Eier, welche zu seiner Ueberraschung eine kleine, mit acht Tentakeln ausgestattete, craspedote
Meduse enthielten. Er kam denn auch bald dem Mutterthiere, in welchem er eine Lizzia (Lizzia
Claparedei Haeckel) erkannte, auf die Spur. Viele dieser kleinen Medusen waren Weibchen, während
vergeblich nach Männchen geforscht wurde. Die im Manubrium gelegenen Eier waren theils
ungefurcht, theils enthielten sie Embryonen in verschiedenen Stadien der Entwicklung, welche
durchaus den pelagisch gefischten Embryonen glichen. So kommt denn C la p a re d e zum Schluss,
dass die Lizzia sich ohne Generationswechsel fortpflanzt und noch innerhalb des Ovariums Embryonen
ausbildet, welche, von den mangelnden Mundgriffeln und der geringeren Tentakelzahl
abgesehen, dem Mutterthier gleichen.
Allerdings verhehlt C la p a rä d e nicht, dass man den Ein wand erheben könne, es handle
sich bei den im Ovarium gelegenen Embryonen um Knospen. Die Ausführungen, mit denen er
diesem Ein wand zu begegnen sucht, sind so interessant, dass ich sie mit seinen eigenen Worten
wiedergebe: „Dieses fruchtlose Forschen nach Lw^a-Männchen ist also noch kein Beweis, dass
die fraglichen Körper Knospen seien. Ausserdem sind dieselben, was die Form anbelangt, gewöhnlichen
Eiern vollkommen gleich, und sie sitzen in der Wand des Manubriums wie ein Ei
im Eierstock. Die Verhältnisse sind hier von der gewöhnlichen Knospung bei Scheibenquallen
weit verschieden. An der schottischen Küste war ich im Falle, die Knospung am Magenstiel
oder Manubrium bei Sarsia gemmifera und bei Slabberia halterata Forbes zu beobachten . . . Stets
sah ich die Höhle des Manubriums sich in diejenige der jungen Knospen fortsetzen, so dass das
Gastrovaskularsystem der Knospe mit demjenigen des Mutterthieres innig zusammenhängt, und
erst später tra t eine Abschnürung ein. Bei unserer Lizzia dagegen findet zwischen dem Gastrovaskularsystem
des jungen Individuums und demjenigen des Mutterthieres keine solche Verbindung
statt. Ausserdem stellen die bis jetzt beobachteten Knospen der Sarsiaden in ihrem frühesten
Stadium niemals eine Kugel mit keimbläschenähnlichem Kerne dar.“
Nach meinen obigen Mittheilungen über die Beziehungen zwischen proliferirenden und
geschlechtlich thätigen Lizzien fällt es nicht schwer, den Irrthum, in welchen Claparfede verfiel,
zu berichtigen. Entschieden hat er sowohl proliferirende Exemplare, wie auch geschlechts-
reife Weibchen vor Augen gehabt; möglich ist es sogar, dass ihm jene interessanten Stadien Vorlagen,
wo die Gonaden sich zwischen die Knospen eindrängen. Da nun die reifen Eier an Grösse
den mittleren Knospen gleich kommen und da weiterhin gerade der auffälligste Charakter der
durch ektodermale Knospung entstehenden Tochtersprösslinge in der vom Mutterthier unabhängigen
Anlage des Gastrovaskularraumes beruht, so ist es immerhin begreiflich, dass Cla-
p a r ¿ d e die Knospen für geschlechtlich erzeugte Embryonen hielt.
Was endlich die pelagisch gefischten Eier mit dem eingeschlossenen Medusen-Embryo anbelangt,
so geht unzweideutig aus den Abbildungen hervor, dass es sich um Knospen von mittlerer
Grösse handelt, welche zufällig früher abfielen. Sie sind indessen niemals von einer Hülle
umgeben, welche einer Eimembran gleicht. Ich hebe dies ausdrücklich hervor, weil häufig durch
die sichelförmig gebogenen Tentakel der Eindruck hervorgerufen wird, als ob eine zarte Membran
über den Tentakelkreis wegziehe. Thatsächlich hat denn nicht nur C la p a rä d e , sondern auch
späterhin F ew k e s (1881, p. 145) das Auftreten einer Hüllmembran behauptet.
