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dass sie dem Träger der Organe ein Orientiren über seine dunkle Umgebung ermöglichen. Den
Glühwürmchen ermöglichen sie nach E m e ry (La luce negli amori delle Luciole, Bull. Soc. Ent.
Ital. 1887 p. 406) das gegenseitige Auffinden der Geschlechter und den leuchtenden Tiefseefischen
und Euphausiden das Erkennen der Beute resp. der Verfolger. Wo indessen blinde Formen mit
phosphorescirenden Organen ausgestattet sind, kann ihr Leuchten selbstverständlich nur in der
Wirkung auf andere sehfähige Thiere beruhen. In dieser Hinsicht sind von B r a n d t u ndGies-
b r e c h t verschiedene bemerkenswerthe Auffassungen geäussert worden. Nach B ra n d t (Die koloniebildenden
Radiolarien [Spkärozoeen] des Golfes von Neapel, in: Fauna und Flora des Golfes von
Neapel, 13. Monogr. 1885 p. 684) wirkt das Leuchten der Radiolarien auf Verfolger abschreckend,
weil viele marine Leuchtthiere nesseln und darum gemieden werden. Es mag nun eine derartige
Auffassung vielleicht in manchen Fällen zutreffen, obwohl sie nur schwer dem Experiment zugänglich
ist und uns auf das dunkle Gebiet der Psychologie niederer Organismen verweist. Diese
Auffassung hat zur Voraussetzung, dass mit Augen ausgestattete Beutethiere der nesselnden
Cölenteraten — hauptsächlich also kleinere Kruster — Erfahrungen sammeln und sie zu zweckmässigen
Handlungen verwerthen. Ob sie Gelegenheit finden, diese Erfahrungen so oft zu machen,
dass auf ein phosphorescirendes Licht hin sofort eine reflektorisch erfolgende Fluchtbewegung
ausgelöst wird, dürfte freilich fraglich sein. Ein Copepode, der einmal mit der gefährlichen
Wirkung der Nesselorgane Bekanntschaft macht, wird ihr wohl auch stets unterliegen. Andererseits
müsste anzunehmen sein, dass leuchtende Cölenteraten in Bezug auf ihren Nahrungserwerb
wesentlich ungünstiger gestellt sind, denn ihre nicht leuchtenden Verwandten.
In seinen späteren Darlegungen über den biologischen Werth des Leuchtens kommt denn
auch B r a n d t (1892 p. 14) auf die hier vorgetragehe Auffassung nicht mehr zurück, obwohl die
Idee, dass das phosphorescirende Licht als Schreckmittel diene, auch in ihnen wiederklingt. Er
schreibt: „Wie z. B. die enorme Menge der mikroskopischen schwebenden und zugleich augenlosen
Planktonorganismen von dem meist recht schwachen Licht, das sie ausstrahlen, auf hoher
See, wo ja die meisten Wesen leuchten, einen direkten Vortheil haben können, vermag ich mir
nicht vorzustellen. Dass die Fähigkeit zu phosphoresciren für zahlreiche Planktonorganismen
einen grossen Vortheil darbietet, liegt auf der Hand. Das Licht, das Hochseethiere bei Reizung
ausstrahlen, ist nicht allein verschieden intensiv und verschieden gefärbt, sondern der Gesammt-
eindruck, den ein leuchtendes Thier darbietet, ist ein anderer, je nachdem es dieser oder jener
Abtheilung angehört. Eine gewisse Auswahl seitens der Nahrung suchenden Thiere ist also
selbst dann möglich, wenn fast alle Thiere Licht ausstrahlen können. Bei manchen frei beweglichen
und mit Sehorganen ausgestatteten Thieren ist ausserdem das Licht ein so ungemein intensives,
oder es ist, wie z. B. bei Scopelus, in so eigentümlicher Weise lokalisirt, dass diesen
Wesen ihr Licht als Schreckmittel oder für das Aufsuchen der Geschlechter von grossem Wert
sein kann.“
Zutreffender scheint mir indessen die Idee von G ie s b re c h t (1895 p. 689) zu sein, dass
das Leuchten der Copepoden manche ihrer Feinde nicht sowohl abschreckt, als vielmehr irre
führt, „denn wenn sie, von einem Feinde verfolgt und durch diese Verfolgung zur Sekretion
gereizt, den Leuchtstoff ausstossen, so lenken sie die Aufmerksamkeit des Verfolgers auf den
auf blitzenden Funken ab, während sie selbst entfliehen.“ Das ist eine Auffassung, welche an den
tatsächlichen Vorgang bei der Lichtproduktion der Copepoden anknüpft, welche aber selbstverständlich
für andere Organismen — und zwar speziell für die Euphausiden —■ nicht zutreffen
kann. Diesè seeerniren keinen Leuchtstoff in Wasser und vermögen nicht auf diese Weise
die Aufmerksamkeit des Verfolgers von ihrem eigenen Ich abzulenken.
