
Chili’s gesammelt worden war. C lan s gab eine eingehende Charakteristik vom Bau der erwachsenen
und jugendlichen Männchen, indem er nicht nur die Struktur der Hoden, den Bau der
Mundwerkzeuge und Fusspaare, sondern auch die allmähliche Entwicklung der Antennen in den
Kreis der Betrachtung zog. Die Greif hand des fünften Beinpaares, welche gerade für die Artunterscheidung
von besonderem Werthe ist, bildete er späterhin in seinen ausgezeichneten Studien
über den Organismus der Phronimiden (1879, Taf. II, Fig 14) nochmals ab.
Da nun die von mir erbeuteten Männchen der Phronima Colletti in jeder Hinsicht mit
den von C la u s beschriebenen und nach dem damaligen Stande der Kenntnisse wohl nicht mit
Unrecht auf Phronima sedentaria bezogenen Männchen übereinstimmten, so kam ich auf die Ver-
muthung, dass das Männchen der Phr. sedentaria überhaupt noch nicht bekannt geworden sei.
Denn schwerlich konnte man annehmen, dass zwei Phronimiden-Arten, welche in ihren weiblichen
Vertretern sich durch constante Merkmale auffällig unterscheiden, identisch gestaltete Männchen
aufweisen möchten.
Ich unterzog daher das Phronimidenmaterial, welches ich friiherhin in grösseren Tiefen
des Mittelmeeres erbeutet hatte, einer genaueren Prüfung und war bald so glücklich, das bisher
unbekannt gebliebene Männchen der Phronima sedentaria aufzufinden (1889, p. 12 [530], Taf. III,
Fig. 7). Allerdings griff ich anfänglich insofern fehl, als ich die kleinen Männchen für vollständig
ausgebildete Individuen hielt und auf G-rund jugendlicher Charaktere schärfer die Unterschiede
zwischen den Männchen der Phr. Colletti und Phr. sedentaria hervorzuheben versuchte.
Erst späterhin gelang es mir , auch die völlig entwickelten geschlechtsreifen Männchen unter
Umständen aufzufinden, welche immerhin für die Biologie dieser originellen Wesen einiges Interesse
darbieten. Da ich nämlich nach früheren Erfahrungen voraussetzen durfte, dass die Männchen
der Phr. sedentaria im Frühjahr an die Oberfläche aufsteigen möchten, so bat ich Prof. C a r l
V o g t, mir aus Villafranca Material an Phronimiden zuzusenden. Sie erschienen dort während
des März und April 1889 in ungewöhnlich reicher Zahl. Zu meiner Freude fand ich in dem
Inhalt einer am 19. April gefischten Sendung neben zehn weiblichen Exemplaren der Phr. seden-
faria nicht weniger denn sieben Männchen in verschiedenen Entwicklungsstadien. Es fiel mir
auf, dass jedes der Männchen in einem Gallerttönnchen eines Weibchens steckte. Da nur zehn mit
Weibchen und junger Brut besetzte Tönnchen in der Sendung vorhanden waren, so dürfte die
auch von C la u s geäusserte Vermuthung sich bestätigen, dass die Männchen zur Zeit ihrer völligen
Geschlechtsreife keine eigenen Gehäuse zum Aufenthalt benützen. Indessen will ich doch
nicht verfehlen zu erwähnen, dass eine kleine Phronima, welche Dr. B ra em am 22. März 1889
in Villafranca an der Oberfläche fischte, sich als ein junges Männchen erwies, das in einem
Pi/rosoma-Tönnchen steckte. An den Canarischen Inseln habe ich frei schwimmende junge Männchen,
die niemals in Gehäusen sich bargen, bereits vom Januar bis zum März an der Oberfläche
beobachtet.
