Larven, bei letzteren noch regelmässiger, und auf die ganzen Taster und Fühler spärlich verteilt.
Ferner fand ich sie bei Neuropterenlarven und Schmetterlingsraupen an verschiedenen Stellen.
Aus der Art ihrer Verbreitung lässt sich, wie mir scheint, über ihre Bedeutung nichts er-
schliessen. Es ist mir nicht einmal ausgemacht, dass es sich um Sinnesorgane handelt; selbst der
Nachweis zuführender Nerven würde daran nichts ändern, da auch etwaige drüsige Apparate mit Nerven
versorgt sein könnten.
Für den Fall, dass die Gruben Sinnesorgane sein sollten, glaube ich doch nicht, dass man
sie dem chemischen Sinne zuzählen dürfte, denn ihr Vorkommen ist nicht an die Orte chemischer
Reizbarkeit geknüpft.
Ich glaube, nach den vorliegenden Daten ist es nicht möglich, über die wirkliche Funktion
dieser Organe auch nur eine Hypothese aufzustellen.
Sehr auffallend und ebenfalls hierherzuzählen sind gewisse Gebilde, die sich an den Tastern vieler
Käfer finden, und unzweifelhafte Uebergänge zu den eben beschriebenen „Gruben“ aufweisen. Es
sind dies kugelige Ausstülpungen des Tasterinhalts, der Weichteile, in die dicke Chitinwand hinein
(Fig. 9 c). Diese Gebilde wären mit jenen Gruben identisch, wenn von aussen eine Einstülpung der
inneren entgegenkäme; statt dessen endigt die letztere blind in der Wand. In anderen Fällen besteht
zwar eine Verbindung zwischen der inneren Einstülpung mit der Aussenfläche durch einen feinen Gang
im Chitin, welcher nun wieder so weit werden kann, dass man den Übergang zu den eigentlichen
Gruben erhält. Die Formen, welche einen ganz engen Gang aufweisen, und welche beispielsweise an
den Grundgliedern der Taster von Acilins Vorkommen, erinnern viel eher an Drüsen, als an Sinnesorgane.
In Fig. 18 habe ich durch Sternchen alle diejenigen Stellen der Mundteile der Dytiscus-Larve
bezeichnet, an welchen ich die rätselhaften Gruben fand.
Versuche mit der Dytiscus-Larve.
Dieäe Tiere sind in hohem Grade von ihrem Gesichtssinne abhängig. Daneben scheinen
Bewegungen des Wassers durch etwaige Beute zu deren Auffindung verwertet zu werden. Der
Geschmack ist beim Aufsuchen der Nahrung völlig wertlos, er spielt seine Rolle erst, wenn die Beute
schon ergriffen ist. Die Larve beisst, wenn sie einigermassen hungrig ist, in jeden vorgehaltenen
Gegenstand, dessen Bewegung sie durch Gesicht und Gefühl wahmimmt, ganz gleichviel, ob es ein
Glasstab, ein Stück Filtrierpapiej-, Fleisch, oder eine andere Larve derselben Art ist. Zeigt der angebissene
Gegenstand eine entschieden andere Konsistenz als ihre gewöhnliche Nahrung tierischen
Ursprungs (z. B. Metall, Glas, Holz), so begnügt sie sich mit einmaligem Schnappen und lässt dann
ab. Dagegen packt die Larve weiche Gegenstände, wie Filtrierpapierbälle mit ihren Zangen und
lässt sie erst nach einigen Sekunden wieder los. Fleisch lässt sie unter normalen Umständen nicht
wieder los, wenn sie gesättigt ist.
Während des Saugens wird der Dorn am ersten Gliede des Kiefertasters (Fig. 18 g, Fig. 21)
von beiden Seiten in das Fleisch gedrückt , lebende Beute wird hiedurch fixiert. Die Spitzen der
Fühler mit ihrem Dorne werden, wenn das Fleischstück gross genug ist, ebenfalls an dasselbe angedrückt.
In diesem Eindrücken eines mit Sinnesorganen versehenen Teiles in die Nahrung glaube ich
eine Analogie mit der Verwendung des inneren Kiefertasters beim Wasserkäfer (s. o. pg. 83) sehen zu
dürfen. Hier wie dort dienen die betreffenden Organe wohl zugleich dem Geschmackssinn und dem
Tasten. Tastende Bewegungen der Fühler und Taster wie beim Käfer habe ich nie bemerkt.
