entspricht. Der Schwerpunkt dieser Beweisführung muss offenbar in den Beziehungen des P d 3
und P 3 zu den übrigen persistirenden Zähnen gesucht werden: können Gründe dafür erbracht
werden, dass diese letztem derselben Dentition wie P d 3 angehören, ist die Frage als erledigt
zu betrachten. Denn da Argumente gegen die ,,M ilc h z a h n f -N a tu r des Pd 3 nicht angeführt
worden sind und kaum angeführt werden können, würden dann, ja auch die gleichalterigen Zähne
derselben Dentition, also der ersten, entsprechen, und der unbezweifelte Ersatzzahn des P d 3
nämlich P 3 würde dann allein die zweite Dentition repräsentiren.
Wie ich schon früher (IV .pag. 138) ausgeführt habe, sind wir zu der Annahme berechtigt,
dass die Anlagen der zu derselben Dentition (Zahngeneration) gehörigen Zähne sich gleichzeitig
oder nahezu gleichzeitig an der Schmelzleiste differenziren. Von den Kriterien für Gleichaltrigkeit,
die aus der Embryologie geholt werden können, ist dies, jedenfalls — wenn auch n ic h t
absolut massgebend — noch am wenigsten Störungen und .am letzten Anpassungen ausgesetzt.
Nun ergiebt sich sowohl aus dem von R öse (VI, Fig. 4) abgebildeten Modelle eines 1 5 '/s Mm.
langen Didelphys-^ungen als auch aus der Untersuchung meines. Stadiums B (17 Mm. lang), dass
tille Zahnanlagen dieselben Beziehungen zur Schmelzleiste zeigen, dass a b e r d i e 'E n tw i c k l
u ngs s t u f e d e r v e r s c h i e d e n e n Anl a g e n — und dies geht auch aus K ükenthal’s Mittheilungen
(I pag. 662) hervor — schon a u f di esen z e i t i g e n S t a d i e n der k ü n f t i g e n
Gröss e und Ausb i l d un g des b e t r e f f end e n Zahne s e n t s p r i c h t . So ist der grösste
von ihnen, nämlich P d 3 — ich sehe natürlich von den Molaren ab — auch zugleich der am
weitesten entwickelte, dann kommt der nächstgrösste (C d)^. welcher weiter entwickelt, ist als die
schwächeren P d 1, P d 2 und die Schneidezähne. Man hat daher ebensowenig Recht, den P d 3
seiner höheren Entwicklungsstufe halber einer ä l t e r e n Dentition zuzuzählen, wie wenn man aus
demselben Grunde in Frage stellen wollte, dass der Eckzahn zu derselben Dentition gehört wie
die übrigen Zähne (P d 1, 2 und Schneidezäjme). Bei dem etwas älteren Stadium C von Didelphys
(siehe oben pag. 88) finden wir sogar, dass P d 3 weniger weit entwickelt ist als z. ß. P d 2. .
Es bildet also dieser Umstand eine Stütze für die Zurechnung des P d 3 zu derselben Dentition
wie die persistirenden Ante-Molaren. Anderseits dürfen wir uns -¡nicht verhehlen, dass dieses
Kriterium nicht unfehlbar ist: ganz dasselbe Argument spricht für die Auffassung, dass bei
Erinaceus die Ante-Molaren, welche nicht gewechselt werden, dem Milchgebiss zuzurechnen sind
eine Auffassung, die allerdings von rein ontogenetischem Standpunkte vollkommen berechtigt
ist, sich aber nichts destoweniger durch die aus der vergleichenden Anatomie geholten Krvvä-
gungen als nicht haltbar herausstellt (vergleiche oben pag. 38 u. f.). Wir müssen uns somit
nach weiteren Kriterien umsehen.
Wie ich schon wiederholt1) nachgewiesen, ist das Vorkommen/ oder Fehlen eines freien
Schmelzleistenendes, resp. einer „Knospe“,'medialwärts von einer Zahnanlage durchaus nicht
ausschlaggebend für die Natur der letztgenannten als „Milchzahn“-Anlage. Wie vorsichtig man
hei der Verwerthung dieses Kennzeichens sein muss, beweisen die Befunde bei Desmodus (siehe
oben), wo in der That die Prämolaren in ihrem Verhalten zur Schmelzleiste (Fig. 94, 95) ganz
die „Milchzäbne nachahmen. Bei den Beutelthieren ist aber das Verhalten dieser „Knospen“
ein so eigenartiges und Gonstantes, dass die genauere Prüfung dieselbe Auffassung des Beutelthier-
') Auch in meinen zeitigeren Publikationen (III pag. .529; IV pag. 137, 139).
