Plankton-Expedition erbeuteten Gattung Gaesaromysis (O rtm an n 1893, p. 24). Den Stirnrand
des Cephalothorax krönen fünf Stacheln, von denen der mittelste als das dornförmig entwickelte
Rostrum aufzufassen ist. Weiterhin wird vor dem Thorakalschild jederseits ein kräftiger Stachel
ausgebildet und endlich sitzen dem Hinterrande der sechs Abdominalsegmente 7 Stacheln, ein
medianer und drei Paare seitlicher, auf. Bei dem jungen Männchen (Taf. XIV, Fig. 1) war der
dem Rostrum entsprechende Stachel noch nicht ausgebildet.
Die Augen sind ungewöhnlich lang gestielt und kegelförmig gestaltet. Bei einer Länge
von 0,7 mm (mit Ausschluss des Stieles) sind sie relativ gross und seitlich weit vorgeschoben
(Taf. XIV, Fig. 1). Wenn sie auch erst im nächsten Kapitel eine eingehendere Darstellung finden
sollen, so glaube ich doch schon hier auf ein unter den gesammten Schizopoden einzig dastehendes
Verhalten hinweisen zu dürfen: d a s S e ite n a u g e f e h l t v o lls tä n d ig u n d n u r das
F r o n t a u g e h a t s ic h e r h a lte n .
Nicht minder eigenartig und monströs entwickelt sind die e r s te n (in n e ren ) A n te
n n e n (at'). Der dreigliedrige Schaft ist kurz und stämmig; die Innengeissel kommt dem
Körper an Länge gleich, während die Aussengeissel ihn um das Vier- bis Fünffache überbietet
und in regelmässigen Intervallen hochrot pigmentirt ist (Chun 1887, Taf. IV, Fig. 2). Die drei
Schaftglieder (I, II, HI) sind mit kräftigen Muskeln ausgestattet, deren Anordnung die Figuren
2 und 3 auf Tafel X1H wiedergeben. Das mittelste Schaftglied (H) ist das kürzeste und schaltet
sich wie ein Keil nach oben und aussen zugespitzt zwischen die beiden ändern ein. Das die
beiden Geissein tragende Endglied (in) ist nicht nur das umfänglichste, sondern auch durch
seine Struktur bemerkenswertheste. Es läuft nämlich nach vorne auf seiner Unterseite in einen
plumpen Zapfen aus, ähnlich den zapfenförmigen Verbreiterungen* welche nach der Darstellung
von G. 0. S a r s für die Männchen der Siriella und für die männlichen Tiefseeschizopoden aus
den Gattungen Anchialus, Erythrops, Pareryfhrops und Pseudomma charakteristisch sind. In die
A n te n n e n z a p fe n d e r m ä n n lic h e n A rachnomysis fin d e ic h e in A n te n n e n g a n g lio n
e in g e b e t t e t , w e lc h e s an Um fan g n a h e z u dem G e h irn e g le ic h kommt. (Taf. XIII,
Fig. 2 g. at.). Seine gewaltige Grösse kann nicht überraschen, da es einem System von Sinneshaaren
als Unterlage dient, das an reicher und zugleich reizvoller Entfaltung unter den gesammten
Crustaceen seines Gleichen suchen dürfte. Ein Schopf auffällig langer, seidenglänzender
und an ihrem Ende in elegantem Schwung nach einwärts gebogener Sinnesborsten krönt das
zapfenformige Polster und bildet einen wahren Schmuck für die männliche Arachnomysis. Da ich
keine Weibchen erbeutete, so vermag ich nur die — allerdings begründete — Vermuthung zu
äussern, dass wir es hier mit einem bemerkenswerthen sekundären Geschlechtscharakter zu thun
haben, welcher dem Männchen das Aufspüren der Weibchen ermöglicht. Von der Seite gesehen
scheinen die Sinneshaare in einer eng gewundenen Spirale zu stehen, allein die Ansicht von der
Unterfläche des Antennengliedes (Taf. XIII, Fig. 3) belehrt, dass sie sich in einer Curve an»
ordnen, welche am Besten einem griechischen o> zu vergleichen ist. Bei dem jungen Männchen
ist der kolbenförmige Antennenzapfen kaum angedeutet und zudem fehlen ihm völlig die seidenglänzenden
Haare. Sie scheinen erst bei der letzten Häutung (ähnlich den Sinneshaaren an der
männlichen Phronimidenantenne) angelegt zu werden.
Nach der Darstellung von G. 0. S a r s kommt ein Schopf von Spürhaaren allen männlichen
Mysideen, speziell auch den oben erwähnten Tiefseeformen, zu. Bei keiner Gattung scheint
er indessen eine ähnlich üppige Entfaltung wie bei Arachnomysis aufzuweisen.
