knospen. Ick war über die Aehnlichkeit der Bilder überrascht und kann versichern, dass man
ohne vorherige Bestimmung des Objektes in Verlegenheit käme, scharf zu entscheiden, ob Knospen
der Lizzia oder Rathhea vorliegen. Aus diesem Grunde verzichte ich darauf, nochmals in besonderen
Abbildungen die für Lizzia gütigen Verhältnisse vorzuführen und beschränke mich auf
einige kurze Mittheilungen.
Die am 11. Juli erbeuteten Exemplare von Lizzia Claparedei waren mit Formalin behandelt
worden. Wenn dasselbe auch die äussere Form und die Sexualprodukte gut conservirte, so
erkannte ich doch bald, dass es für Erhaltung feinerer Strukturverhältnisse kein geeignetes Con-
servirungsmittel abgibt. Es sind das Erfahrungen, welche neuerdings mehrfach gemacht wurden.
Ich ersuchte daher Dr. H a rtlau b , dass er eventuell später erscheinende Medusen mit dem trefflich
sich bewährenden Gemisch von Chromessigsäure behandeln möge und erhielt dann auch etwa
60 Exemplare der Lizzia zugesendet, welche Ende Juli und am 3. August 1894 erbeutet und in
der gewünschten Weise behandelt waren. Die Form war ebenso wohl erhalten wie nach For-
malinbehandlung, und zudem zeigten die 15 in Schnitte zerlegten Exemplare eine tadellose Erhaltung
der Gewebe.
Auf Querschnitten durch das Manubrium fallen wiederum die vier interradialen Ento-
dermwülste unterhalb der Knospen auf. Im Uebrigen zeigt das Entoderm dieselbe Beschaffenheit
wie bei Rathhea: grosse Saftzellen mit kugligen Kernen und zahlreichen in Vakuolen eingebetteten
Schollen und Pigmentkörnern, dazwischen Zellen indifferenten Charakters und Drüsenzellen mit
gegen die Stützlamelle spitz sich ausziehenden Enden. Das ektodermale Plattenepithel geht an
jenen Stellen, wo die jüngsten Knospen sich ausbüden, in würfelförmige oder polyedrisch sich
gegenseitig abplattende Zellen über, welche sich intensiver färben. Die erste Anlage einer
Tochter knospe (es gelten diese Angaben speziell für die Knospenanlagen des dritten Kreises)
finde ich stets einschichtig. Ist die darüber liegende Knospe des zweiten Kreises bereits weit
entwickelt, so hängt die Ektodermverdickung nicht mehr mit ihr zusammen, was stets der Fall
ist, wenn die darüber liegende Knospe die frühesten Stadien noch nicht überschritten hat.
Späterhin wird die Ektodermverdickung in ihrer Mitte mehrschichtig. Die kleinen polyedrischen
Zellen, deren Grenzen oft schwer wahrnehmbar sind, messen im Mittel 0,006 mm; ihre kugligen,
mit einem glänzenden Kernkörperchen ausgestatteten Kerne 0,004—0,005 mm. Stets heben sich
die Ektodermverdickungen scharf von den unterliegenden entodermalen Saftzellen ab: niemals
ist eine Entodermzelle nachweisbar, welche, die dünne Stützlamelle durchsetzend, als Zeuge für
Betheiligung des mütterlichen Entoderms am Aufbau der Knospe angesprochen werden könnte.
Und was hier für die jüngsten Anlagen der Tochterknospen hervorgehoben wurde, gilt ebenso
für die ersten Enkelknospen. Da ich gerade für die Anlage der Enkelknospen an dem Manubrium
der Tochtersprösslinge besonders instruktive und einwandfreie Schnittserien erhielt, so
betone ich nachdrücklich, dass die Grenze zwischen Ektoderm und Entoderm von vornherein
scharf und klar nachweisbar ist. Man könnte ja vermuthen, dass dann, wenn die Gewebe noch
einen embryonalen Charakter aufweisen, es schwer zu entscheiden sei, ob nicht doch eine ento-
dermale Einwanderung stattfinde, welche zur Folge hätte, dass die in die ersten Enkelknospen
eingewanderten Elemente auf die späteren Knospenkreise übertragen würden. Ich selbst glaubte
im Beginn meiner Untersuchungen, dass auf diesem Wege ein Verständniss für die eigenartige
Margelidenknospung gewonnen werden könne und dass sie sich lediglich als eine Modifikation des
gewöhnlichen Modus herausstellen möchte. Obwohl ich schon für Rathhea diese Vorstellung fallen
lassen musste, so habe ich doch noch speziell mein Augenmerk auf die erste Anlage der Enkelknospen
bei einer ändern Margelidenspecies gerichtet. Ich kann nur versichern , dass auch bei
Lizzia die Präparate klar und scharf die rein ektodermale Anlage der Enkelknospen zeigen. An
jenen Stellen, wo nach dem Knospungsgesetz die Sprösslinge entstehen, wird das Ektoderm des
Manubriums der Tochterknospe zunächst zwei- und dann mehrschichtig, ohne dass eine zwischen
beide Blätter einwandernde Entodermzelle nachweisbar wäre. Glatt zieht der Ektodermwulst
über das Entoderm weg; nie wölbt sich das letztere auch nur sanft empor, um schon auf den
frühesten Stadien seine Betheiligung an dem Aufbau des Entoderms der Sprösslinge anzudeuten.