Wurden Fühler od e r Taster entfernt, so wird immer noch wie gewöhnlich Fleisch angebissen,
ebenso noch nach Verlust der Fühler und Kiefertaster. In letzterem Falle wird aber auffallend
schnell das Fleischstück verlassen, etwa wie wenn das unverletzte Tier in geschmackloses Filtrierpapier
gebissen hat. Dies würde für Schmeckvermögen der abgeschnittenen Teile sprechen. Die für
genaue Prüfung des Geschmackssinnes so wertvolle Reaktion der Raubinsekten auf Fleischsaft kannte
ich zur Zeit, als ich diese Versuche anstellte, noch nicht, und konnte seitdem leider frisches Material
an Larven nicht erhalten.
Zwei auf die angegebene Weise operierte Larven, welche-also von den Kopfanhängen nur
noch die kleinen Lippentaster besassen, zeigten übereinstimmend einige merkwürdige Reaktionen.
Wenn ich, während die Larven in flachem Wasser sich befanden (von diesem ganz überdeckt), auf
ihren Kopf vorsichtig einen Tropfen starker Zuckerlösung fliessen liess, reagierten beide Tiere jedesmal
durch eine kurzdauernde schlängelnde Bewegung des ganzen Körpers. Man könnte daran denken,
dass diese Bewegung mit dem Einsaugen der süssen Flüssigkeit verknüpft sei, doch habe ich beim
Aussaugen der Beute ähnliches nie gesehen. Es gelang zuweilen bis zwölfmal regelmässig hintereinander
dieselbe Reaktion zu erzielen, so dass an Zufälligkeit nicht zu denken ist.
Nun liess ich in der gleichen Weise eine Lösung des „leichtlöslichen Saccharins“ zufliessen,
die ich so verdünnt hatte, dass sie für meinen Geschmack an Intensität der Süssigkeit jener Zuckerlösung
etwa gleich war. Einen Tropfen dieser Lösung liess ich auf einen Tropfen Zuckerlösung folgen;
er wirkte wie dieser, aber schon der zweite Tropfen bewirkte heftige Bewegungen des ganzen Tieres,
welches zu entfliehen suchte. Bei vielfachen Wiederholungen der Versuche ergab sich stets dasselbe
.Resultat.
Wenn eine unverletzte Dytiscuslarve nicht allzusehr ausgehungert ist, lässt sie sich durch
Saccharinlösung, welche über das angebissene Fleischstück hinfliesst, mit Sicherheit von diesem vertreiben.
Die Existenz äusserer Schmeckorgane ist damit erwiesen, denn die Kieferzangon selbst sind
so tief im Fleische vergraben, dass die Saccharinlösung nicht so rasch in die Mundhöhle durch die
Kiefer hindurch gelangen kann.
Zuckerlösung hat diese Wirkung nie, Glycerin zuweilen, aber in weniger deutlicher Weise.
Selbst Chininbisulfat und verdünnte Essigsäure wirken nicht so heftig wie Saccharin; Glycerin veran-
lasste zuweilen jene schlängelnden Bewegungen (wie der Zucker), nach 3—4. Tropfen bewegte sich
das Tier aber jedesmal langsam weg.
Die Einwirkung der abstossenden Stoffe erfolgt übrigens, wie ich öfters bemerken konnte,
nicht im Moment der Berührung des Reizstoffes mit den Tastern, sondern merklich später. Dies
könnte vielleicht auf ein im Inneren der Mundhöhle liegendes Schmeckorgan hindeuten. Auch dass
nach Resektion von Fühlern und Tastern Geschmacksreaktion, wenn auch abgeschwächt, erhalten
bleibt (s. o.) Hesse sich für diese Ansicht verwenden. Ich konnte jedoch bis jetzt kein solches inneres
Schmeckorgan finden, und auch G a z a g n a ire hat dasselbe vergeblich gesucht. Ein ä u s se re s
Schmeckorgan in F ü h le rn und T a s te rn s c h e in t mir s ic h e r v o rh an d en zu se in ,
und zwar dürfte dieses wohl in den zarten Kegeln der Tasterspitzen und denjenigen des Dorns an
der Fühlerspitze und am Kiefertaster seinen Sitz haben. Eigentliches Tasten mit den Tasterspitzen
beobachtete ich nicht, und dieser Umstand, verbunden mit ihrem zarten Bau spricht entschieden für
Schmeckthätigkeit. Von den ruderförmigen Haaren ist sicher keine chemische Sinnesthätigkeit zu
erwarten.