Für den eigenartigen Charakter junger Margelidenknospen wüsste ich kein sprechenderes
Zeugniss anzuführen als die Thatsache, dass ein bewährter Forscher, wie C la p a r£ d e , sich
täuschen liess und die Sprösslinge für geschlechtlich erzeugte Embryonen erklärte!
Bemerkungen Uber die Knospung von Cytaeis macrogaster Haeck.
Die Ergebnisse, welche ich über die Knospung von RathJcea und Lizzia gewonnen hatte,
Hessen es mir wünschenswerth erscheinen, auch andere Vertreter proliferirender Margeliden in
den Kreis der Betrachtung zu ziehen. Leider waren meine Bemühungen um gut erhaltenes
Material (Museumsexemplare, deren Conservirung meist viel zu wünschen übrig lässt, schloss ich
von vornherein aus) wenig erfolgreich. Immerhin verdanke ich Dr. V a n h ö ffe n die Zusendung
eines Exemplares von Cytaeis macrogaster, welches der verdiente italienische Marineoffizier Chier-
chia auf der Reise des „Vettore Pisani“ am 17. Juni 1884 zwischen den Galapagos- und Sandwich
Inseln gesammelt und mit Chromosmiumsäure conservirt hatte. Das Exemplar hatte bereits
Untersuchungszwecken gedient und war daher theilweise zerstört. Ich zerlegte es in Querschnitte
nnd fand die Gewebe noch ziemlich wohl erhalten. Wenn es mir auch über die Frage nach der
ersten Entstehung der Knospen keinen entscheidenden Aufschluss gab, so habe ich doch an demselben
Verhältnisse nachweisen können, welche unter allen bisher bekannt gewordenen Medusen
ganz eigenartig dastehen und vielleicht einer kurzen Mittheilung werth sind.
Das Manubrium der Cytaeis ist bekanntlich mit einer Brut von Knospen in den verschiedensten
Entwicklungsstadien bedeckt, welche — so weit die Abbildungen von Eydoux e t Sou-
le y e t (1852, Zoophytes, Taf. 2, Fig. 4315) und H a e c k e l (1879, Taf. VI, Fig. 1) erschliessen
lassen regellos auf dem oberen Drittel des geräumigen Magenrohres zerstreut sind. Auch
ich vermochte eine gesetzmässige Gruppirung der Knospen an dem vorliegenden Exemplare nicht
zu erkennen. Sie waren weniger zahlreich, als auf den vorgenannten Abbildungen angegeben
wird, fanden sich dagegen noch auf der unteren Magenhälfte vor. Offenbar hatte sich bereits
eine grosse Zahl von Knospen losgelöst, da gerade das obere Viertel frei von solchen erschien.
Dagegen nistete sich hier eine Anzahl parasitirender Edwardsia-Larven ein, welche, in den Ektodermbelag
eingesenkt, äusserlich aufsassen. Es liegt auf der Hand, dass der Parasitismus von
Aktinienlarven, auf deren Anwesenheit auch V a n h ö ffe n aufmerksam geworden war, wesentHch
durch ein Schutzbediirfniss bedingt wird, da die Ausbildung von Tentakeln, das Vorhandensein
einer Mundöffnung und Reste verdauter Copepoden in dem Magen der Edwardsien die Annahme
einer Ernährung von Seiten des Wirthes ausschHessen.
Von den Fremdlingen unterschieden sich mit blossem Auge die Cf/fotcis-Knospen durch
geringere Grösse. Die letzteren waren gruppenweise in weiten Abständen vertheilt; jede Gruppe
bestand aus 5—8 Individuen, welche annähernd derselben Entwicklungsstufe angehörten. Eine
Vertheilung der jüngeren Individuen gruppen auf die distale Magenhälfte, der älteren dagegen
auf die orale war nicht nachweisbar.
Auf den Schnitten tra t zunächst das entodermale Magenepithel des Mutterthieres in einer
Ausbildung entgegen, welche an das Verhalten bei RathJcea erinnert: eine einheitliche, nicht
unterbrochene Lage von cylindrischen, vakuolisirten Entodermzellen mit Pigmentkörnern und
kugHgen, im Centrum gelegenen Kernen. Hie und da waren Drüsenzellen eingestreut.
Dem Entoderm liegt ein auffälHg dickes Polster von Ektodermzellen auf, welches den
ektodermalen Knospenpolster der RathJcea ähnelt. Die kleinen polyedrischen Zellen besitzen runde
Kerne und messen durchschnittlich 0,005 mm. Denkt man sich die interradialen Ektodermpolster.