Wiederum sind es die tiefer liegenden und an die Stützlamelle angrenzenden Ektodermzellen,
welche, cylindrisch sich streckend' und zu einem geschlossenen Säckchen sich anordnend,
das Entoderm der Knospe hersteilen. Die weitere Umbildung der Knospe vermittelst eines
Glockenkernes zu einer jungen Meduse, deren Gastrovaskularraum schliesslich in Verbindung mit
jenem des Mutterthieres tr itt, verläuft so völlig übereinstimmend mit der Entwicklung der
.RaiMea-Knospen, dass ich mich in dieser Hinsicht durchaus auf die oben gegebene Schilderung
beziehen kann. Bei Lizzia konnte ich mich überzeugen, dass der Spaltraum in dem der Knospe
unterliegenden mütterlichen Entoderm, welcher durch Auseinanderweichen der Zellen entsteht,
von vornherein kreuzförmig gestaltet ist und genau dem kreuzförmigen Querschnitt des Magens
der Knospe correspondirt.
Beziehungen zwischen Gonaden und Knospen.
Was schliesslich d a s V e r h ä l tn i s s zw is ch en S e x u a lp ro d u k te n und Knospen
anbelangt, so ist dasselbe ein rein äusserliches, insofern diejenigen Partieen des Manubriums, wo
ursprünglich die Knospenkreise standen, späterhin zu Gonaden umgewandelt werden. Irgendwelche
tiefere Beziehungen zwischen Urkeimzellen und den ersten Knospenanlagen sind nicht
vorhanden: niemals ist eine Zelle nachweisbar, welche, etwa einer jugendlichen Eizelle gleichend,
durch wiederholte Theilungen die Knospe hervorgehen liesse. Bei jenen Exemplaren, wo gleichzeitig
Geschlechtsprodukte und Knospen ausgebildet werden, entwickeln sich die Gonaden ebenso
selbständig, als ob Knospen nicht vorhanden wären, und nehmen andererseits die Knospen unbehelligt
von den Keimzellen ihre weitere Ausbildung. Im Einzelnen bieten die topographischen
Beziehungen zwischen Knospen und Gonaden bei den neun untersuchten Exemplaren manch’ interessante
Abwechslung dar. Was zunächst die fünf proliferirenden Männchen anbelangt, so zeigte
eines derselben eine dicke ringförmige Gonade oberhalb zweier Knospenkreise (vergleiche Holzschnitt
3). Sie endet scharf abgesetzt über den Sprösslingen und nimmt genau jenen Raum ein,
wo sonst der erste Knospenkreis sitzt. Bei einem anderen Exemplare liegen die Verhältnisse
ähnlich: der Hoden bedeckt fast das ganze Manubrium und endet scharf abgesetzt vor dem einzigen
distalen Knospenkreis. Die Gonadenbildung ergreift von vornherein nicht nur die radialen,
sondern auch die interradialen Flächen des Magens und schliesslich die zwischen den Knospen
gelegenen Partieen. So finde ich auf Querschnitten durch ein drittes Exemplar die Knospen von
breiten und dicken Geschlechtsfeldern überwallt. Endlich kommt es vor, dass nicht nur die
proximalen, sondern auch die distalen Flächen zwischen zwei Knospenkreisen in Gonaden umgewandelt
werden. Ich habe dies Verhalten an zwei Exemplaren beobachtet, bei denen die Hoden
noch auf einem jüngeren Stadium verharrten.
Bib lio th e ca zoologica. H e ft 19. (j