von den beiden ersteren unterscheiden. So verschiedenartig indessen in ihren extremen Ausbildungsformen
die Sehorgane gestaltet sind, so hoffe ich doch, darthun zu können, dass die
Anpassung an den ständigen Aufenthalt in der Tiefe ganz allmählich erfolgte und dass die ersten
Ansätze zu den Umbildungen bei manchen Arten gewissermassen in statu nascendi fixirt vor liegen.
Von dem Auge der Eiiplicmsia bis zu dem mächtigen Auge von Stylocheiron, von jenem der Gattung
Mysis bis zu dem monströsen der Araclmomysis ist ein weiter Schritt und doch gelingt es zwischen
diesen Extremen die verbindenden Mittelglieder in aller nur wtinschenswerthen Vollständigkeit
aufzufinden. Es ist freilich nur ein Indicienbeweis, der hier geführt werden kann, aber wenn
die Indicien sich so erdrückend häufen, wenn sie zudem in den allgemeinen Rahmen von Umbildungen,
die durch die Anpassung an den Tiefenaufenthalt bedingt wurden, als integrirende
Glieder der Kette sich einfügen, so glaube ich, dass nicht nur das subjektive Ermessen des Beobachters
in den Schlussfolgerungen seinen Ausdruck findet.
Als einen günstigen Umstand muss ich es betrachten, dass mir gerade von jener Crusta-
ceengruppe, welche für die Erkenntnis der an dem Auge auftretenden Umbildungen besonders
lehrreich ist, nämlich von den Schizopoden, zahlreiche, wohlerhaltene Exemplare vorliegen. Ich
conservirte dieselben theils mit Chromosmiumsäure, theils mit Sublimat oder Alkohol und fand in
vielen Fällen die feinere Struktur der Leuchtorgane und Facettenaugen gut erhalten. Ich suchte
dann weiter zu greifen und die Sergestiden in den Kreis der Betrachtung zu ziehen, überzeugte
mich indessen bald, dass zu einem abschliessenden Urtheil das Studium der Facettenaugen von
über oder direkt auf dem Meeresgründe lebenden Tiefseekrustern unerlässlich sei.
Ich bin daher dem Fürsten A lb e rt von Monaco und Professor A lex an d e r Agassiz
zu lebhaftem Dank verpflichtet, dass sie mir auf meine Bitte hin ein reichhaltiges und kostbares
Material mediterraner und pacifischer Tiefseecrustaceen zur Verfügung stellten. Da ich die auf
die Augen der genannten Tiefseeformen bezüglichen Resultate in den Reisewerken der beiden
Expeditionen publiciren werde, so flechte ich in die nachfolgenden Betrachtungen nur die allgemeinen
Ergebnisse ein.
Meine Studien basiren auf den grundlegenden Untersuchungen von H. G r e n a c h e r und
S. E x n e r, denen ich eine Fülle von Belehrung und Anregung verdanke. Sind es in Gren a ch e r’s
Werk mehr die morphologischen Gesichtspunkte, welche in den Vordergrund treten und von
seinen zahlreichen Nachfolgern oft ausschliesslich berücksichtigt werden, so bringen die meisterhaften
Studien von E x n e r unsere Anschauungen über die Physiologie der facettirten Augen zu
einem gewissen Abschluss. Beide Forscher sind indessen nicht einseitig vorgegangen: der eine
sucht die M ü lle r’sche Theorie des musivischen Sehens durch den morphologischen Befund zu
stützen, der andere erweitert durch das Experiment die Anschauungen M ü lle r’s und versäumt
nicht, die Theorie durch das morphologische Verhalten zu illustriren.
E xner ist es nicht vergönnt gewesen, die Augen der Tiefseecrustaceen in den Kreis der
Betrachtung zu ziehen, und so mögen denn meine Untersuchungen nicht nur eine Lücke in den
bisherigen Kenntnissen über die Morphologie des Facettenauges ausfüllen, sondern auch an der
Hand der von E xner ermittelten Thatsachen den Einfluss des Lebens in der Dunkelheit auf Umformung
der Sehorgane illustriren. Es ist klar, dass die Darstellung anders ausgefallen wäre,
wenn der Physiologe sie gegeben hätte: er würde sicherlich auf eine Reihe von Erscheinungen
hingewiesen und sie erklärt haben, welche von jenem weniger beachtet werden, der auf einem ihm
ferner liegenden Gebiete sich zu orientiren versucht. Immerhin wird mir die Deutung manchen
Befundes dadurch wesentlich erleichtert, dass die Beobachtungen von einer Crustaceengruppe
ausgehen, welche von der Oberfläche an durch die tieferen Wasserschichten bis zum Meeresgründe
verbreitet ist. Schrittweise lassen sich die Umbildungen verfolgen und erklären, denen
das Schizopodenauge unterworfen wird, wenn es der intensiven Belichtung sich entzieht und
entweder nur zur Wahrnehmung schwachen Dämmerlichtes sich einrichtet oder in absoluter
Finsterniss hie und da von einem phosphorescirenden Scheine betroffen wird.