Auch die beiden Flagelia (fl', fl") werden an ihrer Basis von langgestreckten Ganglien
durchzogen, welche freilich an Umfang bedeutend hinter dem im letzten Schaftglied gelegenen
zurückstehen (Taf. XHI, Fig. 2 g. fl. Taf. XIV, Fig. 1 g. fl.). Das in dem etwas angeschwollenen
Basaltheil der Aussengeissel (fl') gelegene Ganglion versorgt mit seinen Ausläufern eine lang gezogene
Reihe von etwa 26—30 schlauchförmigen Sinneshaaren (Taf. XHI, Fig. 2). Weiterhin
sitzen den in regelmässig alternirende kürzere und längere Ringel gegliederten Flagella Sinnesborsten
auf, welche bereits zwischen den schlauchförmigen stehen. Sie sind zweizeilig angeordnet
und bestehen aus einem derberen conisch zugespitzten Basaltheil und einem längeren schlauchförmigen
Endfaden. Einer ähnlichen Gestaltung von Sinnesborsten — nur in gröberer Ausführung
— wird späterhin bei Schilderung der Thorakalfüsse gedacht werden. Wenn ich endlich
noch hervorhebe, dass zwischen den beiden Geissein auf der Oberseite des letzten Schaftgliedes
zwei kräftige Dorne (sp.), ein grösserer und ein kleinerer, sich vorfinden, so hätte ich
der wesentlichen Eigenthiimlichkeiten im Aufbau der inneren Antennen gedacht.
Die zw e ite n (äu sse re n ) A n te n n e n (at") sind nicht minder eigenthümlich gestaltet,
als die inneren: sie bestehen aus einem viergliedrigen Schafte, dem eine monströs lange Geissel
aufsitzt (Chun, 1887, Taf. IV). Das erste Schaftglied (I), welches zwei verschmolzenen Proto-
poditengliedern als homolog zu erachten ist, enthält das Excretionsorgan (die Antennendrüse)
und ist ziemlich stämmig gebaut (Taf. XIH, Fig. 2 at", Taf. XIV, Fig. 3 u. 4). Es ist in seiner
Mitte eingekerbt und läuft seitlich in einen besonders kräftigen Dorn (sp.) aus. Ich hielt ihn
friiherhin für die rückgebildete Schuppe, überzeugte mich indessen, dass er entschieden einem
kurzen dornförmigen Fortsatz entspricht, welcher bei verschiedenen Mysideengattungen (Psmdomma,
Parerythrops, Aniblyops, Siriella, Bnitomysis) neben und ausserhalb von der Schuppe auftritt. E in e
S c h u p p e (Exopodit) f e h l t v ollkommen b e i Arachnomysis. Durch diesen Charakter
steht unsere Gattung ganz vereinzelt unter den gesammten Schizopoden da: weder das junge
(Taf. XIV, Fig. 4) noch auch das erwachsene Männchen (Fig. 3) zeigen eine Spur einer Schuppe.
So befremdlich dieses Verhalten auch auf den ersten Blick erscheinen mag, so wird es doch durch
die Verkürzung und rudimentäre Gestaltung der Schuppe bei einigen Mysideengattungen vorbereitet.
Bei Euchaetomera und Brutomysis ist sie nur wenig länger als der Schaft, verkürzt sich dann bedeutend
bei Anchialus (G. 0. S a r s 18S5, p. 192), um schliesslich bei Caesaromysis zu einem griffel-
formigen Fortsatz rückgebildet zu werden (Ortmann 1893, p. 24). Arachnomysis stellt somit das extreme
Endglied einer Entwicklungsreihe dar, welche nicht nur durch die Rückbildung der Seitenaugen,
sondern auch durch den Mangel einer Schuppe in besonderem Maasse bemerkenswerth erscheint.
Die Mysideen zeichnen sich vor den Euphausiden dadurch aus, dass zwischen das Basalglied
und die beiden Endglieder des Schaftes ein selbständiges Glied sich einschaltet. Es scheint
dieses zweite Schaftglied (II) sich allerdings bei manchen Euphausiden (so z. B. bei Euphausia)
selbständig zu erhalten, während ich es bei den von mir speziell untersuchten Gattungen Nema-
toscelis und Stylocheiron stets mit dem Basalglied verschmolzen fand. Bei Arachnomysis schiebt es
sich wie ein Keil von Innen nach Aussen zugespitzt zwischen das Basalglied und das dritte
Schaftglied ein. Letzteres (III) ist breit und kurz, während das vierte Schaftglied (IV) länger
als alle vorausgehenden ist und eine cylindrische Form aufweist. In seinem Distalende liegt ein
Ganglion, das lang ausgezogen in den Basaltheil der geringelten Geissel übergreift (Fig. 4 g. fl.)
Die Schaftglieder, namentlich die drei ersten, sind mit kräftigen Muskelbündeln ausgestattet,
deren Anordnung aus den Figuren 3 und 4 ersichtlich ist.