zwei untere gewechselt werden; der Zahnwechsel ist postfoetal und vollzieht sich vor dem ersten
Winterschlaf. Im folgenden Jahre veröffentlichte T auber (I) eine Abhandlung, in welcher er
(pag. 244—248) nachzuweisen sucht, dass sämmtliche Ante-Molaren gewechselt werden und dass
dieser Zahnwechsel in zwei Perioden, eine intra- und eine extra-uterine, zerfällt. Von den intrauterinen
Milchzähnen, welche vor oder unmittelbar nach der Geburt verschwinden, erfahren wir,
dass sie, die im Oberkiefer dem dritten Schneide-, dem Eckzahn und den vordersten Prämolaren
im Unterkiefer dem zweiten Schneide-, dem Eckzahn und dem vordersten Prämolaren vorhergehen,
aber klein sind, keine geschlossenen Wurzeln entwickeln und mit Ausnahme des obern Eckzahns
und vordem Prämolars nur „gehemmte Dentinanlagen“ sind; Abbildungen dieser Zahnanlagen
werden ausser vom obern Prämolaren (Taf. XI Eig. 3d) nicht gegeben. Vollständiger
werden die übrigen, die extra-uterinen Milchzähne beschrieben und abgebildet; diese sowie den
obern Milcheckzahn hatte Sahlertz bereits beobachtet. W inge (I pag. 23) wiederholt nur die
Angaben T auber’s, während D obson (pag. 38) und H uxley (pag. 655) mit R ousseau übereinstimmen.
Auch bei B aume (pag. 216) findet man die Behauptung^- ob er sich auf eigene oder anderer
Untersuchungen stützt, wird nicht erwähnt —•, dass „der Igel ein aus 24 Zähnen bestehendes
Michgebiss besitzt, welches functionirt, bis das Thier ausgewachsen ist“. S chlosser (I pag. 87)
macht nach Beobachtungen an Erinaceus auritus und aethiopicus dieselben Angaben, hat aber auf
meine Anfrage mir gütigst mitgeteilt, dass er bei nochmaliger Untersuchung nur den oberen
Id 1, sowie den oberen und unteren Pd 4 nachweisen konnte. Schliesslich habe ich noch S chwink
zu erwähnen, den einzigen, welcher bisher die Zahnanlagen des Igels auf Schnitten untersucht
hat. Er hat aber nur e in Stadium beobachtet; seine Arbeit giebt weder Aufschluss über die
Anzahl der Milchzähne noch über die Beziehungen der letzteren zu den Ersatzzähnen.
Obgleich über das Milchgebiss des Erinaceus eine grössere Anzahl Beobachtungen vorliegt
als über dasjenige der anderen Insectivoren, so widersprechen doch die Angaben bis hinab auf die
aller neuesten sich, wie wir gesehen haben, in dem Maasse, dass man aus ihnen nicht einmal
betreffs einer scheinbar so leicht zu beantwortenden Frage, wie die nach der Anzahl der Milch-
zähne ist, sichern Aufschluss erhält. Die Fragen, welche ich an diesem Objecte zu lösen hatte,
waren somit nicht nur allgemeiner und principieller Natur, sondern galten auch den der vorliegenden
Thierform eigenthümlichen Verhältnissen.
Um den Leser in den Stand zu setzen, unbehelligt von jeder Doctrin, sich an einem besonders
geeigneten Objecte eine möglichst exacte und sachliche Vorstellung von den Vorgängen
bei der Entwicklung sämmtlicher Zähne, wie dieselbe aus dem Studium vollständiger Schnittserien
sich ergiebt, machen zu können, werden im Folgenden die verschiedenen Stadien zuerst im Unter-
dann im Oberkiefer vom jüngsten zum ältesten einzeln beschrieben, also in derselben Weise, wie
sie empirisch zur Untersuchung gelangt sind. Nur bei Erinaceus werden die allgemeinen Entwicklungsphasen
der Zähne beschrieben, bei den übrigen Thieren aber nur dann erwähnt, wenn
sie Abweichendes darbieten. Die Deutung der kritischen Vorgänge wird erst da gegeben, wo
die vorgeführten Thatsachen solche von selbst veranlassen, wobei dann auch die in früheren
Publicationen enthaltenen Ergebnisse sowohl allgemeiner als mehr specieller Natur Berücksichtigung
finden. Um das Verständniss zu erleichtern, wird auch auf den zeitigem Stadien die
Zahnanlage mit der definitiven Bezeichnung belegt, obwohl deren Berechtigung natürlich erst
aus dem Studium der spätem Stadien erhellt.
Für das normale, p e r s is tie r e n d e ’) Gebiss des Igels wähle ich folgende Formel:
I I , 12, 13, 0, P2, P3, P4, M 1—3 -
12, .13, C, , P3, P4, M 1 - 3 , 2).
wobei mit I die Schneide-, mit C die Eckzähne, mit P die Prämolaren und mit M die Molaren, die
entsprechenden „Milchzähne“ aber als Id , Cd und Pd bezeichnet werden. Die morphologische
Richtigkeit dieser Formel ergiebt sich theils aus der. folgenden ontogbnetischen, theils - nämlich
was die Homologisirung der Prämolaren betrifft — erst aus . der phylogenetischen Untersuchung.
Vollständige und lückenlose Schnittserien habe ich von. folgenden verschiedenen Entwicklungsstufen
untersucht:
A: Embryo, Scheitel-Steisslänge................................................. 10 Mill
- ■ ' A i - - ..................... . ....................................
................................................................................................ U „
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n I I I . . . . . . I ■ . . ... as I
E: ” ‘i ■■; *■..........................48 »
F : Neugebornes Junge, Länge von der Schnäuzensprtze zum Anus .55 ,,
G- :ETunges Thier; Längt: do, , ........................................................74
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Von allen Stadien (ausser einem Oberkiefer;) wurden Frontal,; von einigen zur G'ontrolle
auch SagittalS oder Horizontalschnitte angefertigt.
Unterkiefer.
Stadium A und A \
Bei dem jüngsten der aufgeführten Embryonen (A) geht die Schmelzleiste als eine fast
gleichmässig breite und tiefe, ununterbrochene Leiste durch die ganze Kieferlänge. Bei Al ist
insofern eine Differenzierung eingetreten, als die Schmelzleiste3) im vordem Kiefertheile schwächer
ist, dann eine Verdickung und Vertiefung (knospenförmiger Schmelzkeim, siehe Note pag. 14) aufweist,
um dann wieder gleichförmig und ununterbrochen sich fortzusetzen.
Stadium B und B l.
Bei diesen beiden Individuen, welche fast völlig übereinstimmen, so. dass sie zusammen behandelt
werden können, stellt die Schmelzleiste im vordem Kiefertheile eine seichte, verhältnissmässig
breite Einwucherung der tiefem Lagen des Ektoderms in das unterliegende Mesoderm dar (Fig. 1).
*) Unter p e r s i s t i er en dem Gebiss verstehe ich dasjenige, welches normaler Weise während der Lebenszeit des
Thieres keine weiteren Veränderungen in seiner Zusammensetzung erleidet.
2) Bezüglich der in dieser Formel von meinen früheren Mittheilungen (III pag. 508) abweichenden Angaben
vergleiche unten den Abschnitt: Zusammenfassung und Folgerungen.
) In Betreff der von-mir gebrauchten Terminologie verweise ich auf das oben (pag. 6—9) Mitgetheilte.