gebissös, welche uns schon durch die eben gedachten Entwicklungserscheinungen nahe gelegt wurde,
im hohen Grade stützt, ergänzt und vertieft. So fanden wir beim 25 Mm. langen Jungen von
Didelphys, dass lingualwärts von sämmtlic hen Zähnen vor M 2 regelrecht au sg eb ild e te knospen-
formige Schmelzkeime, einer jlingern Dentition angehörig, vorhanden sind; auf diesem Stadium
unterscheidet sich der Schmelzkeim, welcher sich später zum P 3 ausbildet, nur durch etwas bedeutendere
Grösse von den übrigen. Es müssen also diese Schmelzkeime, welche derselben Dentitionsreihe
wie P 3 angehören, ebenfalls zur zweiten Dentition gezählt werden, und die persistirenden
Zähne, lingualwärts von denen sich diese der zweiten Dentition angehörigen Schmelzkeime angelegt
haben, müssen demgemäss offenbar der nächst älteren, also der ersten Dentition der Placentalier
homolog sein. Ferner ist zu beachten, dass erst beim 46 Mm. langen Thiere die Resorption der
Schmelzleiste (im Unterkiefer) eintrittgfjif- natürlich mit Ausnahme des Stückes neben P d 3. Selbst
noch heim 85 Mm. langen Thiere sind einzelne der „Ersatzschmelzkeime“ vorhanden. Es ist eine
solche Permanenz der Schmelzkeime der zweiten Dentition um so bemerkenswerther, als die
betreffenden Zähne der ersten Dentition dem Durchbruche nahe sind, und desshalb für die Beherbergung
der Schmelzkeime nur ein schmales Bindegewebelager zwischen dem Zahne und dem
Mundhöhlenepithel vorhanden ist. Alle diese Schmelzkeime werden resorbirt, bevor sie das
kappenförmige Stadium erreicht haben; nur bei Macropus fand ich einen Schmelzkeim (für den
oberen J 3), welcher fast das kappenförmige Stadium erreicht hatte (Fig. 147). So weit die
Art des Materials ein Urtheil erlaubt, verhalten sich die übrigen untersuchten Beutelthiere
ebenso wie Didelphys. Bezüglich der Befunde speciell bei Macropodidae und Phascolomys verweise
ich auf die obigen Ausführungen pag. 9.8—101. Ch a r a k t e r i s t i s c h f ü r die Beutelj-
th i e r e sind also sowohl das co ns t a n t e Vor kommen und die s c ha r f e Aus p r äg ung
d i e s e r Schmel z keime und ih r e U eh er ei ns tim mung mit dem Schmel zkeim des
P 3, al s auch i h r e l ange Pe rmane n z , wel che Ei g e ns ch a f t en diese Gebi lde ni c h t
unwes en t l i c h von den l ed i g l i c h dur c h die Eman c i p a t i o n de r Zahn a n l age n von
der S c h m e l z l e i s t e en t s t a n d en en „Knospen“ u n t e r s c he i d en , ein Punkt, den ich hier
ganz besonders betonen möchte. An einigen dieser Sehmelzkeime sind deutliche Zahnsäckchen
vorhanden.
Bezüglich der von R öse (VI) behaupteten Zugehörigkeit des hintersten oberen Schneidezahns
mehrerer Beutelthiere zur zweiten Dentition, sowie des von W oodward (II) neuerdings
versuchten Nachweises, dass bei Macropodidae der Ersatzzahn zu derselben Zahnserie wie P d 2
und P d 3 gehört, muss ich bemerken, dass an den von mir untersuchten Objecten nicht das
mindeste vorhanden ist, was eine solche Annahme rechtfertigen könnte. W oodward’s Auffassung
ist offenbar durch eine unrichtige Vorstellung von dem Verhalten zwischen den Zähnen erster
und zweiter Dentition veranlasst: „This so-called successional tooth . . . arises independently of
the 3rd and 4th premolars from the dental ridge connecting these two teeth. Its position there
certainly suggested that it presented a tooth intermediate between the 3rd and 4th premolars,
and belonged to the same series äs themselves, owing its subsequent position internal to and
deeper in the gnm than these teeth to the more rapid growth and earlier development of the
latter. “ Ganz abgesehen davon, dass wie nunmehr wohl allgemein zugegeben wird, die Ersatzzähne
sich stets unabhängig von den Zähnen der ersten Dentition anlegen, entwickelt sich,
wie man auf jüngern Stadien, wo die Zahnanlagen noch nicht dicht aneinander stehen, erkennt,
der knospenförmige Schmelzkeim des „Ersatzzahnes“ stets v o r dem entsprechenden der