1. Wie viele Kreise von je vier Knospen werden überhaupt angelegt?
2. Gilt für jeden Kreis das Gesetz, dass die opponirten Knospen sich in Alter und Ausbildung
am nächsten stehen?
3. In welchem Verhältniss stehen die jüngeren Knospenkreise zu den älteren?
4. Werden (ähnlich wie bei den Sarsiaden) Reserveknospen ausgebildet?
5. Wie verhalten sich die Enkelknospen zu den Tochterknospen?
Auf alle Fragen vermag ich einen positiven und für jeden Einzelfall zutreffenden Entscheid
zu geben.
ad 1. Was zunächst die Frage nach der Zahl der aus je vier Knospen bestehenden
Cyklen anbelangt, so hat schon S a r s , wie oben hervorgehoben wurde, darauf aufmerksam gemacht,
dass unterhalb des zuerst gebildeten Kreises ein zweiter von „zwei bis vier kleinen“
Knospen angelegt wird. Ich finde diesen constant aus vier Knospen sich zusammensetzenden
Kreis bei allen Exemplaren der Rathkea deutlich ausgebildet und will gleich betonen, dass er
schon bei den älteren, noch festsitzenden Tochtermedusen zur Ausbildung gelangt (Fig. 13). Um
durch eine leicht verständliche Bezeichnung die gesetzmässige Anordnung der Knospen klar zu
legen, so mögen die successive aufeinander folgenden Knospen mit fortlaufenden Nummern versehen
werden. Demgemäss seien diejenigen des ersten (proximalen) Kreises mit 1 bis 4, diejenigen des
zweiten Kreises mit 5 bis 8 numerirt (vergleiche die Figuren 1—4 auf Taf. II.).
A u s s e r diesem zw e ite n Krio sp en k re i'se fin d e ic h sc h o n bei säm m tlic h e n
E x em p la re n von m i t t l e r e r G rö s s e e in en d r i t t e n (9 b is 12), und e n d lic h b e i den
g rö s s te n I n d iv id u e n au ch e in en v i e r t e n K r e is von je v ie r K n o sp en a n g e le g t
(Fig. 4). Die Knospen des vierten Kreises sind allerdings in ihrer Ausbildung noch weit zurück;
deutlich vorgewölbt trifft man meist nur die beiden ältesten (13 und 14),,. während die beiden
jüngeren nur durch eine leise Verdickung des Ektoderms angedeutet sind. Einen fünften Knospenkreis
konnte ich bei keinem Exemplar wahrnehmen, obgleich ich nicht bestreiten will, dass
unter besonders günstigen Verhältnissen auch ein solcher zur Ausbildung gelangen möchte.
Immerhin erscheint es mir fraglich, ob bei der relativ geringen Grösse der proliferirenden Meduse
mehr als vier resp. fünf Knospenkreise angelegt werden, da die Knospen des untersten
(distalen) Kreises bereits in der Höhe der Mundgriffelbasis angelangt sind und das Territorium
für Entwicklung weiterer Knospen beengt erscheint. Da nun auch das Manubrium als vierseitige
Pyramide sich gegen die Mundöffnung kegelförmig zuspitzt (Fig. 5), so ergibt sich ohne Weiteres,
dass die Knospen der älteren (proximalen) Kreise in einem weiteren Cyclus angeordnet sind, als
die nahe an einander gedrängten Knospen der jüngeren (distalen) Kreise.
Durch die successive Anlage der Knospenkreise erklärt es sich auch weiterhin, dass die
Knospen der jüngeren Cyklen kleiner sind als diejenigen der älteren,, und dass sie einem entsprechend
früheren Entwicklungsstadium angehören.
Wir können also die zuerst aufgeworfene Frage nach der Zahl der Knospenkreise dahin
beantworten, d a s s b e i R a th \p a octopunctata a llm ä h lic h v ie r K n o s p e n k re is e ange-.
l e g t w e rd e n , w e lch e , au s je v ie r Kno sp en b e s te h e n d , in d i s t a l e r R ic h tu n g an
G rö s s e u n d A u s b ild u n g s g r a d d e r K n o sp en abnehmen.
Ich brauche wohl kaum darauf hinzuweisen, dass in der successiven Grössenabnahme der
Margelidenknospen gegen die Mundöffnung (in distaler Richtung) sich eine sinnfällige Ueberein-
stimmung mit dem Verhalten der Tochterknospen bei den Sarsiaden ergibt.
a,d 2. Was nun das Grössen- und Stellungsverhältniss der Knospen anbelangt, so gilt
für jeden einzelnen Kreis folgendes Gesetz: D ie K n o sp en s in d an G rö sse u n d e n t s p r e chendem
A u s b ild u n g s g r a d v e r s c h ie d e n u n d d e r a r t a n g e o rd n e t, d a s s d ie an
A l t e r sic h z u n ä c h s t kommenden o p p o n ir t ste h e n .
