gestaltete  Augen,  die  zudem  von  mässiger  oder  nur  geringer  Grösse  sind  
 (Sergestes Erisii Kr., S.  cormitus Kr.),  scheinen sogar seltener vorzukommen,  als eiförmig gebildete.1) 
 Ebenso  wie  die  Form  der Augen  schwankt  auch  die Länge  des Augenstieles  bei  den  einzelnen  
 Arten.  Im Allgemeinen  ist  er kurz  bei  den mit Kugelaugen  ausgestatteten,  lang hingegen  
 bei  den  durch  eiförmige Augen  ausgezeichneten Formen.  Die  letzteren  sind  es  nun,  welche  vorwiegend  
 unser  Interesse  in  Anspruch  nehmen  und  deren  bisher  noch  so  gut  wie  unbekannt  gebliebene  
 Augen  ich  in  ihrem  feineren  Bau  vorführen  möchte. 
 Betrachtet man  das  eiförmige  Sergestidenauge  von  der  Seite,  so  ergiebt  es  sich,  dass  es 
 *)  In  dem  soeben  (1895)  erschienenen  prächtigen  Werke  über  die  vom  „Albatross“  erbeuteten  Tiefscepodoph-  
 thalmen  (W.  F a x o n ,  The  stalked-eyed  Crustácea,  Mem.  Mus.  Comp.  Zool.  Cambridge  Vol.  XVIII)  wird  ein Ser//estes inous  
 Fax.  beschrieben  (p.  208,  Taf.  51  Fig.  2),  dessen  Augen  auffällig  klein  und  nicht  breiter  als  der  Augenstiel  sind.