Da nun während des Sommers die Phronimiden von der Oberfläche verschwinden, so
dürfte ihr Lebenslauf an der Hand der soeben mitgetheilten Thatsachen sich folgendermaassen
gestalten. Die junge Brut, welche man im Ausgange des Winters und im Frühjahr in allen
Entwicklungsstadien in den Gallerttönnchen der Weibchen findet, verlässt mit Beginn des Sommers
die schützenden Gehäuse und sinkt in grössere Tiefen herab. Dort findet man sie zu jenen
Zeiten, wo sie an der Oberfläche fehlen, ziemlich zahlreich und zwar sowohl in männlichen wie
in weiblichen Exemplaren. Sie wachsen bis zu einer Länge von 10 mm heran und dann beginnen
zunächst die Weibchen, nachdem sie vorher ein schützendes Gehäuse von Pyrosomen, Salpen oder
Siphonophoren erbeutet und für ihre Zwecke hergerichtet haben, im Laufe des Winters an die
Oberfläche aufzusteigen. Zur Zeit der Geschlechtsreife — im Mittelmeer im Frühjahr, an den
Canarischen Inseln bereits von Januar an — treten auch die Männchen an der Oberfläche auf.
Diese scheinen nur in Ausnahmefällen sich in Gehäusen zu bergen; jedenfalls verlassen sie dieselben,
indem sie zum Zwecke der Begattung die Weibchen in ihren Gehäusen aufsuchen. Während
dieser kurzen Zeit erreichen sie eine Länge von etwa 12 Millimetern, indem sie gleichzeitig
rasch ihre Antennen vollständig ausbilden. Sie erlangen daher niemals die Dimensionen der bedeutend
grösseren Weibchen, von welch’ letzteren ich Exemplare fing, welche nahezu 40 Millimeter
maassen. Aus diesen auffälligen Grössenunterschieden scheint mir hervorzugehen, dass
die Männchen nach der Begattung zu Grunde gehen, während nicht alle Weibchen nach dem
Ausschlüpfen der Brut absterben, sondern in die Tiefe sinken, um im nächsten Jahre wiederum
an der Oberfläche zu erscheinen.
Einen kurzen Abriss über die Gestalt der geschlechtsreifen Männchen habe ich im Zoologischen
Anzeiger (1881, p. 378—381) gegeben. Ich gestatte mir nun, ausführlicher die secun-
dären Geschlechtscharaktere der Männchen von Phronima sedentaria und Colletti zu schildern, indem
ich gleichzeitig Bemerkungen über die Unterschiede der beiden Phronima-Arten einflechte.
Wenn ich mich wesentlich auf die Erörterung der secundären Geschlechtscharaktere beschränke,
so geschieht dies hauptsächlich im Hinblick auf die trefflichen Studien von C lau s , welche ziemlich
erschöpfend ein Bild der inneren Organisation der Phronimiden geben.
2. D a s erste Antennenpaar,
a. Morphologie.
Seitdem Spence B a te (1862 und 1863) mit Nachdruck auf den hohen Werth der Antennenbildung
für die systematische Gliederung der formenreichen Hyperinen hingewiesen hat,
stimmten ihm die neueren Crustaceenforscher in dieser Hinsicht durchaus zu. Wer etwa einen
Blick auf die Systeme der Hyperinen, wie sie C lau s (1887), S t eb b in g (1888) und B o v a lliu
s (1887, 1889) aufgestellt haben, wirft, der überzeugt sich, dass die Gestaltung der Antennen
einen Charakter abgibt, welcher in erster Linie für die Umgrenzung grösserer systematischer
Kategorieen Verwerthung findet.1) Dies gilt nicht zum wenigsten für die Phronimiden
mit ihrem fast einzig dastehenden Dimorphismus der Antennen bei beiden Geschlechtern. Nach-
’) B o v a l l i u s gibt nenerdings (1890, p. 14) mit Rücksicht auf die Gestaltung der ersten Antennen folgende
Eintlieilung der Amphipoda Hyperiidea:
Ii Hyperiidea recticornia.
The first pair of antennae are fixed at the anterior part of the head, they are straight, the first joint of the
flagellum is large, the following few in number and terminal.
II. Hyperiidea filicornia.
The first pair of antennae are fixed at the anterior part of the head, they are straight, the first joint of the
flagellum is large, the following many in number (<f) filiform and terminal.
III. Hyperiidea eurvicornia.
The first pair of antennae are fixed at the inferior part of the head, they are curved ( f ) , the first joint of
the flagellum is very large, the following few in number and subterminal ( f ) .