Diese gesetzmässige und kreuzweise erfolgende Opposition der im Alter sich zunächst
stehenden Knospen hat M. S a r s für den ersten Knospenkreis richtig erkannt. Ich ergänze seine
Darstellung durch eine Beobachtung, welche ich an sämmtlichen mir vorliegenden Exemplaren
bestätigt fand. Betrachtet man nämlich die knospende Meduse vom aboralen Pol und stellt man
die älteste Knospe dorsal (nach oben), so liegt stets die drittälteste Knospe links, die jüngste
dagegen rechts von der ältesten (Fig. 11). Selbstverständlich kehrt sich das Verhältniss um,
wenn man ; die Meduse resp. das Manubrium von der Mundöffnung aus betrachtet (Fig. 3). Ob
das zuletzt erwähnte Stellungsgesetz ohne Ausnahme für sämmtliche Bruten der Rathkea gilt,
vermag ich nicht zu beurtheilen. Wir wissen ja, dass gelegentlich Inversionen zur Ausbildung
gelangen, und ich weise — um einen Fall aus dem Typus der Cölenteraten anzugeben -—; darauf
•hin, dass die Gruppenanhänge der Physalien bald linksseitig, bald rechtsseitig entwickelt werden.
Jedenfalls sehe ich mich veranlasst, darauf hinzuweisen, dass die Abbildung, welche S a r s von
einer knospenden Rathkea mittheilt (1846, Taf. 4, Fig. 8) mit dem von mir hervorgehobenen
Verhalten insofern nicht übereinstimmt, als die drittälteste Knospe bei der Ansicht vom aboralen
Pol rechtsseitig gelagert ist. Ob hier ein leicht entschuldbarer Beobachtungsfehler vorliegt oder
ob thatsächlich derartige Abweichungen vom gewöhnlichen Verhalten Vorkommen, muss ich unentschieden
lassen.
Die vier Knospen eines Cyclus finde ich bei den frühesten Stadien in einer Horizontalebene
angeordnet. In den älteren Cyclen lässt sich hingegen gelegentlich eine leichte Verschiebung beobachten,
insofern die beiden jüngeren Knospen ein wenig tiefer (mehr distalwärts) gelagert sind.
Auf den ersten Blick ergibt sich somit in dem genannten Stellungsgesetz der Knospen
eine auffällige Abweichung vom Verhalten bei den Sarsiaden. Prüft man indessen die Stellung
der ersten Knospen an dem Manubrium von Tochterknospen der Dipurena, so lässt sich immerhin
eine Uebereinstimmung nachweisen. Wie ich nämlich schon oben (p. 7) hervorhob, sind die
beiden zuerst angelegten Enkelknospen ziemlich genau opponirt (Taf. I, Fig. 3), während allerdings
die dritt- und viertälteste Knospe niemals in gleicher Höhe mit der ersten und zweiten
zur Entwicklung gelangen. Die Opposition der Knospen erscheint somit für die Sarsiaden als
das primäre Verhalten, aus dem sekundär durch ungewöhnliche Längsstreckung des Manubriums
die seriale Anordnung zu einer langgezogenen Spirale resultirt.
ad 3. Nachdem wir nachgewiesen haben, dass mehrere Knospenkreise angelegt werden
und dass für jeden einzelnen Kreis das eben erwähnte Stellungsgesetz gilt, so haben wir nun die
Frage zu entscheiden, in welcher Beziehung die Knospen eines Kreises zu jenen des anliegenden
älteren (proximalen) resp. jüngeren (distalen) stehen. Es liegt auf der Hand, dass erst aus der
Beantwortung dieser Frage sich ein Knospungsgesetz ergibt, welches die Gesammtheit der Tochtermedusen
umfasst. Für alle knospenden Exemplare der Rathkea gilt nun ohne Ausnahme das
Gesetz, da ss d ie ä l t e s t e n Kno sp en e in e s K re is e s g e n a u u n t e r den ä l t e s te n Kn o sp
e n des v o ra u s g e h e n d e n K r e is e s ste h e n . Daraus ergibt sich ohne Weiteres, dass auch
die zweit-, dritt- und viertältesten Knospen eines jeden Kreises genau unter resp. über den entsprechenden
Knospen der vorausgehenden und nachfolgenden Kreise angeordnet sind. Da nun