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Was hier für die Männchen erwähnt wurde, gilt ebenso für die proliferirenden Weibchen.
Bald endet die Gonade scharf abgesetzt vor dem obersten Knospenkreis, bald dringt sie zwischen
die Knospen des genannten Kreises vor, bald werden auch die distalen zwischen zwei Knospenkreisen
gelegenen Flächen zur Eibildung verwerthet. Das letztgenannte interessante Verhalten
bilde ich im Holzschnitt 4 ab, wo radial und interradial reife Eier nicht nur zwischen den beiden
noch vorhandenen Knospen des ersten Kreises (Knospe 3 und 4), sondern auch unterhalb (distal)
derselben ausgebildet werden.
Sobald sämmtliche Knospen sich losgelöst haben, wird der ganze Magen bis in die Nähe
der Mundgriffel von einer ringförmigen Gonade bedeckt. Die rapide Umwandlung des ekto-
dermalen Zellenmateriales zu einer 0,06—0,09 mm dicken Gonade mag es mit sich bringen, dass
auch bei den kleinsten Geschlechtsthieren von vornherein nicht nur die radialen, sondern auch
die interradialen Magenflächen in die Ausbildung von Zeugungsmaterial hereinbezogen werden.
Nur in den oben erwähnten Fällen, wo die Gonaden sich zwischen den Knospenkreis vordrängen,
tr itt eine Scheidung in radiale Geschlechtsfelder und in interradiale sterile resp. proliferirende
Flächen hervor.
Die jugendlichen Geschlechtsdrüsen bauen sich aus kleinen polyedrischen Ektodermzellen
auf, welche in Bezug auf Form und Grösse durchaus mit den Elementen der jugendlichen Knospen
übereinstimmen. Ebenso scharf wie die letzteren grenzen sie sich von den entodermalen Saftzellen
ab. Die kleinen, im Mittel 0,006 mm messenden Ektodermzellen mit ihren kugligen Kernen
liefern bei den Männchen die Samenmutterzellen, während sie bei den Weibchen, ansehnlich
heranwachsend, sich in Eizellen umwandeln.
Die Hoden lassen an den mit Formol behandelten Exemplaren einen zart fleischfarbenen
Ton erkennen. Die tieferen, dem Entoderm anliegenden Schichten setzen sich aus einem Polster
polyedriseher Zellen mit runden, 0,003—0,004 mm messenden Kernen zusammen. Sie repräsen-
tiren die Samenmutterzellen, welche allmählich in die dicke periphere Spermamasse übergehen.
Die Köpfe der Samenzellen sind sehr klein und messen nicht über 0,001 mm. Einen Schwanzfaden
konnte ich an dem conservir ten Material nicht wahrnehmen. Zu äusserst liegt eine dünne
einschichtige Lage abgeplatteter polyedriseher Deckzellen.
In den O v a rie n entwickeln sich die kleinen Urkeimzellen allmählich zu grossen kugligen
Eiern, welche durchschnittlich 0,08—0,12 mm messen und durchaus peripher liegen. Wo
mehrere Eier neben einander liegen, platten sie sich durch Druck an den Berührungsflächen ab oder
nehmen sie ovale Gestalt an. Die tieferen Lagen und die zwischen den reifen Eiern frei bleibenden
Räume werden von den kleinen Keimzellen erfüllt, unter denen hier und da bereits einige
sich zu vergrössern beginnen und alle nur denkbaren vermittelnden Stadien zwischen den Extremen
abgeben. An der Vergrosserung betheiligen sich auch die Kerne, welche in den reifen
Eiern durchschnittlich 0,04 mm messen. Sie zeigen feine Chromatinfäden und ein kleines Kernkörperchen
von 0,002 mm Grösse. Eine Anordnung der reifen Eier in radiale Streifen konnte
ich ebenso wenig wie C la p a ré d e wahrnehmen; sie wölben sich an den verschiedensten Stellen
des Magens halbkugelig hervor und sind daher bei flüchtiger Betrachtung leicht mit jungen
Knospen zu verwechseln. Ebenso wie an den Hodén tritt auch an den Ovarien eine dünne einschichtige
Lage von Plattenepithel als periphere Schichte auf, welche durch die vordrängenden
reifen Eier stark gedehnt wird.1)
Nach den hier mitgetheilten Beobachtungen dürfte die Lebensgeschichte der Lizzia Claparedei
folgenden Verlauf nehmen. Aus den befruchteten Eiern werden sich Flimmerlarven entwickeln,
welche (analog dem Entwicklungsgänge anderer Margeliden) sich fixiren und zu einem
den Gattungen Eudendrium (Bougainvillea) resp. Podocoryne zugehörigen oder verwandten Hydroiden
auswachsen. Der letztere knospt die jungen Medusen, welche zunächst ein DysmorphosaSt&dimm
durchlaufen und dann die Charaktere der Gattung Lizzia annehmen. In beiden Stadien kommt
den kleinen Medusen die Fähigkeit ungeschlechtlicher Vermehrung durch eine nach bestimmten
Gesetzen erfolgende Knospung zu. Die Tochtersprösslinge, welche von Haeckel als Dysmorphosa
minima beschrieben wurden, erzeugen noch vor ihrer Lostrennung vom mütterlichen Manubrium
Enkelknospen. Nach der ungeschlechtliehen Vermehrung durch Sprossung werden die Geschlechtsprodukte
angelegt. Gelegentlich tr itt die Geschlechtsreife so frühzeitig ein, dass ein und dasselbe
Individuum gleichzeitig proliferirt und reife Sexualprodukte ausbildet. Lizzia Claparedei
ist getrennt geschlechtlich; die bisher unbekannt gebliebenen Männchen sind ebenso häufig und
von gleicher Grösse wie die Weibchen.
Ganz anders lauten freilich die Vorstellungen, welche sich der Entdecker unserer Art,
Clapar&de, über ihren Entwicklungscyclus bildete (1860, p. 401—404). Da sie nicht nur zu
ihrer Zeit gerechtfertigtes Aufsehen erregten, sondern auch bis heute noch nicht endgiltig widerlegt
wurden, so gestatte ich mir, seine Beobachtungen ausführlicher wiederzugeben.
Claparede beobachtete im September 1859 an der schottischen Küste pelagisch flottirende
*) Nachträglich sendete mir Dr. H a r tla n b noch zwei Exemplare der Lizzia Claparedei, an welchen auch ihm
die gleichzeitige Produktion von Knospen und Geschlechtsprodukten aufgefallen war. Das eine Exemplar war am 29. August,
das andere am 5. Oktober erbeutet worden. Beide waren Weibchen,; welche nur je eine einzige weit entwickelte Tochterknospe
zwischen vollständig reifen Eiern aufwiesen. Während an der im August erbeuteten IAzzia noch Enkelknospen
angelegt waren, so fehlten diese dem Spätling aus dem Oktober. Im September und Oktober d. J. wurden überhaupt
die Lizzien bei Helgoland selten und der Mangel von Enkelknospen deutet darauf hin, dass der Höhepunkt des Erscheinens
längst überschritten ist.