Wenn ich nun in den früheren Darlegungen die Auffassung vertrat, dass die Leuchtorgane
der Euphausiden ein wichtiges Kittel abgeben, um ihren Trägern eine Orientirung in den
■lumiolen Regionen zu ermöglichen, SÖ stütze ich mich nicht nur auf die Thatsache, dass der
blinden Bentheuphausia die Leuohtorgäne fehlen, Sondern auch auf die nicht zu bestreitende Möglichkeit,
dass die von den Leuchtorganen ausgehenden Strahlen auch von gewissen Theilen der
Facettenaugen wahrgenommen werden. Handelt es sich doch um Malakostraken, welche nicht
nur mit wohl entwickelten, Sondern in manchen Gattungen mit geradezu monströsen Augen ausgestattet
sind! Ebensowenig wird man in Abrede stellen können, dass durch die Leuchtorgane
das gegenseitige Wahrnehmen von Individuen derselben Art und das Zusammen finden m Schwärmen
, wie es für viele Euphausiden nachgewiesen is t, erleichtert wird. Wer mit der charakteristischen
Phosphorescenz der pelagischen Organismen einigermaassen vertraut ist, vermag schon
an dem Leuchten allein zu bearrhoilen, ob er es. mit Protozoen, mit Medusen und Siphonophoren,
mit Pyrosomeu, ißrustaceen und wie alle die leuchtenden pelagischen Organismen heissen mögen,
zu thun hat. Sollte da die Möglichkeit ausgeschlossen sein, dass die mit Augen ausgestatteten
Arten sich gegenseitig an der für sie charakteristischen Phosphorescenz erkennen?
Immerhin vermuthe ich, dass der biologische Wert der Leuchtorgane für ihre Träger
.sich nicht in der Möglichkeit erschöpft, Beutethiere und Verfolger zu erkennen resp. Individuen
derselben Art aufzufinden, sondern dass ihre Bedeutung gleichzeitig noch auf einem anderen
Gebiete zu pichen ist. .
W e it e ü t f e r n t , O rg a n ism e n a b z u g h r h ík é n , d ie n e n nach meiner A n s ic h t
die L eu ch to rg an e in vieler. F ä lle n dazu, B e u te th ie re anzulocken. Ich habe schon oben
darauf hingewiesen, dass man schwerlich auf die Idee gekommen wäre, die Tiefenreusen mit Gliih-
lämpchen auszustatten, wenn nicht die bekannte Thatsache, dass eine nächtliche Lebensweise
führende Landthiere, Fische des. süssen und salzigen Wassers und unsere Flusskrebse durch
Licht und Fackelschein angezogen werden, zu derartigen Experimenten gedrängt hätte. Man
könnte freilich einwenden, dass das, was für die genannten Organismen erwiesen ist, nicht ohne
Weiteres für die niederen pelagischen Organismen seine Giltigkeit habe. Hören wir indessen, was
der um die Biologie mariner Organismen in vieler Hinsicht verdiente FiäÄt von Monaco neuerdings
(Comptes rendus 1895 7. Jan.) berichtet: „Efifin, j’p jfa it, depuis 1892, partout où j’ai été,
des expériences sur l’attraction des animaux pélagiques au moyen de la lumière artificielle.^ Une
lampe électrique étanche de cinquante bougies, descendue à deux mètres de profondeur, était entourée
au bout de cinq minutes par un nuage de Crustacés et d’Annélides très petits dont les
espèces variaient suivant les localités. H venait aussi des poissons tels que des Soopélidés,
des "Poissons volants (Emeoetus Ronâdetn), des Belone ielone et même des Céphalopodes, On capturait
facilement tous çés animaux avec un simple filet à papillons.
Wenn Wolken von Crustaceen und Anneliden nach 5 Minuten die Glühlämpchen umschwärmen,
so muss ich gestehen, dass meine Vermuthung, die Leuchtorgane möchten zum Anlocken
von Beutethieren dienen, kaum in das Bereich der Phantasie zu verweisen ist. Sie knüpft
direkt an die Erfahrung an und ist zudem der experimentellen Prüfung leicht zugänglich. Ich
bin auf diese Vermuthung zuerst durch die Erwägung gekommen, dass sowohl bei den Euphausien
wie bei manchen phosphorescirenden Fischen Leuchtorgane mitunter an Stellen auftreten, die